Flutmaschinen

Flutmaschinen

Flutmaschinen, alle maschinellen Vorrichtungen, die ihre Triebkraft der Gezeitenbewegung verdanken.

Weitaus die ältesten und bekanntesten dieser Vorrichtungen, über welche unlängst mehrere zusammenhängende Skizzen veröffentlicht worden sind [1], sind die Flutmühlen. Solche[134] sollen von den Holländern bereits 1636 bei Brooklyn nächst der damals niederländischen Kolonialhauptstadt New York angelegt worden sein; sie hatten Tore, die sich bei Eintritt der Ebbe automatisch schlossen, so daß also das von der Flut ins Reservoir getriebene Wasser nicht zurückströmen konnte. Die Behauptung, schon im 11. Jahrhundert habe es derartige Mühlen bei Venedig gegeben, ist schon um deswillen wenig glaubwürdig, weil zu solcher Leistung die Gezeiten des Adriatischen Meeres schwerlich je die notwendige Energie besessen haben dürften. Hier also wirkte der Ebbestrom regulierend ein; den Rat, direkt den Flutstrom auszunutzen, erteilte der bekannte Wasserbaumeister Belidor [2]. Ohne hiervon zu wissen, soll schon viel früher, im Jahre 1713, Perse eine Flutmühle in Dünkirchen erbaut haben. Auch Flüsse, die sich in das Meer ergießen, suchte man in solchem Sinne nutzbar zu machen. Zu einem andern Zweck, nämlich zu dem der Entwässerung, hat man ebenfalls die Gezeiten zu verwerten sich bestrebt [3]; Heß errichtete 1871 an der Küste von Dithmarschen eine Flutmühlenanlage mit einem oberen und unteren Becken, um das Wasser, welches sich in der Marsch hinter den Deichen angesammelt hatte, wieder zu entfernen. Die Turbinen stellte später (1889) Knobloch in den Dienst dieser Sache. Inwieweit das bald nachher (1890) von der kanadischen Regierung für die Vancouverinsel geplante Unternehmen, ein Elektrizitätswerk durch die Kraftquelle von Ebbe und Flut zu speisen, Erfolg gehabt hat, darüber fehlt es an näheren Angaben. Auch Tommasis Plan, durch das alternierende Spiel der Gezeiten Preßluft (für Bohrungen u. dergl.) in großem Maßstabe erzeugen zu lassen, scheint nicht die erwünschte Verwirklichung gefunden zu haben.


Literatur: [1] Alte und neue Flutmühlen, Prometheus 1899, S. 641 ff.; Kreuter, Flutmaschinen und Flutmühlen, Meyers Konversationslexikon, 5. Aufl., Bd. 21, S. 210 ff. – [2] Belidor, Architecture hydraulique, Paris 1737–51. – [3] Kovatsch, Die Versandung der Lagunen von Venedig und ihre Ursachen, Leipzig 1882.

Günther.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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  • Ebbe und Flut — (Gezeiten), das Steigen und Fallen der Wasserfläche, das von der Anziehung des Mondes und der Sonne herrührt. (Das Wort Ebbe ist erst im 17. Jahrh. aus dem Niederdeutschen ins Hochdeutsche aufgenommen worden und bedeutet wahrscheinlich… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

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