- Warenzeichenrecht [1]
Warenzeichenrecht. Der Zeichenschutz wurde durch das Gesetz, betreffend den Markenschutz, vom 30. November 1874 geregelt. Dieses Gesetz wurde durch das Gesetz zum Schutz der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 ersetzt, das nunmehr allein für die Bestimmungen auf dem Gebiet des Warenzeichenschutzes maßgeblich ist; es ist am 1. Oktober 1894 in Kraft getreten.
Zur Führung eines Warenzeichens ist jeder berechtigt, der sich in seinem Geschäftsbetriebe eines Warenzeichens bedienen will. Daraus folgt zunächst, daß über die Person des Zeicheninhabers irgend eine Beschränkung durch das Gesetz nicht gegeben ist. Vielmehr kann jede einzige rechtsfähige Person ebensogut wie eine nach den Gesetzen anerkannte Gesellschaft ein[837] Warenzeichen zur Eintragung bringen. Haupterfordernisse des Zeichenschutzes sind das Bestehen eines Geschäftsbetriebes, für den das Zeichen benutzt werden soll, und die Unterscheidungskraft des Zeichens behufs Kennzeichnung von Waren. Das Zeichen muß derart beschaffen sein, daß es tatsächlich eine Unterscheidung der Waren des einen Geschäftsbetriebes von den Waren eines andern Geschäftsbetriebes ermöglicht. Vom Schütze ausgeschlossen sind wegen mangelnder Unterscheidungskraft, zur Aufrechterhaltung der Verkehrsfreiheit sowie aus Gründen der öffentlichen Ordnung und der guten Verkehrssitten: 1. Freizeichen, d.h. solche Warenbezeichnungen, die wohl an sich eintragungsfähig sind, aber im freien und allgemeinen Gebrauch für bestimmte Waren stehen; 2. Zeichen, die ausschließlich in Zahlen oder Buchstaben bestehen; 3. Zeichen, die ausschließlich in solchen Worten bestehen, die Angaben über Ort, Zeit und Art der Herstellung, über die Bestimmung, über die Beschaffenheit, über Preis, Längen- und Gewichtsverhältnisse der Ware enthalten; 4. Zeichen, die in- und ausländische Staatswappen oder Wappen eines inländischen Gemeinde- oder weiteren Kommunalverbandes enthalten; 5. Zeichen; die Aergernisse erregende Darstellungen oder solche Angaben enthalten, die ersichtlich den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechen und die Gefahr einer Täuschung begründen. Grundsätzlich ist ferner Schutz solcher Warenzeichen versagbar, durch deren Eintragung Rechte andrer verletzt werden, und zwar Warenzeichenrechte sowie andre Rechte, wie Namensrechte, Ausstattungsrechte, Urheberrechte, Bildnisrechte u.s.w. Den Warenzeichenschutz verwaltet das Patentamt, bei dem die Anmeldung von Warenzeichen zu erfolgen hat. Für die Form der Anmeldung hat das Patentamt ausführliche Bestimmungen vom 22. November 1898 erlassen. Die Anmeldung muß das einzutragende Zeichen wiedergeben, sie muß ferner eine Angabe darüber enthalten, für wen, für welche Waren und für welchen Geschäftsbetrieb das angemeldete Zeichen eingetragen werden soll. Die Beziehungen zwischen den Waren, für die das Zeichen bestimmt ist, und dem angegebenen Geschäftsbetrieb werden neuerdings untersucht. Das Patentamt prüft das angemeldete Zeichen, und zwar zunächst darauf, ob etwa eine der Ausschlußbestimmungen zutrifft. Ist dies nicht der Fall, so wird das Zeichen weiter daraufhin geprüft, ob es mit einem andern, für