Schiffsschwingungen [1]

Schiffsschwingungen [1]

Schiffsschwingungen im ruhigen Wasser und auf See entstehen durch Gleichgewichtsstörungen, veranlaßt durch den Winddruck oder durch Wellen von außen und in regelmäßigen Zeitläuften aufeinander folgende Gewichtsverschiebungen auf dem Schiffe sowie durch die Massenwirkung der sich auf und ab bewegenden Maschinenteile und durch die wechselnden Wirkungen des Propellerschubes. Man unterscheidet dementsprechend zwischen Rollschwingungen und Biegeschwingungen oder Vibrationen des Schiffes.

Die Rollschwingungen stehen unter dem Einfluß der Stabilität und der Masse des Schiffes, während die Widerstände im Wasser und in der Luft die Schwingungen dämpfen; sie entstehen, wenn das Schiff durch besondere Kräfte aus seiner natürlichen Gleichgewichtslage gebracht wird und dann sich selbst überlassen bleibt. Die Bewegungen des Schiffes um seine Längsachse nennt man Schlingern oder Rollen und bezeichnet mit Schlingern vornehmlich kurze, schnell aufeinander folgende, mit Rollen langsame, weit ausholende Schwingungen. Die Schwingungen um die Querachse nennt man Stampfen und Setzen und spricht von Stampfen bei Bewegungen des Schiffsbuges und von Setzen bei solchen des Hecks. Neben diesen schwingenden Bewegungen treten auch vertikale Oszillationen auf, bei welchen das Schiff von seiner natürlichen Schwimmebene sich abwechselnd hebt und senkt; diese Schwingungen nennt man Tauchschwingungen.

Mit Bezug auf die Sicherheit des Schiffes sind die Schlinger- und Rollbewegungen von größter Bedeutung. Die Größen derselben werden gemessen durch die Neigungswinkel, um welche z.B. der Mast des Schiffes von der aufrechten Lage nach beiden Schiffsseiten ausschlägt. Eine einfache Schwingung ist dann der Bogen, welchen die Mastspitze von der größten Neigung nach Steuerbord bis zur entsprechenden Neigung nach Backbord macht, und die Periode dieser Schwingung ist die hierzu gebrauchte Zeit. Man kann daher das rollende Schiff mit der Bewegung eines physischen Pendels vergleichen. Die Länge (l) des mathematischen Pendels, welches in der Zeit T eine bestimmte Anzahl Schwingungen macht, ist (vgl. Pendel) l = P k2/P s worin P das Gewicht des pendelnden Körpers, k sein Trägheitsradius und demnach P k2 das Trägheitsmoment ist, während P s das Drehmoment des Körpers und s die Länge des physischen Pendels darstellt. Da bei kleineren Neigungen des Schiffes um die Längsachse das Metazentrum (s.d.) seine Lage nicht ändert, so ist die Länge des physischen Pendels des Schiffes s = G M = ra, woraus jedoch keinesfalls gefolgert werden darf, daß die horizontale Drehachse durch das Metazentrum geht; es ist vielmehr dahin zu interpretieren, daß das Schiff im Wasser so schwingt, wie es schwingen müßte, wenn es außerhalb des Wassers in seinem Metazentrum aufgehängt wäre. Nun ist die Schwingungsdauer einer Doppelschwingung eines mathematischen Pendels


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also für ein Schiff


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unter M die Masse des Schiffes verstanden. Da nun das Stabilitätsmoment = P · GN = P (ra) sin φ ist und M k2 das Gesamtträgheitsmoment des Schiffes darstellt, so ist


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T nennt man die Schwingungsperiode des Schiffes, d.h. die Zeit für eine volle Schwingung. T wird um so größer, d.h. die Schiffsschwingungen werden um so langsamer und sanfter ausfallen, je größer das Trägheitsmoment und je kleiner das Stabilitätsmoment des Schiffes ist. Bei einem fertigen Schiff kann man daher in geringem Maße die Schwingungen durch Gewichtsverschiebungen dadurch verbessern, daß man entweder das Trägheitsmoment oder das Stabilitätsmoment oder beides ändert. Die Erfahrung zeigt ferner, daß die Schiffsschwingungen annähernd isochron sind, was theoretisch nur dann eintreten kann, wenn die metazentrische Kurve die Evolvente eines mit M G um G geschlagenen Kreises ist.

