Prinzip von d'Alembert

Prinzip von d'Alembert

Prinzip von d'Alembert. Es dient zur Aufstellung der Bewegungsgleichungen eines materiellen Systems. Dieses bestehe aus den n Massen mi in den Punkten mit den Koordinaten xi yi zi, an welchen Kräfte Pi mit den Komponenten Xi Yi Zi angreifen. Zwischen den Koordinaten bestehe eine Anzahl von Bedingungsgleichungen Fk = 0, die zunächst unabhängig von der Zeit vorausgesetzt werden. Zur Zeit t haben die Massen die Beschleunigungskomponenten


Prinzip von d'Alembert

Da das System Bedingungen unterliegt, so werden die Differenzen


Prinzip von d'Alembert

nicht verschwinden, wie es bei einem System freier Massenpunkte nach dem Grundgesetz der DynamikKraft ist gleich Masse mal Beschleunigung – der Fall ist. Diese Differenzen werden als Verbindungskräfte oder auch als [241] verlorene Kräfte bezeichnet. Das d'Alembertsche Prinzip sagt nun aus, daß diese Verbindungskräfte (verlorenen Kräfte) mit Rücksicht auf die Bedingungen des Systems zu jedem Zeitpunkt im Gleichgewicht sein müssen. Wären sie es nämlich nicht, so müßten sie in Verbindung mit den äußeren Kräften Xi Yi Zi den Massen mi andre Beschleunigungen als die vorausgesetzten erteilen.

Analytische Formulierung des Prinzips. Man braucht nur auf die Verbindungskräfte (verlorenen Kräfte), die mit Rücksicht auf die Bedingungen des Systems im Gleichgewicht sein müssen, das Prinzip der virtuellen Geschwindigkeiten anzuwenden und die virtuelle Arbeit derselben gleich Null zu setzen, so erhält man


Prinzip von d'Alembert

wozu noch die infolge der Bedingungsgleichungen bestehenden Beziehungen zwischen den δ xi ... treten, z.B. für Fk = 0


Prinzip von d'Alembert

Nichtholonome Bedingungsgleichungen werden unmittelbar eingeführt. Enthalten die endlichen (holonomen) Bedingungsgleichungen die Zeit t, so wird dieselbe bei der Differentiation behufs Bildung der Gleichung zwischen den δ xi ... nicht als variabel behandelt. Sind in nichtholonomen Bedingungsgleichungen Glieder mit d t vorhanden, so bleiben sie bei Anwendung des d'Alembertschen Prinzipes weg. Erweitert man den Ausdruck der virtuellen Arbeit der Verbindungskräfte durch die mit Faktoren λk multiplizierten linken Seiten der differenzierten bezw. nichtholonomen Bedingungsgleichungen und setzt man die Faktoren der einzelnen δ xi gleich Null, so ergeben sich die Lagrangeschen Bewegungsgleichungen erster Art:


Prinzip von d'Alembert

Mit den endlichen und den nichtholonomen Bedingungsgleichungen bilden sie ein System von 3 u + k Gleichungen, das zur Bestimmung der 3 u-Koordinaten und der k-Multiplikationen λk als Funktionen der Zeit ausreicht.

Das d'Alembertsche Prinzip gilt nicht nur für kontinuierliche Kräfte, sondern auch für Momentankräfte oder Impulse. Um den analytischen Ausdruck für diesen Fall zu erhalten, denkt man sich den Ausdruck


Prinzip von d'Alembert

mit dem Zeitelement d t multipliziert und innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes t integriert (wobei natürlich die δ xi ... als konstant zu betrachten sind), so erhält man


Prinzip von d'Alembert

sind die Differenzen der Komponenten der Bewegungsgröße nach und vor dem Zeitraum τ,


Prinzip von d'Alembert

die Komponenten der Impulse während des Zeitraums τ. Dazu treten die Bedingungsgleichungen. Die mit den Verschiebungen δ xi ... multiplizierten Klammergrößen können als Verbindungsimpulse bezeichnet werden, die sich infolgedessen nach dem d'Alembertschen Prinzip mit Rücksicht auf die Verbindungen das Gleichgewicht halten.