dieselben oder für gleichartige Waren früher angemeldeten oder bereits eingetragenen Zeichen übereinstimmt. Erachtet das Patentamt diesen Tatbestand als gegeben, so erhält der Inhaber des älteren Zeichens eine Mitteilung von der Anmeldung, wodurch er in den Stand gesetzt ist, innerhalb eines Monats vom Tage der Zustellung ab gegen die Eintragung des angemeldeten Zeichens Widerspruch zu erheben. Ein ohne diese Aufforderung eingelegter Widerspruch findet Seitens des Patentamts regelmäßig keine Berücksichtigung. Erfolgt der Widerspruch nicht, so wird das Zeichen eingetragen; andernfalls entscheidet das Patentamt durch Beschluß, ob die Zeichen übereinstimmen, Gleichheit bezw. Gleichartigkeit der Waren vorliegt. Die Entscheidung der Warenzeichenabteilung ist durch kostenpflichtige Beschwerde anfechtbar. Ueberhaupt werden die Anmeldungen von Warenzeichen, Anträge auf Uebertragungen, Widersprüche gegen die Löschung in dem für Patentangelegenheiten maßgebenden Verfahren erledigt. Bei endgültiger Abweisung der Anmeldung zahlt das Patentamt von den entrichteten Gebühren 20 ℳ. zurück. Der Schutz tritt erst mit erfolgter Eintragung ein; seine Dauer beginnt aber am Tage der Anmeldung. Die Dauer des Schutzes ist auf 10 Jahre festgelegt, doch ist eine Verlängerung um weitere 10 Jahre jedesmal vor Ablauf der jeweiligen Schutzfrist unter Zahlung der Erneuerungsgebühr von 10 ℳ. gegeben. Das durch die Anmeldung oder Eintragung eines Warenzeichens begründete Recht ist vererblich und übertragbar, jedoch ist ein Wechsel in der Person des Berechtigten, da der Zeichenschutz an dem Geschäftsbetriebe haftet, für den er eingetragen ist, nur dann rechtsgültig, wenn mit dem Zeichen der Geschäftsbetrieb übergeht. Der Uebergang wird auf Antrag des Rechtsnachfolgers in der Zeichenrolle vermerkt, sofern die Einwilligung des Berechtigten in beweisender Form, z.B. durch notariell oder gerichtlich beglaubigte Unterschrift, beigebracht wird. Solange der Vermerk in der Rolle nicht erfolgt ist, wirkt die Vereinbarung über den Uebergang nur unter den Parteien. Der Erwerber kann gegenüber Dritten und vor dem Patentamt keine Rechte geltend machen. Die Wirkung des Schutzes ist nach dem Gesetz darin zu finden, daß dem eingetragenen Warenzeicheninhaber ausschließlich das Recht zusteht, Waren der angemeldeten Art oder deren Verpackung oder Umhüllung mit dem Warenzeichen zu versehen, die so bezeichneten Waren in Verkehr zu bringen sowie auf Ankündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefen, Empfehlungen, Rechnungen oder dergl. das Zeichen anzubringen. Eine wissentliche oder grob fahrlässige Verletzung des Zeichenrechts verpflichtet zur Entschädigung des Verletzten. Die wissentlich begangene Verletzungshandlung ist strafrechtlich verfolgbar, wobei auf eine Buße bis zu 10000 ℳ. erkannt werden kann.
Das durch die Eintragung begründete Recht findet eine Begrenzung dahin, daß niemand gehindert ist, seinen Namen, seine Firma oder Angaben über Herstellung, Beschaffenheit und Bestimmung, über Preis, Mengen- und Gewichtsverhältnisse, auch in abgekürzter Form, auf den Waren oder ihren Verpackungen anzubringen oder im Geschäftsverkehr zu gebrauchen.
