Aggregatzustände

Aggregatzustände

Aggregatzustände. Grad und Art des Zusammenhangs der kleinsten Teilchen der Materie zeigen verschiedene Stufen; wir unterscheiden den festen (besser starren), flüssigen und gasigen Aggregatzustand und können, ohne daß tatsächlich ein Körper der idealen Definition vollkommen entspricht, die Unterschiede kurz so definieren: Die starren Körper haben eine bestimmte Form und ein bestimmtes Volum, die flüssigen keine bestimmte Form aber ein bestimmtes Volum, die gasigen haben weder eine bestimmte Form noch ein bestimmtes Volum.

Die Einschränkungen der Definition beziehen sich vor allem auf die Veränderungen der Form und des Volums durch Wärme und Druck; das Volum aller Körper kann durch diese beiden verändert werden, ebenso die Form aller starren Körper durch Druck und Zug und die Form der anisotropen (s. Doppelbrechung) durch Wärme, weil sie in verschiedenen Richtungen verschiedene Ausdehnungskoeffizienten besitzen. Ferner haben die flüssigen Körper in der Tat eine bestimmte Form, die Kugelgestalt, die sie annehmen, wenn sie im Zustand der Aufhebung äußerer Kräfte nur der gegenseitigen Wirkung ihrer Teilchen überlassen sind. Befinden sie sich zugleich im Zustand der Rotation, so nehmen sie die Form eines Rotationsellipsoids, vielleicht auch andre Gestalten an [1]. Dann finden zwischen den Aggregatzuständen Uebergänge statt, so vom Harren in den flüssigen ohne bestimmte Grenze ein Uebergang durch den weichen, den breiartigen bis zum höchsten Grad der Flüssigkeit, dem tropfbar flüssigen. Aber auch in diesem setzen die Teilchen nicht bloß ihrer Trennung, sondern auch ihrer Verschiebung aneinander noch einen Reibungswiderstand entgegen. Eine ideale Flüssigkeit dürfte keine innere Reibung, ein ideal starrer Körper müßte eine unendlich große innere Reibung besitzen. Selbst im gasigen Zustand ist diese innere Reibung noch vorhanden, und das Verhalten der Gase gegen Druck und Temperatur nähert sich nur mit einer für die einzelnen Gase (besonders die Dämpfe) mehr oder weniger großen Abweichung einer idealen Gesetzmäßigkeit, dem Boyleschen und dem Gay-Lussacschen Gesetz. Insbesondere aber gibt es eine höhere Einheit dieser beiden Zustände, des tropfbar flüssigen und des gasigen: den flüssigen Zustand oberhalb der kritischen Temperatur der Körper (s. Temperatur, kritische). Vielleicht ist neben dem tropfbar flüssigen und dem gasigen noch ein besonderer dritter Flüssigkeitszustand unterhalb der kritischen Temperatur zu unterscheiden; die mathematischen Untersuchungen von Van der Waals [2] führen darauf. Als Unterabteilung des festen unterscheiden wir den kristallinischen und den amorphen Zustand; als eine besondere, zwischen den festen und flüssigen Zustand sich einschiebende Stufe könnte man den gallertartigen oder gelatinösen Aggregatzustand unterscheiden, eine eigentümliche Verbindung fester und flüssiger Körper, die man als Quellung bezeichnet. Anderseits hat auch Crookes den Zustand der Gase in höchster Verdünnung, wie er in der Geißlerschen Röhre (s.d.) hergestellt wird, als vierten Aggregatzustand bezeichnet. In betreff des Uebergangs der Körper aus dem einen in den andern Zustand s. [3] und Dampf, Schmelzen, Sieden, Verdunsten.


Literatur: [1] Matthiessen, Neue Untersuchungen über frei rotierende Flüssigkeiten im Zustand des Gleichgewichts, Kiel 1859. – [2] Van der Waals, Die Kontinuität des gasförmigen und des flüssigen Zustands, aus dem Holländ. von F. Roth, Leipzig 1881. – [3] Tammann, G., Kristallisieren und Schmelzen, ein Beitrag zur Lehre der Aenderungen des Aggregatzustandes, Leipzig 1903.

Aug. Schmidt.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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