- Halbparabelträger [3]
Halbparabelträger , graphische Berechnung.
Die Drehpunkte (s.d.) der Gurtungsstäbe liegen beim Halbparabelträger sämtlich innerhalb der Auflager; die Gurtungskräfte werden daher am größten, wenn der Träger vollständig belastet, am kleinsten, wenn er unbelastet ist (vgl. Bd. 3, S. 540). Die Drehpunkte der Streben liegen sämtlich außerhalb der Spannweite; die Strebenkräfte erreichen somit ihre Grenzwerte (s.d.) bei einseitiger Belastung. In den mittleren Feldern haben die Grenzwerte der Strebenkräfte entgegengesetztes Zeichen; in diesen Feldern ordnete man früher meistens Gegenstreben an.
a) Straßenbrücken. Eigengewicht und zufällige Last seien gleichförmig verteilt. Man zeichnet zunächst (Fig. 1, rechts) einen Cremonaschen Kräfteplan (s.d.) für die Eigengewichtslasten; man beginnt den Plan am linken Auflager und setzt ihn, die Streben alle als fallend annehmend, nach rechts fort bis dahin, wo die Gegenstreben aufhören (in unserm Beispiele also bis zur Strebe 10 11). Dabei können der Einfachheit wegen bloß die unteren Knotenpunkte als belastet angenommen werden. Dieser Plan liefert zunächst die kleinsten und größten Gurtungskräfte. Greift man die Gurtungskräfte im Maßstabe der Eigengewichtslasten (1 mm = 2 t) ab, so erhält man ihre Minimalwerte; vergrößert man den Maßstab im Verhältnis des Eigengewichts zur vollen Last g : (g + p), so bekommt man die Maximalwerte der Gurtungskräfte (1 mm = 3 t)
Um die größten und kleinsten Strebenkräfte zu finden, trennt man den Einfluß des Eigengewichts von dem der zufälligen Last. Der erstere wird durch den bereits gezeichneten Cremonaschen Plan gegeben, den letzteren bestimmt man am schnellsten mittels des Herzogschen Verfahrens (s.d.).
Zur Ermittlung der größten in der Strebe 4 5 wirkenden Kraft bestimmt man zunächst deren Belastungsgrenze (s.d.). Zu diesem Zwecke denkt man sich durch das Fachwerk einen Schnitt CC gelegt, verlängert den vom Schnitte getroffenen oberen Gurtstab nach links und rechts bis zu den Auflagerlinien, verbindet A' mit 3 und B' mit 5, so gibt der Schnittpunkt B die Grenze der ungünstigsten Belastung an. Man lotet E hinauf nach F und verbindet F mit 6. Sodann zeichnet man (Fig. 1, unten) ein Dreieck A1 A2 B1 mit der Grundlinie l und der Höhe 1/2pl und zerlegt die lotrecht unter 5 befindliche Kraft C1 C2 parallel zu F5 und zu F6,[759] so stellt die erstere Komponente die gesuchte Strebenkraft S dar. Diese Arbeit wird für sämtliche fünf nach rechts fallenden Streben durchgeführt. Hierauf werden die gefundenen Kräfte (am bellen rechnerisch) zu den entsprechenden Eigengewichtskräften des Cremonaschen Planes hinzugefügt.
Um die kleinste Kraft in der Strebe 4 5 zu erhalten, verbindet man F mit 3 und zerlegt die lotrecht unter 3' gelegene Kraft parallel zu F 4 und F 3 (Kraft S'). Diese Arbeit wird bloß für die Felder ohne Gegendiagonalen durchgeführt. Hierauf fügt man die gefundenen Kräfte unter Berücksichtigung des Vorzeichens zu den Eigengewichtskräften. In den Feldern mit Gegendiagonalen sind die Minimalkräfte gleich Null.
In ähnlicher Weise gelangt man zu den Pfostenkräften V. Für den dritten Pforten z.B. wird zunächst die Belastungsgrenze G bestimmt (Fig. 1).
Dann verschiebt man die lotrecht unter 7 gelegene Kraft D1 D2 um ein Feld nach links, verbindet ihren oberen Endpunkt mit D1 und lotet G herunter nach G1, so ist die Ordinate von G1 die gesuchte größte Pfostenkraft. Diese Arbeit wird vom ersten bis zum Mittelpfosten durchgeführt. Dann addiert man die gefundenen Kräfte zu den Eigengewichtskräften des Cremonaschen Planes. Die kleinsten Pfostenkräfte werden gewöhnlich nicht aufgesucht, da ihre Ermittlung ziemlich umständlich ist. Die Grenzpunkte der ungünstigsten Beladungen können auch etwas rascher, nach dem durch die Fig. 2 dargestellten Verfahren gefunden werden (vgl. Bd. 3, S. 233).
