Gesimse

Gesimse

Gesimse sind vorgehende Teile an Mauern, Fenstern, Türen u.s.w., welche im wesentlichen eine wagerechte Richtung verfolgen, jene Gegenstände bekrönen oder einzelne Teile derselben absondern.

Man unterscheidet deshalb an Gebäudefronten das Hauptgesims in der Höhe des Dachrandes, das Brüstungs- oder Kaffgesims in der Höhe der Fensterbänke, das Gurtgesims in der Höhe der Decken und das Sockelgesims am oberen Rande des Gebäudesockels. Sie dienen vorzugsweise einem ästhetischen Zweck; infolge ihres Hervortretens vermögen sie jedoch auch mehr oder weniger die unter ihnen befindlichen Mauerteile vor Regen zu schützen, was man besonders dadurch erreicht, daß durch die Gestaltung des Gesimses das an ihm herabrinnende Wasser gezwungen wird, herabzutropfen, indem es auf aufwärtssteigende Flächen flößt. Diese Anordnung sollte, soweit es tunlich ist, bei keinem Gesimse fehlen, da andernfalls die vom Wasser mitgeführten Staubteilchen sich unterhalb der Gesimse ablagern und den Flächen ein beschmutztes Aussehen geben. Es wird dies in der dorischen Bauweise durch schräge Unterschneidung (Fig. 1), in der ionischen durch eine Wassernase (Fig. 2) und in der gotischen durch eine Hohlkehle (Fig. 3) erreicht [1], S. 343 und 437.

Die Hauptgesimse erfüllen zuweilen noch den konstruktiven Zweck, eine Dachrinne in sich aufzunehmen, wie z.B. [1], S. 362 ff., für gotische Bauweise, und [2], S. 117 (Sima der griechischen Bauwerke). In neuerer Zeit werden diese Rinnen jedoch meistens, vom Gesims gesondert, in Metall hergestellt, das die Vermeidung vieler schädlicher Fugen gestattet. Am billigsten lassen sich weite Ausladungen der Gesimse in Holz herstellen, welche an aus dem Dachverbände hervortretenden Holzteilen befestigt werden wie in Fig. 4 (welche gleichzeitig die darüber befindliche Rinne, die sie dem Auge des Beschauers verdeckende Rinnenwand und die Gesimsabdeckung in Metall angibt). Näheres in [3], I, 1 unter I: Zimmerkonstruktionen, VII: Dach- und Gesimsschalungen. Diese für städtische Wohngebäude sehr beliebte Konstruktion[446] leidet an dem Uebelstande, das Feuer von einem Gebäude leicht zum andern zu übertragen, weshalb man in Baupolizeiordnungen die Vorschrift findet, daß sie bis auf 1 m Entfernung von der Nachbargrenze nicht aus Holz, sondern aus einem unverbrennlichen Material hergestellt sein muß.

Außer diesen Hauptgesimsen in Holz kommen solche in künstlichen oder natürlichen Steinen vor, und man unterscheidet: die gewöhnlichen Backsteingesimse bei Ziegelrohbau, die Putzgesimse, Formstein-, Terrakottagesimse, Häuflein- und Kunstsandsteingesimse. Bei allen diesen liegt die Hauptschwierigkeit in der Beschaffung der Ausladung. Ist dieselbe gering, so genügen für die Backsteingesimse gewöhnliche Ziegelsteine; vermehrt sich die Ausladung, so legt man doppelte Lagen von Dachsteinen ein, welche 40 cm Länge haben. Weitere Ausladungen erreicht man durch herausgestreckte Eisenstäbe, die stets so angeordnet werden müssen, daß sie nicht sichtbar sind. An Stelle solcher Eisen streckt man auch wohl Sandsteinkonsolen heraus; diese Konsolen und Eisen müssen aber gehörig belastet oder durch Verankerungen mit dem tiefer liegenden Mauerwerk verbunden werden, damit das Gesims nicht umkippt.

Die Backsteingesimse pflegen nur an einfachen Gebäuden Verwendung zu finden. Eine beliebte Anordnung derselben gibt Fig. 5; dieselbe zeigt gleichzeitig den Abschluß derselben an einem sogenannten Giebelohr, welches das schwierige Herumführen der Gesimse am Giebel vermeidlich macht. Eine mannigfaltigere Gestaltung gewinnen diese Gesimse durch Einfügen von Dachsteinen. – Bei Putzgesimsen werden die Ziegelsteine dem Gesimsprofile annähernd folgend behauen und dann mit Putz überzogen, wozu man sich einer hölzernen Schablone bedient. Gesimse aus Formsteinen, d.h. Ziegel mit Profilen an den Ecken oder an den Seiten oder aus Terrakotta, welche hohl geformt, mit 2,5–3 cm Wandstärke versehen und verhältnismäßig leicht sind, zeigt Fig. 6; ein Hausteingesims zeigt Fig. 7 (Technische Hochschule in Charlottenburg). Die Konsolen tragen den oberen Teil der Gesimse und sind hinten im Mauerwerk verankert. Diese Verankerung und die Belastung durch die Attika verhindert das Ueberkippen des weit ausladenden Gesimses, welches noch die Eigentümlichkeit besitzt, das Regenwasser nach innen zu leiten. Man erfleht auch aus dieser Figur, daß das Hausteinmaterial der Gesimse nur als Verblendung benutzt worden und mit Ziegeln hintermauert ist. Kunstsandsteingesimse werden im wesentlichen aus Zementmörtel hergestellt und sind den Kunst- und Formsteingesimsen ähnlich. Näheres über Steingesimse in [3], S. 178 ff. Vgl. a. Gurtsims, Hauptgesims.


Literatur: [1] Ungewitter, Lehrbuch der gotischen Konstruktionen, 3. Aufl., neu bearbeitet von K. Mohrmann, Bd. 2, Leipzig 1892. – [2] Lübke, W., Geschichte der Architektur, 5. Aufl., Bd. 1, Leipzig 1875. – [3] Baukunde des Architekten, Bd. 1, 1. Teil, Berlin 1890.

Hacker.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 4., Fig. 7.
Fig. 4., Fig. 7.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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