Benzoesäure

Benzoesäure

Benzoesäure C7H6O2 oder C6H5COOH ist in der Natur sehr verbreitet und findet sich sowohl im Pflanzen- wie im Tierkörper, so in verschiedenen Harzen, Balsamen und ätherischen Oelen, vornehmlich aber in dem Benzoeharz (s. Benzoe), ferner in vielen Wiesengräsern, den Preißelbeeren u.s.w., im Harn der Grasfresser als Hippursäure und schließlich im Steinkohlenteer [1].

Die Benzoesäure kristallisiert in weißen, glänzenden Blättchen oder langen, biegsamen Nadeln, schmilzt bei 120° und destilliert bei 250°, beginnt aber schon weit unter ihrem Siedepunkte zu sublimieren; auch mit Wasserdämpfen ist sie ziemlich leicht flüchtig. Sie löst sich in 600 Teilen kaltem, sehr leicht in heißem Wasser und fast allen gebräuchlichen organischen Lösungsmitteln. Ihre Dämpfe reizen zum Hüften. Beim Erhitzen mit Kalk zerfällt die Benzoesäure in Kohlensäure und Benzol, durch Reduktion geht sie je nach den Bedingungen in Benzaldehyd oder Benzylalkohol über. Sie ist eine starke, einbasische Säure und bildet in Wasser und Alkohol meist lösliche Salze. Von diesen ist das in prachtvollen Nadeln kristallisierende Kalksalz zu erwähnen als Ausgangsmaterial zur Darstellung von Benzaldehyd, Acetophenon und Benzophenon. Das Eisensalz, ein fleischfarbener, vuluminöser Niederschlag, ist wichtig für die Erkennung der Benzoesäure. Ihre Ester werden durch Einleiten von Salzsäure in die Lösung der Säure in dem betreffenden Alkohol oder durch Schütteln der Alkohole mit Benzoylchlorid und Natronlauge erhalten. Diese letztere Reaktion – Substanzen mit alkoholischen Hydroxylgruppen zu benzoylieren – hat sich in der organischen Chemie nach den verschiedensten Richtungen hin als fruchtbar erwiesen [3]. Die Ester selbst sind stark aromatisch riechende Flüssigkeiten, von denen namentlich der Aethylester Anwendung zur Bereitung künstlicher Fruchtäther, so des Erdbeeräthers, findet. Unter den weiteren Abkömmlingen der Benzoesäure muß man zwei Gruppen unterscheiden, je nachdem jene sich durch Veränderung der Carboxyltruppe oder des Benzolkernes ableiten. Die ersteren sind die allgemeinen Säurederivate, wie Säurechlorid-, -anhydrid-, -amid, die letzteren die substituierten Benzoesäuren. Das Benzoylchlorid C6H5COCl entsteht durch Destillation von Benzoesäure mit Phosphorpentachlorid und durch Einwirkung von Chlor auf Benzaldehyd; ein stechend riechendes, bei 199° siedendes Oel. Das analoge Benzoylbromid siedet bei 217–220°.

Benzoesäureanhydrid


Benzoesäure

(s. Anhydride), durch Erhitzen von benzoesaurem Natrium mit Phosphoroxychlorid oder aus Benzoylchlorid mit Bleinitrat gewonnen, kristallisiert in bei 42° schmelzenden Prismen, siedet bei 360° und setzt sich, wie das Chlorid, mit kochendem Wasser wieder zu Benzoesäure um. Das Benzamid schmilzt bei 130° und kristallisiert in glänzenden Blättchen; das Anilid, ebenfalls glänzende Blättchen, schmilzt bei 158–160°. Durch Einwirkung der Halogene auf Benzoesäure entstehen die entsprechenden[689] substituierten Benzoesäuren, starke Salpetersäure oder ein Gemenge von Salpeterläure und Schwefelsäure wandelt die Benzoesäure in Nitrosäuren um. Durch Reduktion derselben gelangt man zu den entsprechenden Amidosäuren. Von den Oxybenzoesäuren ist die Salizylsäure die wichtigste. – Rauchende Schwefelsäure liefert Sulfobenzoesäure. Bei den durch direkte Substitution entstehenden Säuren nimmt der Substituent, Chlor, Brom, Nitro-, Sulfogruppe, vorzugsweise die Metastellung ein; daneben entstehen auch in erheblicheren Mengen Ortho-, dagegen nur untergeordnete Paraderivate (s.a. Salizylsäure, Gerbsäure, Phthalsäure und Hippursäure).

