- Geißlersche Röhren
Geißlersche Röhren, geschlossene Glasröhren mit eingeschmolzenen, außen mit Oefen versehenen Drähten aus Aluminium; sie enthalten stark verdünnte Gase und dienen zum Studium der elektrischen Entladungserscheinungen in solchen Gasen.
[349] Demselben Zweck dient der ältere Apparat, das elektrische Ei, bei dem die die Elektroden tragenden Messingstäbe durch Stopfbüchsen geführt sind. Der unsichere Verschluß dieser erfordert ein stets erneuertes Evakuieren mittels der Luftpumpe, während die Geißlerschen Röhren (zuerst hergestellt nach Plückers Angaben von dem Glaskünstler Geißler in Bonn) ihrem Verschlusse entsprechend sehr lange ihre Verdünnung des Gases bewahren, besonders wenn der äußere, mit dem Glas verschmolzene Teil der Zuleitung aus Platin besteht, das einen mit dem des Glases sehr nahe gleichen Ausdehnungskoeffizienten besitzt, während zu Elektroden das Aluminium am besten sich eignet, weil es bei den elektrischen Entladungen nicht zerstäubt. Das elektrische Ei bietet indessen den besonderen Vorteil, die stufenweise Aenderung der Entladungserscheinungen mit zunehmender Verdünnung zu zeigen. Die hervorstechendste Tatsache bei den Versuchen ist die mit zunehmender Verdünnung zunehmende Schlagweite der Funken, entsprechend einer mit der Verdünnung wachsenden Leitungsfähigkeit des Glases; erst bei der höchsten durch unsre Luftpumpen erreichbaren Verdünnung hört die Leitungsfähigkeit fast plötzlich auf. In den Geißlerschen Röhren beträgt der Druck meist etwa 2 mm. Bei diesem Verdünnungsgrad erzeugen die durch das Gas erfolgenden Entladungen eines Funkeninduktors oder einer Influenzmaschine charakteristische Lichterscheinungen, die je nach der Entladungsrichtung, je nach der Natur des Gases, je nach der Substanz des Glases und je nach dessen Gestalt verschieden sind. Uebereinstimmend bleibt in der nächsten Umgebung des negativen Pols, der Kathode, ein bläuliches Licht, das sogenannte Glimmlicht, das sich mit wachsender Verdünnung mehr und mehr in der Röhre ausbreitet und ein von der positiven Elektrode, der Anode, ausströmendes rötliches Lichtbüschel, das sich bis in die Nähe des Glimmlichtes erstreckt, von diesem aber durch eine dunkle Hülle getrennt bleibt. Diese fast die ganze Röhre gewöhnlich anfüllende positive Lichtgarbe zeigt sich oft in zur Röhre senkrechter Richtung in bewegliche Schichten geteilt, besonders bei Gegenwart gewisser kohlenstoffhaltiger Dämpfe. Die wogende Bewegung der Schichtung verwandelt sich in stehende Schichtung, wenn statt der Entladungsfunken ein stärker gespannter elektrischer Strom sich durch die Röhre entladet. Der positive Lichtstrom ist der Einwirkung eines der Röhre von außen genäherten Magnets ausgesetzt, er wird in ähnlicher Weise durch den Magnet abgelenkt wie ein stromleitender Draht. Das Gas in der Röhre leuchtet in dem seiner chemischen Beschaffenheit entsprechenden Lichte mit den charakteristischen Spektrallinien. Das Glas wird fluoreszierend, besonders stark das Uranglas. Ueber die Erscheinungen bei höherer Verdünnung s. Hittorfsche Röhren, Kathodenlicht, Röntgenstrahlen.
Aug. Schmidt.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.