- Eisengießerei [2]
Eisengießerei. Bedeutende Fortschritte sind nicht nur in der Eisengießerei, sondern in der Gießerei überhaupt zu verzeichnen.
Bei den in der Eisengießerei allgemein zum Schmelzen verwendeten Kupol- oder Kuppelöfen wird an Stelle des Holzes zum Anzünden des Füllkokses zerstäubtes Teeröl verwendet. Durch Einführung umschaltbarer Düsen (»Stahl und Eisen« 1908, S. 1455; 1911, S. 841; 1913, S. 1055), die, in zwei Gruppen angeordnet, wechselweise nach je etwa 20 Minuten zum Blasen benutzt werden, wird das Ansetzen der Schlacken an und vor den Düsen verhindert und eine gleichmäßigere Abnutzung des Schachtfutters erzielt. Der Vorherd wird kippbar angeordnet und mit Schlackenabscheider versehen (»Stahl und Eisen« 1910, S. 928; 1913, S. 1055). Zum Fangen der Funken dienen auf die Gicht gesetzte Kammern, in denen die Funken durch wiederholten Richtungswechsel der Gichtgase abgeschieden werden. Noch besser wirkt sein verteilter Wasserregen, durch den die Funken auch abgelöscht und die Gichtflammen gedämpft werden.
Tiegelöfen werden kippbar angeordnet, so daß die Tiegel bei dem Vergießen nicht herausgenommen zu werden brauchen, wodurch diese wesentlich geschont werden. Die Tiegel fassen bis 500 kg.
Die Teerölfeuerung findet mehr und mehr Eingang zum Schmelzen von Kupfer, Rotguß, Bronze, aber auch von Gußeisen und Stahl in kleinen Mengen, entweder in kleinen Birnen (Konvertern), oder in Schmelztrommeln, oder in Tiegeln. Die Vorteile dieser Feuerung bestehen in Erreichung hoher Wärmegrade, Erzielung einer reduzierenden oder oxydierenden Flamme durch Regelung der Luftzufuhr bei der Verbrennung, reinen Feuers und geringer Brennstoffkosten.
Die Aufbereitung des Formsand es erforderte früher viel Raum und viele Arbeiter, und die Former mußten sich vielfach den Sand noch selbst zurechtmachen. Heute trachtet man danach, mit möglichst wenig Sandsorten auszukommen und diese dem Former fertig zu liefern. Das wird erreicht durch selbsttätige Sandaufbereitungsanlagen, welche wenig Raum und Menschenkraft erfordern. In großen Gießereien erfolgt die Aufbereitung des Alt- und des Neusandes in besonderen Maschinengruppen, deren Einzelmaschinen durch Fördereinrichtungen, Becherwerke, Schnecken u.s.w. miteinander verbunden sind und den Sand in Vorratsbehälter (Silos) abliefern. Aus diesen erfolgt dann durch einstellbare Ausläufe die Mischung unter Zusatz von Kohlenmehl und das Anfeuchten in besonderen Maschinen. Der fertige Sand wird den Verbrauchsstellen durch Schüttelrinnen, Band- oder Kratzerförderer oder durch auf Gleisen oder Hängebahnen laufende Kippgefäße zugeführt. Eine Anlage für Altsand besteht z.B. aus Walzwerk zum Zerteilen der Sandknollen, elektromagnetischem Eisenausleser, Trommelsieb; für Neusand aus Trockenapparat, Kollergang und Sieb. In einem Vormischer in Gestalt einer langen Schnecke erfolgt Mischen von Alt- und Neusand und Kohlenmehl und Anfeuchten, und das Fertigmischen besorgt eine Schleudermühle. (Vgl. Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1908, S. 1738; 1909, S. 1217; 1912, S. 1147 und »Stahl und Elfen« 1908, S. 1146, 1174; 1910, S. 1910, 1930; 1912, S. 529, 695, 895, 2000.)
