Seife [2]

Seife [2]

Seife, in der Druckerei und Färberei. Unter Seife versteht man bekanntlich ein Gemisch von Alkalisalzen einiger höherer Homologe der Fettsäurereihe, namentlich der Stearin-, Palmitin-, Oelsäure und andrer nahe verwandter Säuren. Die Natriumsalze dieser Säuren sind fest und hart, die Kaliumsalze weich und schmierig.

Als für textilindustrielle Zwecke besonders geeignet sind, von den guten zu geringeren fortschreitend, folgende zu nennen:

1. Die Marseillerseife, weiß oder schwach gelblich bezw. grünlich gefärbt, von halbharter Konsistenz und angenehmem Geruch, wird unter Anwendung kochsalzhaltiger Natronlauge von neigender Konzentration aus der dritten Qualität Oliven- oder Baumöl des in Südeuropa heimischen Oelbaums gewonnen und besteht neben geringen Mengen von palmitinsauerm Natron wesentlich aus oleinsauerm Natron. Sie besitzt neutrale Reaktion und dient hauptsächlich zum Entschälen der Seide und in der Seidenfärberei.

2. Die Olein- oder Elainseife wird aus dem fast reine Oelsäure darstellenden technischen Olein durch genaues Neutralisieren mit Soda bereitet und läßt sich ihres billigen Preises wegen mit vielem Vorteil verwenden.

3. Die Sesam- und Erdnußölseifen werden aus entsprechenden Pflanzenfetten gewonnen. Letztere enthalten neben Arachinsäure hauptsächlich Hypogäsäure.

4. Die Kokosnußölseife setzt sich neben wenig myristinsauerm und normal kaprinsauerm Natron aus laurinsauerm Natron zusammen.

5. Die Rizinusölseife, durch Verseifen des Rizinusöls erhaltbar, dient wohl ausschließlich in der Türkischrotfärberei zum Schönen des Rot.

6. Die Seifen aus Talg und Schweinefett.

Die reinigende Wirkung der Seife ist teils chemischer, teils mechanischer Natur. Erstere Wirkung findet beim Entschälen der Seide flau, indem die Seife wie ein schwaches Alkali das saure Sericin auflöst; ihre Fettsäure verhindert aber, daß ein Angreifen der Faser eintritt. In andern Textilgewerben, namentlich in der Walkerei und Wäscherei der Wolle, wo bei der Behandlung mit Seife auch mechanische Faktoren, Walk- und Waschzylinder, Quetschwalzen u.s.w., zur Anwendung gelangen, ist die Wirkung teils eine chemische, teils eine mechanische. In Berührung mit Wasser zerfallen die Seifen in Fettsäuren und Alkalien. Letztere sind im Gegensatz zu ersteren wasserlöslich und vermögen sich ähnlich den ätzenden und kohlensauern Alkalien mit Schmutz und besonders mit fettigen Stoffen zu verbinden und diese zu lösen. Die durch die Alkalien gelösten Körper werden von den ausgeschiedenen Fettsäuren umhüllt und so verhindert, sich von neuem auf die zu reinigenden Stoffe niederzuschlagen. Ferner besitzt die Seifenemulsion die Fähigkeit, unlösliche Körper aufzunehmen und festzuhalten. Auf dieser Eigenschaft beruht die Wollwäsche, die Befreiung der Wolle von Cholesterin und ähnlichen, in Wasser und Lauge unlöslichen Verbindungen. Endlich beruht das Reinigungsvermögen der Seife auf der besonderen Fähigkeit ihrer wässerigen Lösung, fettige Stoffe zu benetzen. Das Seifenwasser dringt daher leichter und vollständiger als reines Wasser in die Gespinste und Gewebe und verdrängt sowohl die in ihrem Innern und auf der Oberfläche befindlichen Fettstoffe wie auch die verdichtete Luftschicht.


Literatur: Knecht, Rawson und Löwenthal, Handb. der Färberei, Berlin 1900/01.

R. Möhlau.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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