- Desinfektionsapparate
Desinfektionsapparate, die technischen Einrichtungen zur Durchführung: der Desinfektion (s.d.) bezw. zur Vernichtung von pathogenen Bakterien in Gebrauchsgegenständen aller Art ohne erhebliche Schädigung der letzteren.
Hierher gehören also nicht die besten Apparate zur Desinfektion, die Verbrennungsapparate (s. Kehrichtverbrennung); auch Apparate, die mit trockener Hitze von ca. 150° C. arbeiten, nicht, denn diese hohe Temperatur ist nur ausnahmsweise auf wenige Gebrauchsgegenstände (ohne Schädigung der letzteren) anwendbar (überhitzter Wasserdampf kommt annähernd der trockenen Hitze gleich). Dagegen können ohne erhebliche Schädigung Teppiche, Betten, Matratzen, Decken, Kleider, Gardinen, Lumpen, Strohsäcke, Glas- und Metallgeräte u.a. erfolgreich durch Behandlung mit gesättigtem Wasserdampf desinfiziert werden. Für Möbel, Pelze, Hüte, Ledersachen, Bücher, Kämme, Bürsten u.s.w. ist die Wasserdampfbehandlung nachteilig; es werden hier zur Desinfektion Formalindämpfe angewendet. Letztere werden auch mit Wasserdampf kombiniert (vgl. [4] und D.R. G.M. Nr. 189957). Bei der Wasserdampfbehandlung wird das Desinfektionsgut in geschlossene Kammern gebracht, die dem Dampfdrucke (der den atmosphärischen Druck mehr oder weniger übersteigt) mit Sicherheit zu widerstehen vermögen. Die Dampfzuströmung soll an dem höchsten, die Dampf- und Kondensationswasserabströmung an dem tiefsten Punkte der Desinfektionskammer erfolgen; die letztere ist möglichst gegen Wärmeverluste zu[717] schützen und so zu bauen, daß unbenutzte, also unnötig geheizte Räume auf ein Minimum beschränkt werden. Nach erfolgter Desinfektion soll zur Trocknung des Desinfektionsgutes warme Luft zutreten. Die Form der Desinfektionskammer ist gleichgültig; es sollen aber zur Vermeidung von Reinfektion zwei Türen und Flanelltücher (Beutel) zum Schütze des Desinfektionsgutes gegen Abtropfen von Rostwasser u.s.w. vorhanden sein. Je höher die Dampftemperatur ist, in um so kürzerer Zeit und mit um so sichererem Erfolge kann desinfiziert werden. Indessen lehrt die Erfahrung, daß Wasserdampf von ca. 120° C. auch die widerstandsfähigsten Keime zu töten vermag, so daß Apparate mit mehr als zwei Atmosphären Ueberdruck kaum irgendwo angewendet werden. Die größere Pressung verteuert nämlich die Apparate sehr und infolge der erforderlichen Konzession u.s.w. auch die Betriebe. Nachdem im allgemeinen Wasserdampf von 100° C. bei längerer Berührung mit dem Desinfektionsgute eine ausreichende Desinfektion bewirkt, verwendet man meistens nur Einrichtungen, die 0,050,2 Atmosphären Ueberdruck zu erzeugen gestatten. Der Wasserdampf von mehr als 100°. wird selten bestehenden Dampfkesselanlagen entnommen, in der Regel in besonderen geschlossenen Generatoren erzeugt; er kann aber auch durch einfaches Kochen von Salzlösungen, die einen höheren Siedepunkt als gewöhnliches Wasser haben, erzielt werden; doch verderben die so erhaltenen Dämpfe die Apparate. Auf die Abnahme der Siedetemperatur mit zunehmender Meereshöhe ist zu achten.
