Streckenförderung

Streckenförderung

Streckenförderung, vermittelt im Bergbau auf angenähert wagerechter Bahn die Beförderung der Mineralien von den Abbauen bis zum Schachte (vgl. auch Bremsbergförderung und Haspelförderung, Bd. 2, S. 257; Förderung, Bd. 4, S. 140; Grubenförderung, Bd. 4, S. 640 und Schachtförderung, Bd. 7, S. 582).

Nur bei kleinen Verhältnissen wird jetzt noch der Schubkarren oder der ungarische Hund (Fig. 1 und 2) angewendet. Der letztere besteht aus einem nach unten verbreiterten Kasten K, einem starken Längsholze F, Frosch genannt, und zwei ungleich großen Räderpaaren ohne Spurkranz. Der Handgriff h dient zum bequemen Niederdrücken des rückwärtigen Teiles und zum[367] Lenken des Hundes. Die Förderbahn besteht aus starken Brettern (Pforten), welche auf Schwellen (Stege) genagelt sind. Bei der Förderung fährt der ungarische Hund nur auf dem größeren Räderpaare, die Massenverteilung ist derart getroffen, daß der Schwerpunkt über der hinteren Achse liegt. Für stark gekrümmte Baue ist der ungarische Hund ein passendes Aushilfsmittel, doch ist die Leistung des Fördermannes (auch Hundestößer genannt) niedrig, da der Rauminhalt des Hundekastens nur etwa 0,15 cbm beträgt. – Aeußerst selten, z.B. früher beim Oberharzer Bergbau auf der schiffbaren Wasserstrecke, der Fortsetzung des Ernst-August-Stollns fand Kahnförderung [1] statt. – Die eigenartigen Fördergefäße beim alpinen Salzbergbau Kästen auf einem Paar Räder und mit Deichsel versehen, heißen Truhen, die Förderleute Truhenlaufer [2]. – Ueberall dort, wo große Leistungen erzielt werden müssen, wird der deutsche Hund oder Wagen auf Rädern mit Spurkranz und eine aus stählernen Kopfschienen kleineren Profiles (Grubenschienen, etwa 65 mm hoch und 7 kg auf den laufenden Meter schwer) hergestellte Förderbahn von 450–50 mm Spurweite benutzt. Muß eine Strecke zur Ableitung größerer Wassermengen dienen, so werden die Stege in die Streckenstöße eingebühnt (vgl. Bd. 3, S. 577, Fig. 1), es wird Tragewerk hergestellt. Dort, wo sich die Bahn teilt, werden einfache Weichen oder Platten mit Einweisern verwendet (vgl. Bd. 7, S. 584, Fig. 10). Die üblichsten Formen des deutschen Hundes sind durch die Fig. 36 veranschaulicht. Für kleine Spurweite und gekrümmte Förderwege eignet sich die Form der Fig. 3 und 4: die kleinen Räder stehen unter dem Wagenkasten K, das Gestell G dient dazu, um die Radachsen zu beseitigen und verstärkt den ganzen Bau. Fig. 5 ist wesentlich labiler jedoch nur für große Spurweiten und gerade Strecken anwendbar, der Wagenkasten steht zwischen den etwas größeren Rädern, und zwar unmittelbar auf den Achsen. Fig. 6 zeigt eine Verbindung der Formen 4 und 5, die besonders beim westfälischen Kohlenbergbau üblich ist, die weniger einfache Kastenform kann nur aus Eisen- oder Stahlblech hergestellt werden. Den Inhalt des Hundekastens bemißt man gewöhnlich so, daß er etwa 500 kg faßt, daraus ergibt sich für den Erzbergbau ein Fassungsraum von 0,4–0,5 cbm, für den Steinkohlenbergbau ein solcher von 0,7 cbm. Beim nordböhmischen Braunkohlenbergbau kommen Hunde mit einem Fassungsvermögen bis zu 1 cbm vor Gewöhnlich sind die Hunde an einer der Stirnseiten mit einer Tür versehen (Fig. 4), auch wenn die Entladung über Tage mittels Seitenwipper erfolgt. – Besondere Aufmerksamkeit wird in neuerer Zeit der Schmierung der Radsätze gewidmet, die auf eine feste Achse einfach aufgesteckten Räder sind längst verlassen. Man wendet vielmehr Einrichtungen an, welche in einer Schmierkammer größere Mengen des Schmiermittels, für mehrere Wochen