Modellschleppstation

Modellschleppstation

Modellschleppstation, eine Versuchsanstalt, bestehend aus einem überdachten Kanal von 100–200 m Länge, 5–15 m Breite und 3–5 m Tiefe mit Vorrichtungen zum Schleppen von Schiffsmodellen und Meßvorrichtungen für den Wasserwiderstand derselben für verschiedene Schleppgeschwindigkeiten.

Dieselbe bezweckt, für ein bestimmtes Projekt eine Schiffsform von geringstem Widerstand durch Versuche zu ermitteln und mit Hilfe des von Froude ausgebauten mechanischen Aehnlichkeitsgesetzes von Newton den Schiffswiderstand (s.d.) aus den Vergleichsversuchen mit ähnlichen Schiffsmodellen zu bestimmen. Da das Newtonsche Problem der Mechanik über die korrespondierenden Größen nur unter der Annahme gilt, daß sich die Körper ohne Reibung in einem flüssigen Medium bewegen, so stellte Froude durch besondere Versuche den Reibungswiderstand von dünnen Brettern im Wasser fest und zog den hiernach berechneten Reibungswiderstand von dem Gesamtwiderstand des Modells ab. Aus diesem sogenannten Restwiderstand des Modells, bestehend aus Form sowie Wellen- und Wirbelwiderstand, kann nun nach dem von Froude auch durch Schleppversuche im großen Maßstab bestätigten Gesetz der korrespondierenden Geschwindigkeiten der Restwiderstand des Schiffes für die den Modellgeschwindigkeiten korrespondierenden Schiffsgeschwindigkeiten und unter Hinzufügung des berechneten Reibungswiderstandes des Schiffes die Widerstandskurve desselben und demnach die zu leistende Pferdestärke für die einzelnen Geschwindigkeiten bestimmt werden.

Das Froudesche Gesetz der korrespondierenden Geschwindigkeiten lautet: 1. Korrespondierende Geschwindigkeiten ähnlicher Schiffe verhalten sich wie die Quadratwurzeln des Aehnlichkeitsverhältnisses. 2. Bei korrespondierenden Geschwindigkeiten verhalten sich die Widerstände ähnlicher Schiffe wie die dritten Potenzen des Aehnlichkeitsverhältnisses. 3. Bei korrespondierenden Geschwindigkeiten ähnlicher Schiffe verhalten sich die Maße der bei beiden Schiffen auftretenden Wellen wie die Maße der Schiffe selbst. Ist z.B. das Schiffsmodell im Maßstab 1 : 25 ausgeführt und bei der Modellgeschwindigkeit v der Widerstand desselben w, so müßte das Schiff bei der Geschwindigkeit 5 v den Widerstand 253 w = 15625 w erfahren [1], [3], [4], [6].

Zur Bestimmung des Widerstandes des Schiffsmodells wird dasselbe unter einen Wagen gebracht, der auf Schienen über dem Schleppkanal entlang bewegt werden kann, und mit demselben unter Einschaltung besonderer Dynamometer verbunden. Der Wagen wird entweder mit Hilfe einer Dampfmaschine durch ein Seil gezogen oder durch Elektromotoren angetrieben. Das Modell wird nacheinander mit abgestufter Geschwindigkeit geschleppt und wird bei jeder Fahrt vom Dynamometer der Widerstand des Modells sowie durch besondere Apparate der zurückgelegte Weg sowie die aufgewandte Zeit auf einer Zeichentrommel registriert. Zur Bestimmung der Widerstandskurve eines Modells sind etwa zwanzig Versuchsreihen erforderlich [2], [3], [7]. Da der Wagen in seiner Bewegung Schwankungen unterworfen ist, hat neuerdings Wellenkamp die Schleppmethode dadurch wesentlich vereinfacht und verbessert, daß er das Modell mit Hilfe eines dünnen Stahldrahts durch ein frei fallendes Gewicht direkt antreibt und die Geschwindigkeit des Modells auf einer Trommel, über welche der Draht läuft, mit Hilfe einer schwingenden Stimmgabel registriert. Für den Anlauf des Modells wird ein einstellbares Vorlaufsgewicht an besonderem Draht verwendet, der letztere wird selbsttätig vom Modell losgekuppelt, sobald eine gleichmäßige Geschwindigkeit erreicht ist [5]. Man erreicht nach einigen Vorversuchen leicht eine gleichmäßige Geschwindigkeit des Modells nach Beendigung des Vorlaufs und erhält in dem konstanten Schleppgewicht den genauen Modellwiderstand sowie mit den von der Stimmgabel auf der Registriertrommel verzeichneten Schwingungsweiten, 100 Schwingungen in der Sekunde, eine genaue Festsetzung des Weges und der Zeit. In den Modellschleppstationen sind meist auch Apparate vorgesehen, um am Modell Versuche mit den in Aussicht genommenen Schrauben sowie Vergleichsversuche mit Propellern verschiedener Konstruktion, verschiedener Steigung und verschiedener Umdrehungen auszuführen [7].


Literatur: [1] Krieger-Johows Hilfsbuch für den Schiffbau, Berlin 1902. – [2] Schwarz und v. Halle, Die Schiffbauindustrie, Berlin 1902. – [3] Rota, La Vasca per le Esperienze di architettura navale nel R. Arsenale di Spezia, Genua 1898. – [4] Schütte, Untersuchung über Hinterschiffsformen, Jahrb. d. Schiffbautechn. Gesellschaft, Berlin 1901. – [5] Wellenkamp, Eine neue Modellschleppmethode, ebend., Berlin 1908. – [6] Pollard und Dudebout, Théorie du navire, Paris 1890. – [7] Gebers, Fr., Die Versuchsanstalt Uebigau, »Schiffbau«, Okt. 1906.

T. Schwarz.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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