Blechträgerbrücken

Blechträgerbrücken

Blechträgerbrücken oder Blechbalkenbrücken nennt man jene eisernen Brücken, deren Hauptträger als vollwandige eiserne Balkenträger aus Blechtafeln, Winkeleisen und Flacheisen durch Vernietung zusammengesetzt werden.

Man unterscheidet als Teile eines Blechträgers (Fig. 1) den Steg oder das Siebblech s, die vier Gurtwinkel w und die Gurtbleche oder Lamellen l, die in der erforderlichen Zahl und Stärke anzubringen sind. Heute werden vollwandige Balkenträger nur bis zu Spannweiten von etwa 18–20 m, ausnahmsweise bis zu Spannweiten von 20 30 m [3] angewendet, da für größere Stützweiten Fachwerksträger leichter und billiger sind; früher hat man jedoch solche Vollwandträger (mit Zellengurten oder als Kastenträger) in bedeutend größeren Dimensionen ausgeführt, ja die Ende der vierziger Jahre gebauten Stephensonschen Röhren- oder Tunnelbrücken, nämlich die Britanniabrücke über die Menaistraße mit 140,2 m größter Spannweite, die Conwaybrücke mit 121,9 m und die Viktoriabrücke bei Montreal mit 100,6 m, sind mit bis dahin für Balkenbrücken unerreichten Spannweiten angelegt und darin erst durch die späteren Ausführungen von Fachwerksträgern übertroffen worden. Wie bei jeder eisernen Brücke sind auch bei den Blechträgerbrücken als Hauptteile des Ueberbaues zu unterscheiden; 1. die Hauptträger, die parallel der Längsachse der Brücke die Oeffnungsweite derselben überspannen und auf die Pfeiler gelagert sind; 2. die Auflagerkonstruktionen, und 3. die Querkonstruktionen, die teils zur unmittelbaren Unterstützung der Fahrbahn, teils zur seitlichen[60] Absteifung der Hauptträger dienen und sonach aus dem eigentlichen Bahngerippe (Querträger und Fahrbahnlängsträger) und aus den Querverbindungen und Windverstrebungen der Hauptträger bestehen. Fig. 2 zeigt im Querschnitt die gewöhnliche Anordnung einer Eisenbahnblechbrücke mit unten liegender Fahrbahn, Fig. 3 stellt den Querschnitt einer solchen Brücke mit oben liegender Fahrbahn dar, Fig. 4 ist ein Stück Längsansicht dieser Brücke. Die Hauptträger der Blechbrücken erhalten rund 1/10 der Spannweite zur Höhe. Das Siebblech ist aus einzelnen Blechtafeln (von mindestens 8 mm Stärke, mit der Trägerhöhe und Belastung bis auf 14 mm zunehmend) zusammengesetzt, deren Länge entsprechend einem größten Tafelgewicht von 400–450 kg anzunehmen ist. Die Stehblechstöße werden durch beiderseitige Laschenbleche gedeckt, die eine doppelreihige Vernietung erhalten. Horizontale Blechwandstöße, wie sie bei den früher für große Spannweiten ausgeführten hohen Blechträgern notwendig wurden, kommen bei den jetzt üblichen Trägern von höchstens 2 m Höhe nicht vor. Die Blechwand muß ferner durch Anbringung von Steifen gegen Ausbauchen gesichert werden. Diese Steifen bestehen aus aufgenieteten Flacheisen, Winkeleisen oder T-Eisen, die in Abständen ungefähr gleich der Trägerhöhe und keinesfalls weiter als 1,5 m angeordnet werden, sobald die freie Höhe des Stehblechs zwischen den Gurtwinkeln mehr als die 60fache Stehblechdicke beträgt. Obwohl es am richtigsten wäre, diese Steifen in der Richtung des größten Druckes, also unter 45° steigend, anzuordnen, stellt man dieselben in der Regel vertikal und benutzt sie meist gleichzeitig zum Anschluß der Querträger oder der Querverbindungen. Besonders werden Steifen dort notwendig, wo Lasten auf den Obergurt des Trägers wirken und wo große Schubkräfte in der Blechwand auftreten. Daraus ergibt sich Näherstellung oder Verstärkung der Steifen gegen die Trägerenden hin. Die Berechnung eines Blechträgers wird in der Weise durchgeführt, daß zunächst ein sogenannter Grundquerschnitt, aus Siebblech und den vier säumenden Winkeleisen bestehend, angenommen wird. Für diesen rechnet man das Trägheitsmoment J0, und zwar mit Rücksicht auf die Nietschwächung, indem die Nietlöcher in den horizontalen Winkeleisenschenkeln in Abzug gebracht werden und die Stärke des Stehblechs mit nur etwa 0,85 seiner wirklichen Dicke eingesetzt wird. Ist nun M das in einem bestimmten Querschnitt des Trägers auftretende Biegungsmoment, s die zulässige Inanspruchnahme, h die Höhe des Grundquerschnitts, so folgt die erforderliche nutzbare Fläche der Kopfbleche zunächst angenähert aus f0 = M/sh–2J0/h2, woraus mit anzunehmender Breite b0, bezw. abzüglich zweier Nietdurchmesser b0' sich die Dicke der Lamellen eines Gurtes aus d = f0/b0' bestimmt. Hiermit wird dann genauer die Fläche erhalten f = f0 + 4J0/h2 · d/h. Diese Rechnung ist für eine Anzahl Querschnitte des Trägers durchzuführen, und es wird auf diese Art die theoretisch notwendige Lamellenfläche f erhalten, der man sich in der Ausführung natürlich nicht genau anschließen kann, da durch Weglassung oder Zugabe von Lamellen nur eine sprungweise Veränderung möglich ist.