Zur Gewinnung der Benzoeiäure wird Benzoeharz aus einem flachen Eisengefäß, das mit Filtrierpapier überspannt und mit einem Papierkonus bedeckt ist, bei etwa 170° sublimiert. Das Sublimat, das außer Benzoesäure noch eine Reihe aromatischer Verbindungen enthält [4], die ihm einen angenehmen Geruch verleihen, findet ausschließlich Anwendung in der Medizin. Nach Scheele gewinnt man die Säure aus dem Harz dadurch, daß man es, gröblich zerstoßen, mit Kalkmilch kocht, zur filtrierten Lösung etwas Chlorkalk – zur Zerstörung der Farbstoffe – setzt und die Benzoesäure mit Salzsäure fällt. Auch die Hippursäure wird zur Darstellung der Benzoesäure verwandt; billiger geht man von gefaultem Kuh- oder Pferdeharn aus. Durch die Fäulnis ist die im Harn enthaltene Hippursäure bereits in Glykokoll und Benzoesäure gespalten worden. Man klärt daher den Harn mit Kalkmilch, dampft auf ein Viertel ein und fällt die Benzoesäure mit Salzsäure. Da dieselbe (acidum benzoicum ex. urina) stets etwas nach Harn riecht, soll sie für pharmazeutische Zwecke nicht verwendet werden [5]. Für die technische Verwendung wird die Benzoesäure aus Toluol dargestellt, entweder direkt durch Oxydation mit verdünnter Salpetersäure oder indem man nach Lunge und Petri [6] Benzylchlorid mit Salpetersäure und Wasser so lange am Rückflußkühler kocht, bis der Geruch nach diesem und Bittermandelöl verschwunden ist und die Flüssigkeit beim Erkalten zu einer kristallinischen Masse ohne Oeltropfen erstarrt. – Auch aus Benzotrichlorid läßt sich Benzoesäure gewinnen, und es sind mehrere Verfahren dafür angegeben worden. Nach P. und E. Depoully [7] kann man Benzoesäure durch Erhitzen von phthalsaurem Kalk mit Aetzkalk auf 330–350° bei Lustabschluß darstellen. Da Benzaldehyd jetzt im großen dargestellt wird, so kann man auch leicht daraus die Säure erhalten. Die noch erübrigenden, theoretisch wichtigen Darstellungsmethoden sind bereits unter Aromatische Sáure en erörtert worden. – Die Benzoesäure aus dem Harz findet, wie bereits erwähnt, Verwendung zu medizinischen Zwecken; sie hat antiseptische Eigenschaften, jedoch weniger stark als Salizylsäure. Neuerdings bildet sie oder ihr Natriumsalz als noch nicht verbotenes Konservierungsmittel zusammen mit Salpeter einen Hauptbestandteil der im Fleischereigewerbe benutzten Konservierungsmittel. Die aus dem Toluol oder Benzaldehyd gewonnene Säure dient zum größten Teil zur Darstellung von Farbstoffen, namentlich des Anilinblau. – Angaben über die Produkte der trockenen Destillation des Benzoeharzes finden sich schon im 16. Jahrhundert, z.B. bei Libavius, Turquet de Mayerne u.a. Die Gewinnung der Säure aus dem Harz durch Kochen mit Kalkmilch rührt von Scheele her (1775). Ihre richtige Zusammensetzung ward von Liebig und Wöhler [3] ermittelt (1832). Liebig wies auch nach, daß die von Rouelle, Scheele, Fourcroy und Vauquelin aus dem Harn isolierte Säure nicht Benzoesäure, sondern eine neue stickstoffhaltige Säure sei, die er Hippursäure nannte [9] (s.a. Aromatische Säuren und Aromatische Verbindungen).


Literatur: Schultz, G., Die Chemie des Steinkohlenteers, 3. Aufl., 1. Bd., Braunschweig 1900–01. – [1] Schulze, H.E., Berichte der deutschen ehem. Gesellschaft, 18. Bd., S. 615. – [2] Kolbe und Lautemann,. Annalen der Chemie, 115. Bd., S. 187; Kekulé, ebend., 117. Bd., S. 159; Gries, ebend., 117. Bd, S. 34; Reichenbach und Beilstein, ebend., 132. Bd., S. 309; Kolbe Journal für prakt. Chemie, neue Folge, 12. Bd., S. 151. – [3] Baumann, Berichte der deutschen ehem. Gesellschaft, Bd. 19. S. 3218. – [4] Jacobsen, ebend., Bd. 17, Referat S. 354. – [5] Hofmann, Berichte über die Entwicklung der ehem. Industrie, Bd. 2, S. 431. – [6] Berichte der deutschen ehem. Gesellschaft, Bd. 10, S. 1275. – [7] Jahresbericht der Chemie, 1865, S. 328. – [8] Annalen der Chemie, Bd. 3, S. 249. – [9] Poggendorffs Ann.d. Physik und Chemie, Bd. 17, S. 389.

Bujard.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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