1. Dampfdesinfektionsapparate für kleinere Verhältnisse sind in den Fig. 1 und 2 dargestellt. Fig. 1 zeigt einen solchen für direkte Feuerung mit festem Brennmaterial, mit Feuerungstopf b, Rost a und Schornstein w. Die Verdampfungspfanne c ruht direkt auf dem Feuertopf und trägt den eigentlichen Desinfektionsapparat, aus den zylindrischen Gefäßen d und e bestehend. Nachdem der Zylinder e mit dem Desinfektionsgute gefüllt ist, wird das Wasser in c zum Sieden gebracht, wobei die Dämpfe in Richtung der Pfeile sich gegen den Auslauf f hin bewegen, zunächst die Luft aus der Desinfektionskammer verdrängend und dann an dieser Stelle selbst austretend. Bequemer für die Bedienung werden derartige Apparate, wenn sie, wie Fig. 2 zeigt, mit Gasfeuerung a ausgestattet sind. Im übrigen dienen die mit gleichen Buchstaben wie bei[718] Fig. 1 bezeichneten Räume denselben Zwecken. Das Maß x schwankt in der Regel zwischen 0,350 und 0,700 mm; y ist etwa = 1,25 ∙ x und dementsprechend der Inhalt des Desinfektionsraumes = ~ 0,1 ∙ x3. In so kleinen Räumen sind selbstverständlich nur wenige Gegenstände unterzubringen; die Zeitdauer der Desinfektion ist dabei in der Regel eine lange.
2. Ortsfeste Dampfdesinfektionsapparate für größere Verhältnisse. Bei diesen Einrichtungen kann der Dampf aus fernstehendem Kessel bezogen oder, wie in Fig. 3 dargestellt, in besonderem Generator erzeugt werden. Der Rauminhalt der Desinfektionskammer ist in der Regel 2,5 cbm und größer. Die Kammer ist zweitürig, um die infizierten von den desinfizierten Gegenständen zu trennen. In den gußeisernen, mit Wasserröhren c verbundenen Kammern a entwickelt sich der Dampf, während die Desinfektionskammer (durch entsprechende Stellung von Umschaltehahn g, Ventil k und Drosselklappe r) mittels warmer Luft vorgewärmt wird. Alsdann wird das Desinfektionsgut eingebracht und sachgemäß geschichtet. Dreht man sodann den Hahn g so, daß der Dampf oben in die Kammer einströmen kann, so entweichen Luft und Dampf durch das Rohr p, wobei der Dampfdruck bezw. die abströmende Dampfmenge durch die Klappe r reguliert wird. Nach beendeter Desinfektion wird g abgesperrt und Ventil k sowie Klappe r geöffnet. Durch den Injektor i wird sodann die in l erwärmte Luft in die Desinfektionskammer geblasen und letztere sowie das Gut gänzlich von Feuchtigkeit befreit. Der vielfach verwendete Apparat von Schimmel & Co., Chemnitz [5] hat elliptische Form mit durchfahrbaren Wagen und Rippenheizkörpern zur Vortrocknung und Austrocknung.
3. Ein fahrbarer Dampfdesinfektionsapparat ist in den Fig. 4, 4a, 4b und 4c erläutert. Der Apparat besteht aus zwei, durch die Kupplung p getrennten Hälften, von denen die vordere den Kutscherbock mit Furagekasten o und Werkzeugraum n enthält, während die hintere Hälfte aus der Desinfektionskammer a mit Dampfentwickler d besteht. Im Betrieb wird die vordere Hälfte entfernt, wobei dann die hintere auf zwei Rädern und den Stützen r (Fig. 4b) ruht. Dadurch, daß zwei Türen an der Desinfektionskammer vorhanden sind, werden die infizierten Gegenstände von den desinfizierten räumlich getrennt. Der Dampfentwickler ist in Form einer liegenden niedrigen Wasserschale direkt unter der Desinfektionskammer angeordnet. Die übrige Einrichtung ist aus der Buchstabenerklärung verständlich. Die Fig. 14c entsprechen Konstruktionen von Rietschel & Henneberg, Berlin.
4. Vakuumdesinfektionsapparate in Schlachthäusern (Sterilisatoren [1], S. 651) finden Verwendung zur Unschädlichmachung des Fleisches tuberkulöser Tiere, von sinnigem, trichinösem Fleisch u.s.w.
