- Getreidewage [1]
Getreidewage (automatische Wage), Vorrichtung zum selbsttätigen Verwiegen eines fortwährend rinnenden Getreidestromes u.s.w. Es ist unstatthaft, an Stelle des Wagens das Messen zu setzen, weshalb die selbsttätige Entleerung des Wiegegefäßes immer nach Erreichung einer bestimmten Gewichtshöhe, nicht nach Füllung eines bestimmten Hohlmaßes, zu geschehen hat.
Die verbreitetste automatische Getreidewage ist die von Reuther & Reisert in Hennef a d. Sieg. Fig. 1 zeigt diese Wage im Ruhezustande. (Die Darstellung ist eine im Interesse der Deutlichkeit vereinfachte, schematische.) Dem Trichter A läuft das Getreide ständig zu. Von dort strömt es durch den unteren Auslauf zeitweilig in das Wiegegefäß B, welches nach jedesmaliger Füllung mit der vorschriftsmäßigen Gewichtsmenge um Punkt C nach links herumschlägt und die Frucht aus der mit einer Klappe versehenen Auslaßöffnung D heraus in einen unter der Wage angebrachten Trichter laufen läßt. Fig. 3 zeigt in der punktierten, mit B1 bezeichneten Linie die Stellung des umgeschlagenen Wiegegefäßes. Die Anzahl dieser Entleerungen wird durch ein Zählwerk (Σ) registriert, und da die Skala gleich die entsprechenden Gewichte enthält, so kann man die in einer gewissen Zeit durch die Wage kontrollierten Gewichtsmengen jederzeit unmittelbar ablesen. Die Grundform der Wage ist durch den Wagebalken E, die an seiner rechten Seite hängende Gewichtsschale F und das an der linken Seite aufgehängte Wiegegefäß B gekennzeichnet. Diese Aufhängung ist vermittelt durch die Hängesäulen G, welche die Drehpunkte C für das Wiegegefäß tragen. Damit das Wiegegefäß B nicht vorzeitig überkippen kann, greift ein an der Hängesäule G drehbarer Haken H über einen am Wiegegefäß B befindlichen Anschlag J (Fig. 1) und hält das Gefäß in seiner aufrechten Lage fest. Die Füllung darf im Interesse geringen Zeitaufwandes in keinem zu dünnen Strahl erfolgen, anderseits aber läßt sich mit einem starken Strahl keine genügend genaue Abwägung erzielen. Daher ist die Einrichtung getroffen, daß vor endgültiger Absperrung des Getreidestromes eine Verminderung desselben eintritt, und zwar dadurch, daß kurz vor Erreichung der vorschriftsmäßigen Füllung die Mündung des Trichters A durch eine Klappe verschlossen wird, welche nur kleine Oeffnungen zum ferneren Durchlassen eines schwachen Getreidestromes besitzt. Diese Klappe K wird nämlich durch einen mit ihrer Drehachse verbundenen Hebel L zurückgehalten, welcher sich gegen einen am Wiegegefäße B befindlichen Anschlag M lehnt. Gibt dieser Anschlag den Hebel frei, so fällt er in seine tiefste Lage, und gleichzeitig legt sich die Klappe K vor die Einflußöffnung (s. Fig. 2). Eine Bürste N dient hierbei als Abdichtung. Dieses Freigeben des Hebels L geschieht auf folgende Weise: Es ist Vorsorge getroffen, daß die linke Seite des Wagebalkens E und mit ihr das Wiegegefäß B bereits vor Erreichung der den Gewichten auf der Schale F entsprechenden Getreidefüllung ein wenig herabsinkt. Mit den Hängestangen der[459] Gewichtsschale ist nämlich ein Angriffspunkt O für einen um den Punkt P drehbaren Hebel Q verbunden, welcher bei der tiefen (Ruhe-)Stellung der Gewichtsschale an seinem linken Ende durch ein Gewicht R beladet wird. Dieses Gewicht nämlich ist um Punkt S drehbar und mit der Rolle T durch einen Winkelhebel verbunden. Dadurch lastet in der in Fig. 1 gezeichneten Lage ein durch R erzeugter Gewichtsdruck auf dem Hebel Q, und dieser Druck entlastet die Gewichtsschale F, bewirkt also, daß ein Sinken des Wiegegefäßes bereits vor Beendigung der Füllung beginnt. Dadurch aber sinkt der Anschlag M mit herab und gibt den Hebel L frei, wodurch die in Fig. 2 dargestellte Lage der Klappe K herbeigeführt wird. Der völlige Abschluß des Getreidezulaufes geschieht nun auf folgende Weise. Infolge der zum Teil noch vorhandenen entladenden Wirkung des Hebels Q sinkt das Wiegegefäß aufs neue herab, dicht bevor die gewollte Füllung erreicht ist. Durch die entsprechende Drehung des Wagebalkens E wird ein mit ihm verbundener Zeiger U nach rechts bewegt und drückt mit dem an seinem Ende befestigten Stift V gegen einen Hebel W, welcher ein Einknicken des bisher gestreckten (Fig. 1) Kniegelenkes XY (Fig. 3) herbeiführt. Dadurch wird ein zweiarmiger, um Punkt Z drehbarer Hebel herabgezogen, welcher mit der zweiten Absperrklappe Γ verbunden ist, so daß diese nun den weiteren Zulauf gänzlich abstellt. Das andre Ende desselben Hebels trägt eine abwärts hängende Gabel Δ (Fig. 1), welche durch die eben beschriebene Bewegung nach aufwärts gezogen wird (Fig. 3). Dadurch flößt sie gegen den mit dem Haken H verbundenen, nach unten ragenden Ansatz Θ, wodurch der ganze Haken H gehoben und dem Gefäße B das Umschlagen in die Lage B1 (Fig. 3) und dadurch die Entleerung möglich wird.
Durch die bei der Entleerung eintretende Aenderung der Schwerpunktslage kehrt das Gefäß von selbst in die Anfangslage (B) zurück und stellt dabei selbsttätig den ganzen Mechanismus für ein neues Spiel wieder ein. Der Anschlag J fängt sich hinter dem Haken H, Anschlag M nimmt den Hebel L in seine erste Lage mit zurück und dieser hebt außer der Klappe K auch die Klappe Γ mittels eines Ansatzes wieder in die Höhe, wodurch die Gabel Δ wieder in die tiefe und das Kniegelenk XY wieder in die gestreckte Lage kommt.
Die Richtigkeit der Wage kann jederzeit geprüft werden, indem man eine Füllung ohne Ausleerung herbeiführt. Das geschieht durch Entfernung des Anschlages Θ, die sich leicht durch Umlegen des kleinen mit Θ verbundenen Hebelchens Δ nach links bewirken läßt. Der Haken H kann dann durch die hochgehende Gabel Δ nicht ausgelöst werden. Man muß dann nach geschehener Füllung den Einfluß des Hebels Q aufheben, indem man das linke Ende so weit hebt, daß die Berührung bei O aufhört. Spielt dann die Wage nicht ein, ist also zu viel oder zu wenig Frucht in den Behälter gelangt, so beweist dies einen zu späten oder zu frühen Schluß der Klappe Γ. Durch Verschieben des Gewichtes Ξ kann nach beiden Richtungen hin Abhilfe geschaffen werden, indem durch Verschiebung nach links der Einfluß des Hebels Q vergrößert, also ein früherer Abschluß herbeigeführt wird, während die Bewegung von Ξ nach rechts diesen Einfluß verringert, also ein späteres Absperren des Getreidestromes erzeugt.
Arndt.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.