ausreichend, aufnehmen und allmählich an die reibenden Flächen abgeben. Zum Teil werden neuerdings hierbei Rollenlager verwendet. Fig. 7 gibt die Schmierbüchse nach Evrard wieder. Durch die mittels Schraube verschließbare Oeffnung p wird dickflüssige Schmiere in den die Achse a umgebenden Raum gepumpt, sie tritt von hier allmählich zu den reibenden Flachen bei b und c. – Die Schmierung nach Schulz (Essener »Glückauf« 1894, S. 262) hat sich ebenfalls gut bewährt. Das Rad ist lose auf der Achse, die Schmierkammer wird durch einen Deckel gebildet, der die Radnabe konzentrisch umgibt und auf das Rad geschraubt wird. Ein exzentrischer Ring hängt in der Schmierkammer lose auf der Nabe und führt der Schmieröffnung beständig kleine Mengen Schmiermittel zu. Die Löhne für die Schmierung und der Verbrauch an Schmiermittel sind bei beiden Einrichtungen sehr niedrig. Den Grubenbahnen gibt man jetzt gewöhnlich etwa 0,6% Fall nach dem Schachte zu. Es erfordert dann die Förderung des vollen Hundes zum Schachte und die des leeren Hundes in entgegengesetzter Richtung etwa die gleiche Arbeit. Für größere Leistung werden die Förderstrecken zweigleisig (zweitrümig) angelegt. – Ein Mann schiebt (flößt) auf vorzüglicher Bahn höchstens zwei Hunde, die dann miteinander gekuppelt werden, große Fördermengen erfordern daher eine entsprechende Anzahl Förderleute. Wegen der Wohlfeilheit wendet man in diesem Falle entweder Pferde (Ponys) und Lokomotiven oder Kette bezw. Seil als Zugmittel bei feststehender Maschine zur Förderung an. Für Pferde- und Lokomotivförderung werden Züge von 10–15 Hunden, gebildet. Von Grubenlokomotiven stehen heute namentlich drei Systeme in Anwendung, nämlich elektrische Lokomotiven mit ständiger Stromzuführung (vgl. auch Elektrizität im Bergbau, Bd. 3, S. 403), die in allen wesentlichen elektrischen Teilen wie unsre Straßenbahnwagen eingerichtet lind, Lokomotiven mit Behältern für hochgepreßte Luft und Benzinlokomotiven [3]. – Während die genannten beiden Betriebsmittel auch auf Strecken mit vielen Krümmungen recht wohl anwendbar sind, ist die Förderung mittels Kette bezw. Seil am geeignetsten für gerade Strecken. Von den bekannten Ausführungen [3] (offenes und geschlossenes Seil, Ober- und Unterteil, Förderung[368] einzelner Hunde und zugweise Förderung) hat sich immer mehr Seil oder Kette ohne Ende und die Förderung einzelner Hunde in solchem Abstand eingebürgert, daß das Zugmittel nicht auf der Streckensohle schleift. Das Anschlagen der Hunde an die Kette geschieht immer mittels Kettengabel, das Anschlagen an das Seil entweder mit Seilgabeln allein (englische Seilgabel) oder unter gleichzeitiger Anwendung von Seilknoten. Die Betriebsmaschine für Seil- und Kettenbahnen steht meistens in der Grube unmittelbar am Schachte und wird durch Dampf oder Elektrizität betrieben, oder man stellt die Betriebsmaschine über Tage auf und führt durch ein besonderes Schachttrum (Seilschacht) das Seil oder die Kette in die Grube.


Literatur: [1] Das Berg- und Hüttenwesen des Oberharzes, Stuttgart 1895, S. 141; Scheunen, Die Neuanlagen der Kgl. Berginspektion zu Claustal, »Glückauf«, berg- und hüttenmännische Zeitschr. 1907, S. 657. – [2] Aigner, August, Der Salzbergbau in den österreichischen Alpen; Berg- und hüttenmännisches Jahrbuch der k. k. Bergakademien, Wien 1892, S. 337. – [3] Bansen, Hans, Die Streckenförderung, Berlin 1908.

Treptow.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 7.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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