Abstecken

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Abstecken, bei Vermessungen, das Bezeichnen von Punkten oder Linien, die zu irgendwelchen andern Punkten oder Linien eine bestimmte Lage haben sollen, welche Lage in jedem Fall durch die betreffende Aufgabe vorgeschrieben ist (Kreisbogen-, Winkel-, Parallelen-, Ordinaten-, Leitlinien-, Gebäude-, Tunnelabsteckung). – Ueber das Abstecken von Bauplätzen s. Schnurgerüst.

Abstecken gerader Linien. Die einfachste Aufgabe ist die unmittelbare Absteckung »gerader Linien«. Im Sinne der Geodäsie wird eine gerade Linie bestimmt durch eine Reihe von lotrechten Stäben (Absteck-, Flucht-, Visierstäben, Baken), die in einer lotrechten Ebene liegen. Der Abstand der einzelnen Stäbe ist unter gewöhnlichen Verhältnissen in ebenem und offenem Gelände zu rund 50 m, in unebenem und bedecktem Gelände entsprechend geringer, bis zu 20 oder 10 m zu nehmen. Dem hinter einem der Stäbe befindlichen Auge erscheinen sämtliche nachfolgenden gedeckt (geradlinige Fortpflanzung des Lichts). Sind zwei Punkte A und E (Fig. 1) gegeben, so kann verlangt sein: 1. die Linie über einen der Punkte, z.B. E, hinaus fortzuführen (verlängern, ausstecken, ausfluchten), oder 2. auf der Geraden zwischen A und E (Fig. 2) weitere Punkte (Zwischenpunkte) zu bezeichnen (einwinken, einrichten). Bei dem ersten Verfahren werden in entsprechenden Abständen Stäbe 1, 2, 3 ... (in dieser Reihenfolge) mit A und E zur Deckung gebracht. Bei dem zweiten Verfahren wird von einem der Endpunkte aus, z.B. A, ein Stab 1, danach 2, 3 u.s.w. abgesteckt. Dabei ist ein Gehilte erforderlich, der die Stäbe nach bestimmten Zeichen (Aufheben der Arme, rechts, links) in die verlangte Stellung bringt. Diese Absteckung kann auch mit Hilfe eines Prismen- oder Spiegelkreuzes (s. Winkelinstrumente zum Abstecken konstanter Winkel) vorgenommen werden, wodurch der Gehilfe überflüssig wird. Sind die Endpunkte A und E gegenseitig nicht sichtbar oder nicht zugänglich, so kann in der folgenden Weise (Fig. 3) verfahren werden: Es werden annähernd in der Geraden A c zwei Punkte b und c gewählt, von denen aus die Endpunkte sichtbar sind. Sodann wird von c aus b in A c, dann von b aus c1 in b E, von c1 aus b1 in c1 A u.s.w. eingewinkt, bis B und C in A E gefunden sind. Diese Absteckung kann auch unmittelbar mit dem Prismen- oder Spiegelkreuz ausgeführt werden. Befinden sich in einer abzusteckenden Linie Hindernisse (Bäume, Getreidehaufen u.s.w.), so muß das Hindernis H (Fig. 4) durch Abstecken einer zu A E parallelen Linie (s. Parallelenabsteckung) oder durch eine andre Hilfslinie c d (Fig. 5) mit Benutzung eines Instrumentes zum Abstecken rechter Winkel (Winkelspiegel-, -prisma) umgangen werden. Werden die Abstände 0–1–2 auf den beiden Zweigen der Hilfslinien von 0 aus einander durch Messung gleichgemacht (z.B. 20 m, 40 m), so sind auch die rechtwinkligen Abstände h einander gleich. Mit freiem Auge oder mit Benutzung eines Handfernrohres können kurze Linien sehr scharf und Linien bis zu etwa 1 km Länge mit einer für die Zwecke der Feldmessung genügenden Genauigkeit abgesteckt werden. Ist eine besonders scharfe Ausrichtung erforderlich, so ist es geboten, den Theodolit zu benutzen.

Das Abstecken langer Linien mit Hilfe des Theodolits [1]. Das Verfahren ist je nach den vorliegenden Verhältnissen verschieden.