Der Kernsand erhält, namentlich bei Anfertigung verwickelter Kerne, Zusätze von Sirup, Melasse, zähflüssigen Oelen (ungekochtes Leinöl, chinesisches Tungnusöl, Fischtran), den Ablaugen der Sulfitstoffabriken. Damit hergestellte Kerne bedürfen nur schwacher Trocknung, sind sehr fest, so daß vielfach Eiseneinlagen entbehrt werden können, und zerfallen nach dem Vergießen, so daß der Sand schon bei leichten Erschütterungen selbst aus kleinen Oeffnungen ausläuft, wodurch die Beseitigung der Kerne sehr erleichtert ist. (»Stahl und Eisen« 1912, S. 146.)
Die Formmaschinen finden infolge der auch im Gießereibetrieb immer weiter um sich greifenden Spezialisierung immer ausgedehntere Verwendung. Formmaschinen für Betrieb durch Hand, Preßwasser und Preßluft, bei welchen die Verdichtung des Sandes durch Druck bewirkt wird, sind schon lange in Anwendung. Neu, eigenartig und vielversprechend ist die Rüttelformmaschine,[230] mit welcher das Verdichten des Sandes durch Rüttelung erfolgt und die heute bereits in sehr großen Abmessungen in Anwendung steht. Formtisch mit Modell und Formkasten sind fendernd gelagert, werden durch Preßluft etwas gehoben und fallen dann frei auf einen amboßartigen Teil oder es werden von unten her dagegen durch einen Preßlufthammer mehrere hundert Schläge in der Minute gegeben. Der Sand legt sich zunächst fest und dicht um das Modell herum und füllt dann die übrigen Räume des Formkastens. Nach »Stahl und Elfen« 1911, S. 1957, soll eine Rüttelformmaschine eine Ersparnis an Zeit von 50% und an Löhnen von 75% erreichen lassen.
Zum Einstampfen des Sandes dienen Preßluftstampfer, die von der Hand des Formers geführt werden, dessen Arbeitskraft schonen und die Arbeit beschleunigen lassen. Preßluft findet auch zum Ausblasen der Formen zwecks Reinigung Anwendung an Stelle des Blasebalges.
Bleibende oder Dauerformen. In der Eisengießerei wurden früher bleibende Formen nur zur Herstellung des Hartgusses verwendet. Amerikanische Gießereien sind neuerdings wohl zuerst dazu übergegangen, auch Grauguß in Formen aus Gußeisen herzustellen (Krümmer, Abzweigrohre, dünnwandige Ablaufmuffenrohre u.s.w.). Die beiden gußeisernen Formkastenhälften sind durch Scharniere verbunden; die Kerne bestehen ebenfalls aus Gußeisen und werden herausgezogen, wenn das Gußstück eben erstarrt und noch gelbglühend ist. Das Gußstück selbst wird hellrotglühend aus der Form genommen, die auf einer Temperatur von etwa 150° erhalten werden muß, und besitzt dann keine harte Gußhaut. (»Stahl und Eisen« 1908, S. 867, 1769, 1809, 1849; 1909, S. 1035, 1391.) Ebenso werden Dauerformen bei der Massenherstellung kleiner Teile für Zähler, Zahllasten, Rechen- und Schreibmaschinen, Stempelapparate, Gas- und Wassermesser, Schlösser u.s.w. aus leichtflüssigen Legierungen angewendet. Diese Gießmaschinen arbeiten völlig selbsttätig. Die leere Form schließt sich, das Metall wird durch eine Pumpe unter Druck eingeführt (Spritz- oder Matrizenguß), die Form öffnet sich zur Entnahme der Gußstücke, und nun wiederholt sich der Vorgang (Veeder-Guß nach C.H. Veeder in Hartford, Conn.). Die Gußstücke erhalten durch dies Verfahren große Schärfe und so genaue Abmessungen, daß sie austauschbar sind. Um recht dichte Güsse zu erzielen, hat man das Vergießen in Luftleere vorgenommen, wodurch die vom flüssigen Metall aufgenommenen Gase entweichen und der Guß blasenfrei wird. (Werkstattstechnik 1908, S. 88; Ztschr. f. prakt. Maschinenbau 1910, S. 772; »Stahl und Eisen« 1912, S. 1064, 1240.)