Literatur: d'Alembert, J., Traité de dynamique, Paris 1743; Lagrange, Mécanique analytique, 1. Aufl. 1788,2. Aufl. 1811; Jacobi, Vorlesungen über Dynamik, Berlin 1866; Ders., Werke, Supplement, band, Berlin 1884; Voß, A., Math. Annalen 1884, Bd. 25, S. 258.

Finsterwalder.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Prinzip von d'Alembert — Das d’Alembertsche Prinzip (nach Jean Baptiste le Rond d Alembert) der klassischen Mechanik ermöglicht häufig das Aufstellen von Bewegungsgleichungen für Systeme der klassischen Dynamik, die Zwangskräften unterworfen sind. Es überträgt das… …   Deutsch Wikipedia

  • Prinzip der Bewegung des Massenmittelpunktes (Schwerpunktes) — Prinzip der Bewegung des Massenmittelpunktes (Schwerpunktes). Werden die Bewegungsgleichungen eines Massensystems, wie sie sich aus dem Prinzip von d Alembert ergeben, durch das ganze System für jede Koordinatenrichtung summiert, so erhält man… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Prinzip des kleinsten Zwanges — (Gaußsches Prinzip). Es lautet: Die Bewegung eines Systems materieller Punkte mit beliebigen Bedingungen geschieht in jedem Augenblick in möglichst großer Uebereinstimmung mit der freien Bewegung oder unter möglichst kleinem Zwange, wobei als Maß …   Lexikon der gesamten Technik

  • Alembert — Jean Baptiste le Rond d Alembert (Maurice Quentin de La Tour) Jean Baptiste le Rond, genannt d’Alembert (* 16. November 1717 in Paris; † 29. Oktober 1783 ebenda) war einer der bedeutendsten Mathematiker und Physiker des 18. Jahrhunderts und ein …   Deutsch Wikipedia

  • Prinzip des kleinsten Zwanges — (auch gaußsches Prinzip des kleinsten Zwanges) ist ein von Carl Friedrich Gauß 1829 aufgestellter und von Philip Jourdain ergänzter Satz der klassischen Mechanik, wonach ein mechanisches System sich so bewegt, dass der Zwang zu jedem Zeitpunkt t… …   Deutsch Wikipedia

  • Alembert —   [alã bɛːr], Jean Le Rond d , französischer Philosoph, Mathematiker und Literat, * Paris 16. 11. 1717, ✝ ebenda 29. 10. 1783, Sohn der Marquise de Tencin und des Offiziers L. Destouches; von der Mutter auf den Stufen der Kirche Saint Jean Le… …   Universal-Lexikon

  • Alembert — (spr. alangbǟr), Jean Lerond d , Philosoph und Mathematiker, geb. 16. Nov. 1717 in Paris, gestorben daselbst 29. Okt. 1783, Sohn der Frau v. Tencin und des Ingenieuroffiziers Destouches (Bruders des Dichters), trat, 12 Jahre alt, in die… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • D'Alembert — Jean Baptiste le Rond d Alembert (Maurice Quentin de La Tour) Jean Baptiste le Rond, genannt d’Alembert (* 16. November 1717 in Paris; † 29. Oktober 1783 ebenda) war einer der bedeutendsten Mathematiker und Physiker des 18. Jahrhunderts und ein …   Deutsch Wikipedia

  • D’Alembert — Jean Baptiste le Rond d Alembert (Maurice Quentin de La Tour) Jean Baptiste le Rond, genannt d’Alembert (* 16. November 1717 in Paris; † 29. Oktober 1783 ebenda) war einer der bedeutendsten Mathematiker und Physiker des 18. Jahrhunderts und ein …   Deutsch Wikipedia

  • Jean-Baptiste le Rond d'Alembert — (Maurice Quentin de La Tour) Jean Baptiste le Rond, genannt d’Alembert (* 16. November 1717 in Paris; † 29. Oktober 1783 ebenda) war einer der bedeutendsten Mathematiker und Physiker des 18. Jahrhunderts und ein …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”