- Dichtigkeit [1]
Dichtigkeit, Dichte. Die Ausdrücke »Dichtigkeit« oder »Dichte« und »spezifisches Gewicht« werden in der Literatur verschieden angewendet. Hier sollen folgende Definitionen gelten [4], S. 9, 104, [14], S. 58, 131. Das spezifische Volumen v eines Körpers ist das Volumen der Gewichtseinheit, das spezifische Gewicht γ = 1/v ist das Gewicht der Volumeneinheit und die spezifische Masse μ = γ/g die Masse der Volumeneinheit. Bezeichnen G das Gesamtgewicht und V das Gesamtvolumen eines Körpers, so hat man allgemein:
Die Dichtigkeit eines Körpers K in Hinsicht eines andern Körpers K0 ist das Verhältnis der betreffenden spezifischen Gewichte:
bei gleichem Volumen also auch das Verhältnis der Gesamtgewichte G : G0.
Die Verschiedenheit der vorkommenden Bezeichnungen ergibt sich aus folgendem. Es sei γ das Gewicht der Volumeneinheit eines Körpers, μ = γ/g die Masse der Volumeneinheit, δ = γ/γ0 = μ/μ0 das Verhältnis jenes Gewichts γ oder dieser Masse µ zu dem Gewicht γ0 bezw. der Masse µ0 der Volumeneinheit eines bestimmten Körpers, z.B. reinen Wassers von 4° C. (im luftleeren Raum, s. Gewicht), dann wird γ in den Lehrbüchern meist von vornherein spezifisches Gewicht genannt (Grashof, Lang, Mousson, Pfaundler, Riecke, Weißbach, Weyrauch, Winkelmann, Wüllner, Zeuner u.s.w.), mitunter jedoch auch absolutes spezifisches Gewicht (Violle); δ führen manche als Dichtigkeit ein (Grashof, Weißbach, Weyrauch u.s.w.), andre als spezifisches Gewicht (Lommel, Recknagel u.s.w.), einzelne auch als relatives spezifisches Gewicht (Violle) oder als relatives Gewicht (Zeuner); µ wird häufig als Dichtigkeit oder Dichte bezeichnet (Kirchhoff, Lang, Mousson, Riecke, Thomson und Tait, Warburg, Winkelmann u.s.w.), manchmal auch absolute Dichtigkeit (Börner, Violle u.s.w.) oder als spezifische Masse (Grashof, Weyrauch). Chwolson bezeichnet µ zur Unterscheidung von der Dichte δ speziell als Massendichte. Fast alle Autoren im Gebiete der Physik führen durch die Wahl γ0 = 1 in δ = γ/γ0 Uebereinstimmung der Zahlenwerte von y und δ herbei und bezeichnen diese Größe dann bald als spezifisches Gewicht, bald als Dichtigkeit oder Dichte. Bei Wüllner sind die Begriffe spezifisches Gewicht und Dichtigkeit überhaupt nicht verschieden, obschon er, wie üblich, nur für feste und flüssige Körper γ = 1 wählt, [11], Bd. 1, S. 132, Bd. 2, S. 179, 794. Bei Winkelmann sind zunächst y spezifisches Gewicht, µ = γ/g Dichte genannt, deren Verhältnis an einem bestimmten Orte g ist. »Man pflegt nun meist von diesem Proportionalitätsfaktor abzusehen und die Begriffe spezifisches Gewicht und Dichte zu identifizieren.« Für feste und flüssige Körper wird denn auch hiernach verfahren, für Gase und Dämpfe jedoch wieder eine Unterscheidung von spezifischem Gewicht und Dichte (Gasdichte, Dampfdichte) eingeführt, je nachdem γ0 auf Luft von 0° C. Temperatur und 760 mm Quecksilbersäule Druck oder auf Luft von gleicher Temperatur und gleichem Druck wie die betreffende Gas- oder Dampfart bezogen wird, [8], S. 136, 147. Bei Violle heißt γ das spezifische Gewicht, speziell aber das absolute spezifische Gewicht, µ die absolute Dichte, δ das relative spezifische Gewicht y/y0 gleich der relativen Dichte µ/µ0 »Für diese relativen Werte, die man praktisch gewöhnlich allein berücksichtigt, wendet man dann einfach die Bezeichnungen spezifisches Gewicht oder Dichte an« [9], S. 549, Angesichts dieser Verschiedenheiten muß eine Wahl getroffen werden. Da nun das Beiwort »spezifisch« in andern Fällen den Wert der in Frage kommenden Größe in bezug auf irgend eine Einheit andeutet (spezifisches Volumen, spezifische Wärme, spezifische Dampfmenge, spezifischer Zug, Druck u.s.w.), so halten wir die oben gewählten konsequent durchführbaren Bezeichnungen für angemessen.