Trocknen der Formen und Kerne. Generator- und Hochofengase und Oelfeuerung finden ausgedehntere Anwendung.
Putzen der Gußstücke. Zur Beseitigung der Gußnähte und Reste von Eingüssen dienen Preßluftmeißel. Bei Gußstücken aus Stahl und Flußeisen werden die Eingüsse, die nicht wie bei Grauguß abgeschlagen werden können, mit Kalt-Kreis- oder Bandsägen beseitigt. Große Gußstücke befreit man vom Sand mittels der beweglichen, durch Dampf- oder Preßluft betriebenen Freisandstrahlgebläse. Großes Gewicht wird jetzt mit Rücksicht auf die Gesundheit der Arbeiter auf gute Lüftung der einzelnen Maschinenräume und Arbeitsstellen sowie der ganzen Putzerei gelegt.
Fördereinrichtungen in Eisengießereien. Außer den bereits unter Sandaufbereitung erwähnten sind noch die Krananlagen, die Hängebahnen für die Beförderung von Formkasten, Eisen in festem und flüssigem Zustand u.s.w. und die Wandertische anzuführen. Die Laufkrane werden jetzt vielfach übereinanderlaufend angeordnet, damit jeder zu jeder Zeit das ganze Kranfeld bestreichen kann. Hebemagnete kommen in besonderen Fällen zur Anwendung. Für die Beförderung flüssigen Eisens dienen auf Hängebahnen laufende Gießtrommeln, aus Kesselblech hergestellte, innen feuerfest ausgekleidete, zylindrische Gefäße, welche die Ueberführung viel gefahrloser als in offenen Pfannen geschehen und rasche Abkühlung des Eisens verhüten lassen. Wandertische nach dem Vorgange der Gießerei der Westinghouse Co. in Wilmerding bei Pittsburg (»Stahl und Eisen« 1898, S. 461) finden in Gießereien mit ununterbrochenem Betrieb Anwendung für die Beförderung der Formkasten zu den Formmaschinen und von diesen zu den Schmelzöfen und nach Entleerung zurück zu den Formmaschinen. Die Wandertische bestehen aus einer Anzahl kleiner, zu einer endlosen Kette vereinigter fahrbarer Tische, deren Laufschienen entweder im Kreise oder in zwei gleichlaufenden Strängen mit halbkreisförmigen Verbindungsstrecken angeordnet sind. ( »Stahl und Eisen« 1910, S. 575, 707. Siehe außerdem über Fördereinrichtungen »Stahl und Eisen« 1909, S. 1340; 1911, S. 518; 1912, S. 1597, 1823, 1981; 1913, S. 904.)
Literatur: [1] Geiger, Handbuch der Eisen- und Stahlgießerei, Bd. I, Grundlagen, Berlin 1911. [2] Osann, B., Lehrb. der Eisen- und Stahlgießerei, 2. Aufl., Leipzig 1913. [3] Stahl, E., Metallgießerei, Hilfsmittel, Arbeitsverfahren, Erzeugnisse und Kalkulationsregeln, Freiberg i. S. 1906. [4] Treiber, G., Gießereimaschinen, Sammlung Göschen Nr. 548, Leipzig 1911. [5] Wachenfeld, H., Die Metall- und Eisengießerei mit besond. Berücksicht, der Legierungen und Gattierungen s.d. Maschinenbau, Halle a. S. 1911. [6] West, T.D., und Schott, E.A., Amerikanische Gießereipraxis, Berlin 1910.
Lüdicke.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.