- Aluminium [1]
Aluminium, Atomgewicht 27, das in der Natur verbreitetste metallische Element, kommt nie gediegen vor, sondern hauptsächlich in Verbindung mit Sauerstoff als Tonerde, die zusammen mit der Kieselsäure einen Bestandteil der größten Zahl der Gesteinsmassen der Erdrinde und deren Verwitterungsprodukte ausmacht.
Sämtliche Aluminiumverbindungen leiten sich von dem Oxyde (s. Aluminiumoxyd) Al2O3 und dem Oxydhydrate (s. Aluminiumoxydhydrat) Al(OH)3 ab; von ersterem zunächst das Sulfid Al2S3, dann diejenigen Salze, die das Aluminium als Basis enthalten (s. Aluminiumchlorid, Alaune); von dem Oxydhydrate leiten sich die Aluminate ab, das sind Salze, in denen sich das Aluminium im Säureradikale befindet. Von den natürlich vorkommenden Verbindungen ist das Oxyd im Korund, Saphir, Schmirgel, das Oxydhydrat im Diaspor, Beauxit, Hydrargillit enthalten; Salze finden sich, als Kryolith, als Alaune im Alunit und Alaunschiefer, als Silikate in den besonders wichtigen Feldspaten und deren Zersetzungsprodukten, den Tonarten (Kaolin u.a.). Als solche finden Verwendung Korund und Saphir, Smaragd, Rubin als Edelsteine, Schmirgel als Polier- und Schleifmaterial, die Feldspate und Tone zur Herstellung von Bausteinen, feuerfesten Tonwaren, Töpferwaren, Steingut und Porzellan. Einer mehr oder weniger einfachen chemischen Verarbeitung werden unterworfen: Alunit und Alaunschiefer zur Alaunfabrikation; Kryolith zur Fabrikation von Soda, reinem Aluminiumoxydhydrat und Aluminiumoxyd; die Hydrate, besonders Beauxit, zur Darstellung reinen Oxydhydrates und Oxydes; der Korund wird bei der Gewinnung von Aluminiumlegierungen nach Cowles direkt reduziert.
Eigenschaften. Das Aluminium besitzt eine silberweiße Farbe und hohen Glanz. Die Bruchflächen zeigen kristallinische Struktur. Der Schmelzpunkt liegt bei etwa 700°. Sein niedriges spezifisches Gewicht (2,583) ist für viele Verbrauchszwecke von größter Bedeutung. Es ist streck- und dehnbar, läßt sich zu Draht ausziehen, zu Blech walzen und in Folien schlagen. Es besitzt in gegossenem Zustande eine Fertigkeit von 1012 kg per 1 qmm bei ca. 3% Dehnung; durch Pressen kann diese Fertigkeit erheblich erhöht werden, noch mehr durch Schmieden, Walzen und Ziehen. Bleche von 35 mm besitzen 2027 kg, 21/2 mm Draht ebenfalls 27 kg Fertigkeit per 1 qmm. Auf dem Bruch zeigt es kristallinisches Gefüge, das um so seiner ist, je mehr das Metall durch Bearbeitung verdichtet wurde. Beim Eisen-, Stahl- und Kupfergusse zugesetzt, wirkt es reduzierend auf vorhandene Sauerstoffverbindungen, so daß einesteils blasenfreie, dichte Güsse erzielt werden und andernteils die wertvollen Eigenschaften der so gereinigten Metalle besser hervortreten. Für den Eisen- und Stahlguß ist außerdem noch zu beachten, daß ein Zusatz von mehr Aluminium, als zur Reduktion des vorhandenen Eisenoxydules erforderlich ist, eine Abscheidung von Kohlenstoff in Form von Graphit bewirkt [15].
Gegen atmosphärische Einflüsse ist es bei gewöhnlicher Temperatur sehr widerstandsfähig. Schon eine kaum wahrnehmbare Oxydschicht auf der Oberfläche schützt das Metall auch bei höherer Temperatur, so z.B. beim Schmelzen und Gießen, vor weiterer Oxydation. Wasser und verdünnte organische Säuren wirken fast gar nicht, letztere erst beim Kochen, langsam ein. Salpetersäure ist fast ganz unwirksam auf Aluminium; Schwefelsäure löst es träge, dagegen Salzsäure und Natronlauge sehr lebhaft. Es fällt die meisten Metalle aus den Lösungen ihrer Salze aus, reduziert im geschmolzenen Zustand die meisten Oxyde, sogar die des Kohlenstoffs, des Siliciums und des Bors, indem überschüssig vorhandenes Aluminium sich mit den reduzierten Stoffen legiert. Das Aluminium reduziert, wie Goldschmidt (s. Aluminothermie) gezeigt hat, viele Oxyde unter heftiger Wärmeentwicklung, die Reduktion geht von selbst weiter, nachdem sie einmal an einem Punkte eingeleitet ist. Mit Quecksilber amalgamiert das Aluminium, wenn man Aluminiumseile mit einer 1/2 prozentigen Sublimatlösung (Quecksilberchlorid) in Berührung bringt. Dieses Amalgam zersetzt das Wasser kräftig unter Wasserstoffentwicklung und Bildung von Al(OH)3. Die Lötung des Aluminiums ist kein Bedürfnis mehr, seit man das Schweißverfahren anwendet. Eine Lötung derart, daß man einfach Lot in die Lötnat einlaufen läßt, ist nicht auszuführen, weil das Aluminium in der elektrischen Spannungsreihe den Alkalimetallen nahe steht und sich so bei Berührung mit Schwermetallen bei Feuchtigkeit an einer Lötstelle elektrische Ströme bilden. Es bildet in dem Fall die Anode und wird zerstört unter Bildung von Tonerdehydrat. Beim Löten überzieht man das Metall mit einer dünnen Schicht Zinn und lötet mit Zinnlot, unter Bestreichung der Lötstelle mit Chlorzinklösung oder Kolophonium.