Die beste Uebersicht gibt die graphische Darstellung der Materialverteilung (Fig. 5). Die Kurve a b c entspricht der Kurve der Maximalmomente. Bestimmt man einen Flächenmaßstab so, daß seine Einheit gleich der s h-fachen Einheit des Momentenmaßstabes ist, so geben die hiernach gemessenen Ordinaten dieser Kurve auch die Größen M:sh. Man zeichne nun nach diesem Maßstab ein Rechteck mit der Höhe a d = 2 J0: h3 und teile das übrigbleibende Kurvensegment in die Lamellenflächen ein. Um der genaueren Formel für/Rechnung zu tragen, kann man die Ordinaten der Kurve in der Strecke e f um 4J0/h2 · d/h = 2 · a d · d/h vergrößern, wodurch die punktierte Linie erhalten wird. Die Enden der Lamellen sind dann über die Punkte e g h noch um etwa eine Nietreihe zu verlängern.

Die Abstände der Gurtungsnieten berechnen sich aus den Schubkräften, die in den Trennungsflächen zwischen Siebblech und Gurtung auftreten. Ist e der Abstand der horizontalen [61] Nieten (Nietteilung), so entfällt auf einen solchen Niet eine Kraft QΣ/j·e, worin Q = Querkraft, Σ das statische Moment der Gurtung (Winkeleisen und Lamellen), bezogen auf die Trägerschwerachse, und J das Querschnittsträgheitsmoment. Bei der Stehblechstärke S, dem Nietdurchmesser d und dem zulässigen Leibungsdrucke s2 = 1400 kg/cm2 im Nietloche folgt alsdann e = dδs2/Q · J/Σ oder nach einem Durchschnittswerte e = 1540hdδ/Q, worin h die Trägerhöhe und die Maße in Zentimeter und Kilogramm einzusetzen sind. Für annähernde Bestimmung der Nietteilung in der Nähe der Auflager dient auch die Konstruktionsregel, daß am Trägerende in einer Länge gleich der Trägerhöhe an jedem Gurt so viel Nieten flehen sollen, daß sie die ganze Auflagerkraft aufnehmen können. Maximale Nietentfernung = 7d. Die Breite der Gurtungsplatten ist so zu bemessen, daß dieselben nicht um mehr als 125 mm oder um die achtfache Dicke der ersten Platte über die sie mit den Winkeln verbindende Nietreihe vorstehen. Bei mehrfachen Platten soll die Stärke derselben gleich oder nach außen abnehmend sein.


Literatur: [1] Handb. der Ingenieurwissenschaften, Bd. 2, 2. Abteil.: Steiner, Konstruktion der eisernen Balkenbrücken, daselbst auch ausführliche Literaturangaben. – [2] Winkler, E., Vorträge über Brückenbau, Blechbrücken, Wien 1874; als Manuskript gedruckt. – [3] Engineering News 1892, S. 316. – [4] Häseler, Der Brückenbau, 1. Teil: Die eisernen Brücken, Braunschweig 1897.

Melan.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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