1. Absteckung von einem Endpunkte aus. Zwei weit entfernte Punkte A und E (Fig. 2) sind gegenseitig sichtbar. Der Theodolit wird genau zentrisch über einem der Endpunkte, z.B. A, aufgestellt (Vertikal- und Horizontalachse nach der Libelle genau eingerichtet, s. Theodolit), E angezielt und nun die Punkte 1, 2, 3 ... in die Abfehebene eingerichtet. Die Zeichen (links, rechts) müssen auf weite Entfernungen durch Flaggensignale gegeben werden;[42] dadurch wird das Verfahren umständlich und zeitraubend [2]. Deshalb ist es vorteilhaft, diese Abdeckung auf einige Hauptpunkte zu beschränken. Zweckmäßiger ist das folgende indirekte Verfahren: In der Nähe der Linie wird ein Hilfspunkt C1 (s. Fig. 6) ausgewählt und mit dem Theodolit möglichst genau der Winkel φ gemessen. Es ist der rechtwinklige Abstand h, durch den der Zwischenpunkt C gefunden wird, h = stgφ da auf Grund der Auswahl des Hilfspunktes h stets klein ist im Vergleich zu s, so ist auch h = φ''/ρ''s worin ρ'' den Winkel φ in Sekunden, ρ'' = 206265 bei alter Teilung des Kreises, ρ'' = 636620 bei neuer Teilung bedeutet. Die Entfernung s kann aus einer Karte entnommen, auf indirektem Wege (trigonometrisch) abgeleitet, oder (wenn eine genäherte Kenntnis genügt) abgeschritten werden. Können zwei Hilfspunkte C1 und C2 etwa rechts und links der Linie A E eingeführt werden mit den kleinen zu messenden Abweichungswinkeln φ1 und φ2, so daß φ1 + φ2 = φ ist und h1, h2 die zugehörigen Querabstände mit dem zu messenden Abstand der Hilfspunkte H = h1 + h2 sind, so ist man unabhängig von der Entfernung und hat z.B. h1 = φ1H [1] S. 812.

2. Absteckung von einem Zwischenpunkte C aus. Auf einem an AE angenommenen Hilfspunkte C1 (Fig. 7) wird der Winkel A C1 E gemessen. Der Abstand h, der zwischen den Schenkeln des hohlen Winkels abzusetzen ist, berechnet sich aus h = φ''/ρ'' ∙ (sasb)/sa + sb, worin φ = A C1 E ± 180° alter Teilung (± 200° neuer Teilung). Die Entfernungen sa und sb sind zu ermitteln wie vorhin, oder es können ebenso wie dort zwei Hilfspunkte C1 und C2 mit den Winkeln φ1 und φ2 und dem Abstand F genommen werden, und man hat entsprechend


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3. Abstecken einer Linie durch stückweises Verlängern. Es soll (Fig. 8) A B nach E verlängert werden. Der Theodolit wird in B aufgestellt, A angezielt und mit Hilfe der Teilung nach C ein Winkel von 180° (bezw. 200° neuer Teilung) abgesetzt. Statt dessen kann das Fernrohr auch durchgeschlagen werden; um hierbei die Ziellinie nach C frei vom Zielachsenfehler (s. Theodolit) zu erhalten, muß diese Absteckung in beiden Fernrohrlagen vorgenommen werden. Solche Absteckungen kommen besonders vor bei der Absteckung geradliniger Tunnel [1], S. 843. – Auch bei dieser Aufgabe ist die indirekte Absteckung in vielen Fällen vorteilhaft. Es wird auf B der Winkel ABC1 nach dem Hilfspunkt C1 gemessen und wie früher berechnet h = φ''s/ρ'' [3]. Unter besonders schwierigen Verhältnissen wird längs der abzusteckenden Linie ein Polygon mit Brechungswinkeln von nahezu 180° (bezw. 200° neuer Teilung) abgedeckt, gemessen und berechnet (s. Polygonisieren). Die Abstände der Linienpunkte von den Polygonbrechpunkten werden aus den Koordinaten berechnet und abgesetzt.


Literatur: [1] Jordan, Handbuch der Vermessungskunde, 6. Aufl., Stuttgart 1904, Bd. 2, S. 811. – [2] Zeitschrift des Hannoverschen Architekten- und Ingenieurvereins 1851, S. 212. – [3] Zeitschrift für Vermessungswesen 1880, S. 383, und 1883, S. 581.

Reinhertz.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 3., Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8.
Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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