[719] 5. Apparate zur Desinfektion mittels flüchtiger Desinfektionsmittel im Kreislaufbetriebe sind in Fig. 5 schematisch dargestellt nach einem von Lehmann & Schmidt, Eilenburg (Provinz Sachsen), auseinandergesetzten Verfahren, das außer Wasserdampf noch andre Desinfektionsmittel, besonders Fomaldehyd, zu verwenden gestattet. Das Desinfektionsgut wird in die Kammern a gebracht; diese werden luftdicht verschlossen und nach Schließen der Schieber Ic, IIa, IIb, III bei geöffneten Schiebern I, Ia, Ib mittels des als Luftpumpe wirkenden Gebläses b luftleer gesaugt. Die Luft strömt hierbei durch k ab. Nun wird der Schieber Ib geschlossen und bei geöffneten Schiebern I, Ia, Ic der Entwickler h, der mit Dampf- oder Wasserheizmantel versehen ist und z.B. Formaldehyd enthält, angewärmt. Gleichzeitig wird das Gebläse g in Gang gesetzt. Das sich unter der Luftleere entwickelnde Formaldehyd wird so mit größter Geschwindigkeit durch das Desinfektionsgut getrieben, vom Gebläse angesaugt und macht diesen Weg im Kreise. Durch Drehen des Wechselventils S kann in dem Desinfektor a die Richtung des Desinfizierens umgekehrt werden; auch läßt sich die Menge des letzteren nach Belieben steigern oder verringern, ebenso die Temperatur, genau so, wie es die Schonung des Desinfektionsgutes verlangt.
6. Interessant ist auch das Desinfektionsschiff der Gebrüder Schmidt, Weimar (Fig. 6). Dasselbe soll zunächst die Möglichkeit bieten, daß von einem verseuchten Schiffe sämtliche Personen überführt und gebadet werden; gleichzeitig werden die Kleider desinfiziert und ebenso das Schiff, aus dem die Personen kommen. Die Maßregeln können überall, also auch auf See, ausgeführt werden. Das Desinfektionsschiff ist in eine reine und eine unreine Seite geschieden, und man gelangt von der einen Seite zur andern nur durch Badezellen. Auf der unreinen Seite befinden sich Untersuchungszimmer, Lazarett und Raum für Verdächtige. In 12 Zellen sollen in 24 Stunden ca. 600 Personen baden und darauf ihre desinfizierten Effekten wieder erhalten. Das Schiff wird entweder geschleppt oder erhält eigne Fortbewegungsmaschinen [4].
Bezüglich der Apparate zur Zimmerdesinfektion mittels Formalindämpfen und der nachfolgenden Desodorisierung durch Ammoniak, des sogenannten Aeskulapapparates von Schering, des Breslauer Desinfektionsapparates von Flügge u.a. verweisen wir auf [1]. Formalin-Desinfektionsapparate werden auch benutzt für Pelzsachen, Lederwaren, Bürsten u.s.w., die in heißem Wasserdampf notleiden würden. Um bei den Wasserdampfapparaten den Zeitpunkt festzustellen, in dem die vollkommene Desinfektion erreicht ist, wird ein elektrisches Läutewerk angeordnet, das anzeigt, wenn in der Desinfektionskammer ein, an der von den Wasserdämpfen am schwersten erreichbaren Stelle eingelegtes Thermometer 100° C. anzeigt Weiteres über das Verfahren u.s.w. s. Desinfektion und [2], [3].
Literatur: [1] Handbuch der Hygiene, Jena 1900, Bd. 9, S. 565 ff. [2] Ausführungsbestimmungen für das Gesetz zur Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten, vom 15. Oktober 1900, Berlin. [3] Kirstein, Leitfaden für Desinfektoren, Berlin 1901. [4] Katalog von Gebrüder Schmidt in Weimar. [5] Katalog von Schimmel & Co. in Chemnitz.
Lueger.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.