Wird als Körper K0 reines Wasser von 1 Atmosphäre Druck 4° C. Temperatur gewählt (s. Dichtigkeitsmaximum), wie dies im folgenden für feste und flüssige Körper geschehen soll, so erhält man für die Dichtigkeit diejenigen Zahlen, die in vielen Werken als spezifische Gewichte angeführt sind. Dieselben stimmen nach 2. mit dem spezifischen Gewichte γ als Gewicht der Volumeneinheit nur dann überein, wenn γ0 = 1 ist, also beispielsweise wenn als Volumeneinheit und[741] Gewichtseinheit das Kubikdezimeter und Kilogramm oder das Kubikzentimeter und Gramm gewählt werden (auch im absoluten Maßsystem, s.d.). Sollen dagegen, wie in der Technik gebräuchlicher, Kubikmeter und Kilogramm als Einheiten gelten, so sind wegen γ0 = 1000 kg die spezifischen Gewichte γ = 1000 δ.
Die Dichtigkeiten δ sind nach 2. unabhängig vom Orte, da die spezifischen Massen µ, µ0 nicht von der Akzeleration g abhängen und die spezifischen Gewichte γ, γ0 sich immer mit g in gleichem Verhältnisse ändern. Dagegen sind die erwähnten Dichtigkeiten in bezug auf Wasser etwas von der Temperatur abhängig, weil das Volumen V und damit nach 1. das spezifische Gewicht y sich mit der Erwärmung ändert (s. Ausdehnung, Ausdehnungskoeffizient), während γ0 = 1000 kg sich auf die Temperatur von 4° C. bezieht, γ ist für diese Dichtigkeiten, genau genommen, auf den luftleeren Raum zu beziehen, dem auch γ0 und die Bezeichnungen unsrer Gewichtsstücke entsprechen, weil sonst der mit dem Barometer- und Thermometerstand wechselnde Auftrieb der Luft kleine Aenderungen bedingen würde; doch werden für technische Zwecke genügend genaue γ, δ fester und flüssiger Körper im allgemeinen schon durch die gewöhnlichen Wägungen in der Luft erhalten. Ueber die verschiedenen Bestimmungsmethoden der Dichtigkeiten s.u.a. [8], S. 136; [9], Bd. 2, S. 550; [11], Bd. 1, S. 351, 355, und Bd. 2, S. 173, 179, 794.
Die Tabelle der Dichtigkeiten fester Körper S. 742 enthält in der ersten Kolumne Mittelwerte oder zuverlässig bestimmte Einzelwerte von δ, während die zweite Kolumne bekannten Verschiedenheiten Rechnung trägt, ohne die nur ausnahmsweise auftretenden Werte umfassen zu wollen. Die Zahlen beziehen sich meist auf Temperaturen zwischen 0 und 20° C; genauere Temperaturangaben wären der häufig fehlenden Feststellung wegen sehr lückenhaft ausgefallen. Entsprechend der so verbleibenden Unsicherheit und den möglichen Verschiedenheiten sind die Dichtigkeiten fester Körper nur auf zwei Dezimalen angegeben, während in der untenstehenden Tabelle für Flüssigkeiten im allgemeinen die Temperaturen beigesetzt und drei Dezimalen berücksichtigt wurden. Weitere Angaben findet man u.a. in den untengenannten Schriften. Wenn es sich um die Eigenschaften von Steinen oder andern Konstruktionsmaterialien eines bestimmten Landes handelt, zieht man oft zweckmäßig die Publikationen der betreffenden staatlichen Versuchsanstalt zu Rate.
[747] Gase und Dämpfe. Für Gase, die dem Boyle-Gay-Lussacschen Gesetze (s.d.) folgen, hat man bei gleichen Drücken p und gleichen Temperaturen t stets Rγ = R0γ0, unter R, R0 die dem Ausdrucke pv = RT = R (273 + t) jenes Gesetzes entsprechenden Konstanten der Körper K, K0 (s. S. 740) verstanden. Wird nun, wie üblich, die Dichtigkeit auf gleiche p, t der letzteren bezogen, so ist für alle p, t von gleichem Wert [14], S. 131:
und für zwei beliebige Gase K, K':
Beispielsweise erhalten wir mit den folgenden von Regnault durch Versuche erhaltenen Werten von γ:
Wird neben dem Boyle-Gay-Lussacschen Gesetze das Avogadrosche Gesetz als gültig angenommen (s. Gase), so folgt aus 3. [14], S. 213:
unter m, m0 die Molekulargewichte (s.d.) der Körper K, K0 verstanden, und aus 4. für zwei Gase K, K':
Meist wird als K0 und K' der Wasserstoff gewählt und hat man dann mit m0 = m' = 2 und R' = 422,591:
In Wirklichkeit weichen freilich auch die schwerst kondensierbaren Gase, zu denen die vorgehenden mit Ausnahme der Kohlensäure gehören, von dem Boyle-Gay-Lussacschen Gesetze ab, so daß obige δ zunächst nur für t = 0 gelten und im übrigen mit der dem Boyle-Gay-Lussacschen Gesetze entsprechenden Genauigkeit, die jedoch für atmosphärische Luft und die sonstigen schwerst kondensierbaren Gase in der Technik zu genügen pflegt. Für Dämpfe ist dies im allgemeinen nicht der Fall. Sobald jedoch γ = 1/v durch Versuche oder nach den unter Gasförmige Körper, Dampf, gesättigter. Dampf überhitzter, gegebenen Beziehungen bekannt ist (für gesättigten Wasserdampf s. Tabelle III unter Dampf, gesättigter), läßt sich durch Division mit γ0 = 1/v0 die Dichtigkeit in Hinsicht jedes beliebigen Körpers K0 erhalten.