Das elektrische Leitungsvermögen des Aluminiums ist 59% von dem des Kupfers, das Wärmeleitungsvermögen etwa halb so groß als das des Kupfers und doppelt so groß als das des Eisens. Sein linearer Ausdehnungskoeffizient per 100° C. ist gleich 0,0023.
Gewinnung und Fabrikation. Ueber die verschiedenen Versuche zur Herstellung von Aluminium gibt die unter [1], [2], [3], [4], [6], [7], [8], [9], [10] und [11] angeführte Literatur Auskunft, worauf wir verweisen. Das Jahr 1887 bringt die ersten Patente auf die Elektrolyse von elektrisch zum Schmelzen erhitzter Tonerde, anfangs auch nur zum Zwecke der Gewinnung von Aluminiumlegierungen. Unter diesen nimmt das Patent Héroult [12], in Deutschland auf den Namen der Schweizerischen metallurgischen Gesellschaft erteilt, den ersten Platz ein. Es hat sich daraus schließlich die jetzige Arbeitsweise entwickelt, nach der man ein Metall mit bis[161] 99,9% Aluminium gewinnt. Der Gang der Fabrikation gestaltet sich etwa folgendermaßen: Aus Beauxit (s.d.) stellt man zunächst reine Tonerde her. Zu diesem Zweck wird der Beauxit in Kugelmühlen, Kollergängen, Desintegratoren zerkleinert, dann mischt man das seine Beauxitpulver mit calcinierter Soda (480 kg Beauxit, 300 kg 98 grädige Soda [13] oder [18] 75 Teile Beauxit und 25 Teile calcinierter Soda) und glüht die Mischung in einem Flammofen unter stetigem Umschaufeln bei heller Rotglut. Das gebildete Aluminat AlO2Na wird durch Auslaugen mit warmem Wasser vom Eisenoxyd (vom roten Beauxit herrührend) getrennt und aus der Aluminatlauge die Tonerde durch Einleiten von Kohlensäure gefällt. Die von der Lauge getrennte Tonerde wird sodann in Muffeln oder Calciniertrommeln calciniert, d.h. auf wasserfreie Tonerde verarbeitet. Aus 175 kg Tonerdehydrat erhält man 100 kg wasserfreie Tonerde. Die reine Toneide wird auch nach dem Verfahren von Bayer durch Aufschließen des roten Beauxits mittels wässeriger konzentrierter Alkalilösung unter Druck gewonnen und die Lösung durch einen kleinen Zusatz frischgefällten Tonerdehydrats gefällt, wodurch 70% der gelösten Tonerde als Tonerdehydrat abgeschieden werden. Statt des roten Beauxits werden auch weißer Beauxit, Pfeifenton und Kaolin zur Reindarstellung der wasserfreien Tonerde verwendet. Diese Rohmaterialien werden mit Schwefelsäure aufgeschlossen und die im wesentlichen aus Aluminiumsulfat begehende Lösung, nach Abscheidung eines Eisengehaltes durch Schwefelcalcium oder Oxalsäure, in Vakuumapparaten eingedampft. Das so erhaltene Aluminiumsulfat wird durch Calcinieren in Muffel- oder Flammöfen in Aluminiumoxyd übergeführt. Die bei diesem Prozeß in Form von Trioxyd und Dioxyd entweichende Schwefelsaure wird wiedergewonnen (regeneriert). Die nach einem dieser Verfahren gewonnene reine Tonerde wird mit Kryolith, einem Doppelsalz von Aluminiumfluorid (Al2Fl6, 6NaFl) gemischt (90 Teile Kryolith und 10 Teile Tonerde und bildet so den bei ca. 940° schmelzenden Elektrolyten, d.h. das zu elektrolysierende Material für die Gewinnung des Aluminiummetalles. Bei den angewendeten Stromdichten (300500 Ampère pro dm2) wird auch Aluminiumfluorid zerlegt, man erhält so Fluorverluste, die wieder ersetzt werden müssen. Der Elektrolyt muß durch Zugabe von Aluminiumfluorid auf konstanter Zusammensetzung erhalten werden. Bei der im Bad herrschenden Temperatur treten ferner Kryolithverluste ein, auch diese müssen ersetzt werden. Um die Elektrolyse in Gang zu bringen, wird der Elektrolyt durch Widerstandserhitzung zunächst eingeschmolzen. Die Dauer des Einschmelzens beträgt für 100 kg Elektrolyt bei 3200 Ampère und 10 Volt ca. 56 Stunden. Die Schmelze stellt dann eine leichtbewegliche, wasserhelle Flüssigkeit dar, die sich an der Oberfläche rasch mit einer erstarrten Kruste bedeckt. Wenn das Bad zur Hälfte mit der Schmelze angefüllt ist, so beginnt man mit der Elektrolyse, wobei man den Elektrolyten durch Zugabe von Tonerde, Aluminiumfluorid und Kryolith im richtigen Mischungsverhältnis erhält. Bei Kirschrotglut muß der Elektrolyt dünnflüssig sein. Am Boden des Bades scheidet sich das Metall ab, das etwa alle 2 Tage durch Schöpfen mit einem eisernen Löffel entfernt wird. Man gießt es in eiserne Formen und schmilzt es um.