Das Erlöschen eines Warenzeichens tritt außer durch seinen Ablauf mangels Erneuerung auch bei Verzicht des Inhabers ein. Die Löschung kann aber auch gegen den Willen des Eingetragenen erfolgen, und zwar im patentamtlichen Löschungsverfahren und durch die ordentlichen Gerichte, ersteres, wenn die Eintragung des Zeichens hätte versagt werden müssen, wenn also einer der bereits besprochenen grundsätzlichen Ausschlußgründe zur Zeit der Anmeldung vorlag. Im Wege der Klage bei den Gerichten kann ein Dritter die Löschung eines Warenzeichens betreiben, wenn das Zeichen für ihn auf Grund einer früheren Anmeldung bereits eingetragen war, also in dem Falle der Kollision zweier eingetragener Zeichen, ferner dann, wenn der Geschäftsbetrieb, zu welchem das Warenzeichen gehört, von dem eingetragenen Inhaber nicht mehr fortgesetzt wird, und schließlich, wenn Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, daß der Inhalt des Warenzeichens den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht und die Gefahr einer Täuschung begründet. Der Schutz des Gesetzes beschränkt sich nicht auf die[838] eigentlichen Warenzeichen, sondern er erstreckt sich auf die Warenbezeichnungen allgemein, so auf Namen und Firma des Gewerbetreibenden und ferner solche Warenbezeichnungen, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als die Kennzeichen der Waren eines bestimmten Gewerbetreibenden gelten, auf die sogenannte Ausstattung. Wer im Inlande eine Niederlassung nicht besitzt, hat auf den Schutz des Gesetzes nur Anspruch, wenn der Staat seiner Niederlassung deutsche Warenbezeichnungen in gleichem Umfange wie inländische Warenbezeichnungen zum gesetzlichen Schutz zuläßt. Der Anspruch auf Schutz und das Zeichenrecht sind nur durch einen im Inlande bestellten Vertreter geltend zu machen. Von den die internationalen Warenbezeichnungen regelnden Staatsverträgen ist der wichtigste die durch die Brüsseler Zusatzakten vom 14. Dezember 1900 abgeänderte Pariser Uebereinkunft vom 20. März 1883, kurz der Unionsvertrag genannt, dem nunmehr angehören: Belgien, Brasilien, Cuba, Curaçao, Dänemark, Dominikanische Republik, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Neuseeland, Niederlande, Niederländisch-Indien, Norwegen, Oesterreich, Portugal, Queensland, Schweden, Schweiz, Serbien, Spanien, Surinam, Tunis, Ungarn, Vereinigte Staaten von Nordamerika. Der Unionsvertrag enthält neben der Gewährung einer Prioritätsfrist von 4 Monaten die wichtige Bestimmung, daß jede in dem Ursprungslande vorschriftsmäßig hinterlegte Fabrik- oder Handelsmarke so wie sie ist, in allen andern Verbandsstaaten zur Hinterlegung zugelassen und geschützt werden soll. Diese Bestimmung bezieht sich jedoch nur auf die Form der Marke. Die Prüfung unter den Sonderbestimmungen des betreffenden Landes bezüglich der sonstigen Bedingungen der Eintragung wird hierdurch in keiner Weise beeinträchtigt. In fast allen Kulturstaaten bestehen Warenzeichengesetze.
Literatur: Allfeld, Kommentar zum Gesetz, betreffend den Schutz der Warenbezeichnungen, München 1894; Schmid, Gesetz zum Schutz der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894; Kent, Das Reichsgesetz zum Schutz der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894; Geitel, Die Praxis des Gesetzes zum Schutz der Warenbezeichnungen, Berlin 1900; Seligsohn, Gesetz zum Schutz der Warenbezeichnungen, nebst Ausführungsbestimmungen, Berlin 1905; Finger, Das Reichsgesetz zum Schutz der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894, nebst den Ausführungsbestimmungen und dem Internationalen Warenbezeichnungsrecht, Berlin 1906; Rhenius, Gesetz zum Schutz der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894; Freund, Magnus, Kommentar zum Gesetz, betreffend den Schutz der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894.
Hans Heimann.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.