So haben sich die Zahlen der letzten Kolumne vorstehender Zusammenstellung durch Division derjenigen der ersten mit γ0 = 1000 ergeben. Weiteres über Gas- und Dampfdichten s. [11], Bd. 2, S. 179, 794, Werte derselben [10], S. 11, 17, 115, hinsichtlich der näherungsweisen Uebereinstimmung der Dichten von Gasen und genügend überhitzten Dämpfen in bezug auf Wasserstoff von gleichen p, t mit dem halben Molekulargewicht s. [11], Bd. 2, S. 802, [13], S. 121, [14], S. 214.
Gemische. Besteht ein Körper aus verschiedenen Teilen, denen einzeln für den in Frage kommenden Zustand die spezifischen Gewichte γ1, γ2 ... und die Dichtigkeiten δ1, δ2 ... entsprechen, so hat man für das mittlere spezifische Gewicht γ und die mittlere Dichtigkeit δ desselben, neben 1., 2. mit G = G1 + G2 + ..., wenn das Volumen des Ganzen gleich der Summe der Einzelvolumen bleibt (V = V1 + V2 + ...):
worin die Summen Σ alle Bestandteile umfassen. Diese Gleichungen gelten auch für ein Gemisch verschiedener Gase von bestimmter Temperatur im gleichen Räume V unter Voraussetzung des Daltonschen Gesetzes (s.d.) und des Boyle-Gay-Lussacschen Gesetzes [14], S. 141. Es lassen sich danach z.B. die spezifischen Gewichte und Dichtigkeiten der Arbeitsflüssigkeit und Verbrennungsprodukte in Gasmaschinen berechnen [14], S. 142, 256. Näheres über Gasgemische[748] [13], S. 104, [14], S. 137, 255. Für Flüssigkeitsgemische und Metalllegierungen haben sich die Formeln 8. im allgemeinen nicht als zutreffend erwiesen, indem hier mit der Mischung Volumenänderungen eintreten können.
Literatur: [1] Eytelwein, Handbuch der Statik fester Körper mit vorzüglicher Rücksicht auf ihre Anwendung in der Architektur, Bd. 1, Berlin 1808, S. 81, 89 (ältere Ermittlungen). [2] Marbach, Physikalisches Lexikon, Bd. 2, Leipzig 1853, S. 479 (weitere Resultate). [3] Hrabak, Gemeinnütziges mathematisch-technisches Tabellenwerk, Leipzig 1873 (Metalle, Steine, Hölzer u.s.w., Gewichtstabellen). [4] Grashof, Theoretische Maschinenlehre, Bd. 1, Hydraulik nebst mechanischer Wärmetheorie und allgemeine Theorie der Heizung, Leipzig 1875, S. 9, 104, 109, 150, 374. [5] Bauschinger, Mitteilungen aus dem mechanischtechnischen Laboratorium der K. Technischen Hochschule in München, Heft 711, 16, 18, 19 (bayrische und andre natürliche und künstliche Steine, Hölzer, Zemente u.s.w.), 18771889. [6] Tetmajer, Mitteilungen der Anstalt zur Prüfung von Baumaterialien am Eidgen. Polytechnikum in Zürich, Heft 1, 1884 (Schweizer Bausteine), Heft 2, 1884 (Schweizer Bauhölzer). [7] Simon und Friederici, Materialienkunde, Lahr 1884, S.413 u.a. (gewerblich verwendete Stoffe). [8]Winkelmann, Handbuch der Physik, Bd. 1, Allgemeine und spezielle Mechanik, Akustik, Breslau 1891, S. 136. [9] Violle, Lehrbuch der Physik, Bd. 2, Mechanik der flüssigen und gasförmigen Körper, Berlin 1893, S. 549, 949. [10] Landolt und Börnstein, Physikalisch-chemische Tabellen, Berlin 1894 (neuere Ermittlungen betr. Elemente, Verbindungen, Gemische, Lösungen, Legierungen u.s.w.). [11] Wüllner, Lehrbuch der Experimentalphysik, Bd. 1, Allgemeine Physik und Akustik, Leipzig 1895, S. 131, 351, 355; Bd. 2, Die Lehre von der Wärme, Leipzig 1896, S. 173, 179, 794. [12] Auerbach, Kanon der Physik, die Begriffe, Prinzipien, Sätze, Formeln, Dimensionsformeln und Konstanten der Physik, Leipzig 1899, S. 54. [13] Zeuner, Technische Thermodynamik, Bd. 1, Leipzig 1900, S. 99, 107 u.s.w. (gasförmige Körper). [14] Weyrauch, Grundriß der Wärmetheorie, I, Stuttgart 1905, S. 58, 131, 214, 252 u.s.w.
Weyrauch.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.