Anwendung. Es liegt in den Eigenschaften des Aluminiums, daß die geringste Verunreinigung, z.B. Spuren von Natrium, das Metall durch Wasser angreifbar machen. Trotzdem findet Aluminium eine sehr ausgedehnte Anwendung, so zu Haus- und Küchengeräten, Truppenausrüstungsgegenständen, kunstgewerblichen Erzeugnissen, besonders an Stelle von Silberschmiedearbeit und zu wissenschaftlichen Instrumenten. Das Aluminium wird ferner in der Lithographie an Stelle der lithographischen Steine verwendet (Algraphie). Seine Verwendbarkeit beruht darauf, daß es für Fette sehr empfänglich ist, daß aber Stellen, die mit Phosphorsäure behandelt werden, diese Eigenschaften nicht mehr zeigen.
Das Aluminium wird in großen Mengen in der Eisen- und Stahlindustrie verwendet, obwohl die Zusätze nur sehr gering sind. Langley gibt folgende Zusätze an [18]:
0,016 bis 0,030% Al bei Martinstahl mit 0,5%C
0,020 bis 0,050% Al bei Bessemerstahl mit 0,5%C
0,011 bis 0,025% Al bei Bessemerstahl mit mehr als 0,5%C.
Die Aluminiumindustrie-Aktiengesellschaft empfiehlt folgende Zusätze:
Stahl 0,004 bis 0,025% Al Weicher Stahl 0,01 bis 0,1% Al Gußeisen 0,2 Kupfer 0,1 bis 0,25% Al Messing 0,1 bis 0,5% Al Nickel 0,027 bis 0,09% Al. Die Verwendung von Aluminium zur Herstellung reiner Metalle s. Aluminothermie, ebenso die Verwendung zum Goldschmidtschen Schweißverfahren. Seine Verwendung zu Legierungen s. Aluminiumlegierungen.
Endlich findet Aluminiumseile zur Erzeugung von Funkeneffekten in der Kunstfeuerwerkerei (s. Feuerwerkerei) ausgedehnte Anwendung.
Fabriken, die Aluminium produzieren, sind: das Werk in Rheinfelden, das Werk in Lend-Gastein, in Frankreich La Praz, St. Michel de Maurienne und Froges, Isère. In England Fabriken in Foyer und Sarpsfos, in der Schweiz die Neuhausener Fabrik, in Amerika die Werke am Niagarafall und in New Kensington.
Literatur: [1] Davy, in Philos. Transact., London 1810. [2] Oerstedt, in Overs o. d. K. Danske Vidensk. Selsk. Forhandl. u.s.w. 1824/25. [3] Wöhler in Poggend. Ann., 11, und Liebigs Ann., 53. [4] Deville, in Journ. f. prakt. Chem., 61. [5] Bunsen, in Poggend. Ann., 92. [6] Deville, in Ann. de chim. et phys., 43. [7] Rose, in Pogg. Ann., 96. [8] Beketoff, in Jahresb. d. Chem., 1865. [9] Engl. Pat. Nr. 4087 v. J. 1879. [10] D.R.P. Nr. 26962. [11] D.R.P. Nr. 33672. [12] D.R.P. Nr. 47165. [13] Kerl u. Stohmannn, Encyclop. Handb. d. Techn. Chem., 4. Aufl., Braunschweig 1889. [14] Richards, Aluminium, 2. Aufl., Philadelphia und London 1890. [15] Aluminiumindustrie-Aktiengesellschaft, [162] Anlagen und Produkte, Schaffhausen 1890. [16] Borchers, Elektrometallurgie, Braunschweig 1891. [17] D.R.P. Nr. 68909. [18] F. Winteler, Die Aluminiumindustrie, Braunschweig 1903.
Bujard.
Für Schiffszwecke hat das Aluminium, trotz der großen Vorzüge seiner Leichtigkeit, sich nicht bewährt, da es sich im Seewasser schnell zersetzt. Im Schiffsmaschinenbau findet eine Aluminiumlegierung mit 410% Kupfer mehrfach Verwendung als Kolbenschiebergehäuse für schnellaufende Maschinen, um die Steuerungsteile zu entlasten.
T. Schwarz.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.