b) Bahnbrücken. Besteht die zufällige Beladung aus Einzellasten, so schlägt man in der Regel zur Berechnung der Gurtungskräfte den nämlichen Weg wie bei gleichförmig verteilter Belastung ein (s. oben); nur muß man für p denjenigen Wert einsetzen, der dem größten Biegungsmomente der zufälligen Lasten entspricht (Belastungsgleichwert, Lastäquivalent, s.d.). Will man darauf Rücksicht nehmen, daß p nicht für alle Punkte des Trägers gleich groß ist, so ermittelt man für jeden Knotenpunkt des Fachwerks das größte Biegungsmoment (vgl. Bd. 1, S. 525) und dividiert es durch den Hebelarm des betreffenden Stabes.
Den Einfluß, den die zufällige Last auf die Streben ausübt, bestimmt man nach dem Culmannschen Verfahren (s.d.) mit Zuhilfenahme der Kurve der Maximalkräfte bei fortschreitender Lastenreihe (vgl. Bd. 1, S. 524). Man kehrt die gegebene Lastenreihe um, stellt die erste Last über das Auflager B und zeichnet dazu (Fig. 3) ein Seilpolygon A2 B1. Die Polweite des Kräftepolygons wählt man gleich l. Die Strebe 4 5 wird nun am stärksten beansprucht, wenn die erste Last beim Knotenpunkte 5 steht. Alsdann wirkt links vom Schnitt nur der Auflagerwiderstand A = Q, der die verlängerte Strebe in E schneidet. Verbindet man den Schnittpunkt E mit dem Drehpunkte D und zerlegt die Kraft Q parallel zur Strebenrichtung und zu D E, so stellt die erstere Komponente die gesuchte Strebenkraft S dar. Sie wird zu der Eigengewichtskraft, die der Cremonasche Plan ergibt, hinzugefügt. Fällt der Punkt D über den Blattrand hinaus, so zieht man A4' parallel zu 4 6; dann ist 3 4' parallel zu DE. Denn von den beiden vollständigen Vierecken A D E 4 und A 3 4' 4 laufen fünf Paar Seiten parallel; folglich laufen auch die sechsten Seiten D E und 3 4' parallel. Um die kleinste Strebenkraft in 4 5 zu finden, läßt man die Lastenreihe von links her vorschreiten, bis die erste Last bei 3 steht, und verfährt in gleicher Weise. Die außerhalb des Schnittes angreifende Kraft ist jetzt gleich Q' (lotrecht unter 3') und liegt in der Auflagerlinie B. Man zerlegt sie parallel zu 4 5 und zu D E'.
Die Pfostenkräfte werden am einfachsten nach dem Momentenverfahren (s.d.) bestimmt. Um beispielsweise die größte Druckkraft V im dritten Pfosten zu erhalten, läßt man die Lastenreihe bis zum Punkte 7 vorschreiten; dann ist Q'' die außerhalb des Schnittes wirkende Kraft. Sie liegt in der Auflagerlinie A. Folglich verhält sich V zu Q'' wie D1 zu D5. Man verschiebt daher Q'' um eine Feldlänge nach links und verbindet ihren Endpunkt mit D1, so ist der Abschnitt über A1 gleich der gesuchten Kraft V. Die gefundenen Kräfte fügt man schließlich zu den durch den Cremonaschen Plan bestimmten Eigengewichtskräften hinzu. Sollte D zu weit abseits liegen, so zieht man a b senkrecht zu 4 6, lotet b hinauf nach 6' und zieht D1 a senkrecht zu 6 6'.
Wenn es sich bei Straßenbrücken um die Berücksichtigung von Lastwagen in Verbindung mit Menschengedränge handelt, erscheint es zweckmäßig, die statische Berechnung des Halbparabelträgers mittels Einflußlinien durchzuführen. Vgl. hierüber den Art. Einflußlinien.
Literatur: Culmann, Graph. Statik, Zürich 1866; Ritter, A., Elementare Theorie und Berechnung eiserner Dach- und Brückenkonstruktionen, Hannover 1873; Tetmajer, Aeußere und[760] innere Kräfte, Zürich 1875; Stelzel, Theorie einfacher, statisch bestimmter Balkenträger, Wien 1880; Winkler, Theorie der Brücken, Heft 2, Wien 1881; Müller-Breslau, Die graph. Statik der Baukonstruktionen, Bd. 1, Stuttgart 1905; Schäffer und Sonne, Handbuch des Brückenbaus, Bd. 2. Leipzig 1905; Ritter, W., Anwendungen der graph. Statik, 2. Teil, Zürich 1890; Keck, Graph. Statik, Hannover 1894; Mehrtens, Vorlesungen über Statik der Baukonstruktionen, Leipzig 1903.
Mörsch.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.