Galanteriearbeit

Galanteriearbeit

Galanteriearbeit. Unter »Galanteriewaren« versteht man Luxus- und Gebrauchsgegenstände aus Elfenbein, Meerschaum, Perlmutter, Bernstein, Schildpatt, Hartgummi, Celluloid, Fischbein, Horn, Knochen, Haaren, Wurzeln, Fasern, ferner aus Holz, Bronze, Aluminium und andern Metallen, aus Papier, Pappe, Webstoff und Leder; Galanteriearbeit bezeichnet speziell die Verarbeitung der letztgenannten Materialgruppe. Die zur Ausschmückung der Wohnung dienenden Produkte führen auch die Bezeichnung »Phantasieartikel«.

Die Technik ist die des Schneidens, Pressens und Klebens. Der Kern der Gegenstände wird meist aus Pappe gefertigt. Weil, besonders bei Hohlkörpern, ein öfteres Ueberkleben stattfindet, nennt man diese Gruppe »kaschierte Arbeit«, während die nur aus Leder und Stoff hergestellten Sachen als »weiche Arbeit« bezeichnet werden. Viele der Galanteriemassenartikel werden ebenso wie die Kartonnagen auf maschinellem Wege hergestellt (Rahmen, Uhrenhalter, Hand- und Taschenspiegel); die besseren und teureren werden aber fast ausschließlich von Hand gearbeitet. Nur zum Schneiden und Ausstanzen einzelner Teile sowie zum Aufprägen von Schrift und Verzierungen werden einfache Hilfsmaschinen benutzt. Kastenzargen werden durch Zusammenleimen der vier oder mehr Seiten verbunden oder, falls es sich um geschweifte Grundformen handelt, durch Zusammenkleben mehrerer Schrenzstreifen um einen Klotz hergestellt. Rahmendicken und Paraventseiten werden aufeinander geleimt und durch Abraspeln der Kanten profiliert. Kastenzargen werden meist an den Ecken abgerundet und durch mehrfaches Ueberkleben verstärkt. Sollen Kästen verschließbar gemacht und mit Metallscharnieren versehen werden, so macht man die Langseiten aus Holz, um Nägel und Schrauben einbringen zu können. Auch sonst wird vielfach Holz in Gestalt von Leisten, Sockelplatten und ganzen Zargen verwendet. Das Ueberzugsmaterial bestand früher häufig aus dekorierten Papieren; später wurden Samt und Plüsch viel verwendet; jetzt ist das gespaltene und echte Leder wieder in Aufnahme gekommen. Dasselbe wird sorgfältig nach hinten, unten oder innen eingeschlagen, bei Kästen werden besonders überzogene Böden aufgeklebt, profilierte oder wattierte[236] Deckel aufgesetzt. Häufig setzt man in vertiefte Ränder bei Kassetten, Rahmen und Ständern mit Farbendruckbildern beklebte, flachwattierte Kissen ein, die mit Seidengaze überzogen und übermalt sind, so daß der Eindruck einer Originalhandmalerei entsteht. Nachdem etwaige Metallbeschläge angebracht sind, wird das Kasteninnere bei billigen Sachen mit Brokat- oder Skytogenpapier, bei besseren mit Atlas, der auf Schrenz gespannt ist, bei Zigarrenkästen mit Zedernfurnier ausgeklebt. Erfolgt die Vergoldung durch Pressendruck, so müssen die betreffenden Teile vor dem Ueberziehen gepreßt werden. Bei Handvergoldung kann das fertige Objekt verziert werden (s.a. Goldpressung). – Galanteriearbeiten sind in hohem Grade Modeartikel, und daher sind Form, Material und Verzierung häufigem Wechsel unterworfen. Hauptfabrikationsstätten sind: Wien, Berlin, Paris.


Literatur: Zeitschr. f. die Portefeuille- und Galanteriebranche, Dresden 1896, 11. Jahrg.; Illustr. Zeitung für Buchbinderei u.s.w., Berlin 1896, 29. Jahrg.; Allgem. Anzeiger für Buchbinderei u.s.w., Stuttgart, 11. Jahrg.; über die Technik verbreiten lieh: Bergmeister, Galanteriearbeiten, Halle 1881; Adam, Lehrbuch der Buchbinderei, Dresden 1885; Franke, Papp- und Galanteriearbeiten, Leipzig 1897.

Saalfeld.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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