Bei Schwingungen um die Querachse ergibt sich die Schwingungszeit in entsprechender Weise aus dem Trägheitsmoment und dem Stabilitätsmoment des Schiffes, jedoch bezogen auf die Querachse; der Wert ist indessen nur annähernd richtig, da die Schiffsform mit Bezug auf die Querachse nicht symmetrisch ist. Auch werden die Stampfbewegungen meist eine Rückwirkung auf die Schlingerbewegungen ausüben. Für die Schwingungen des Schiffes ist ferner eine Form- und eine Gewichtsachse zu unterscheiden. Bei schnellen Schlingerbewegungen erfolgt die Drehung des Schiffes um eine durch den Systemschwerpunkt gehende Achse, während bei[688] langsamen Rollbewegungen die Drehachse in der Kernfläche der Schwimmebenen zu suchen ist. Es ist daher zweckmäßig, den Systemschwerpunkt in die Nähe der Schwimmebene zu verlegen, da sonst beim Neigen des Schiffes der Schwerpunkt steigt und fällt und hierdurch vertikale Tauchschwingungen entstehen. Die Bewegung des Schiffes wird dann eine konfuse und kann für die Personen an Bord unerträglich werden.

Um über die Schwingungsdauer – Periode – eines Schiffes Aufschluß zu gewinnen, pflegt man mit dem fertig ausgerüsteten Schiffe einen Schlingerversuch zu machen. Hierzu wird das Schiff durch regelmäßiges Ueberlaufen von Mannschaften von Bord zu Bord in Schwingungen versetzt und nach plötzlichem Stillstehen der Mannschaft mittschiffs dasselbe zum Ausschwingen gebracht, wobei für jede Doppelschwingung die Zeit notiert und die einzelnen Neigungswinkel gemessen werden. Da nun


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ist, so kann man k und demnach das Trägheitsmoment berechnen aus


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Die Schlingerversuche ergeben ferner, daß durch Vergrößern der Widerstände beim Schlingern sowohl die Ausschwingungszeit als auch die einzelnen Neigungswinkel erheblich abnehmen, während die Periode sich kaum ändert. Die Vermehrung des Widerstandes erzielt man durch Kimm- oder Schlingerkiele, welche in der Kimm in einer Länge von etwa zwei Dritteln der Schiffslänge an der Außenhaut befestigt werden und deren Fläche ein Zwanzigstel des Wasserlinienareals beträgt. Man hat auf diese Weise die Ausschlagwinkel bis zu der Hälfte der ursprünglichen herabgesetzt. Gleichen Zweck verfolgen Wasserkammern, querschiffs angeordnete Tanks, welche nur zum Teil mit Wasser gefüllt sind, so daß dasselbe beim Neigen des Schiffes überschießen kann, ähnlich dem Ueberlaufen von Mannschaften beim Schlingerversuch, nur mit dem Unterschied, daß das Wasser der Zeitfolge nach sich in entgegengesetzter Richtung bewegt und dem aufrichtenden Moment entgegenwirkt. In neuester Zeit ist der Schiffskreisel (s.d.) erfolgreich benutzt worden, um die Schlingerbewegungen zu dämpfen, ja sogar ganz aufzuheben.

Gegenüber den Schlingerbewegungen im ruhigen Wasser gestalten sich nun dieselben auf See, namentlich wenn das Schiff auf einer Ozeanwelle quersees, d.h. mit der Breitseite auf der Welle schwimmend, gedacht ist, wesentlich anders. Während der Auftrieb des Schiffes in ruhigem Wasser vertikal nach oben gerichtet ist, stellt sich die Richtungslinie des Auftriebs beim Schwimmen des Schiffes auf einer Welle normal zur Wasseroberfläche, d.h. normal zur Wellenkontur, ein. Die Richtungslinie des Auftriebs ändert sich daher von Punkt zu Punkt der Wellenoberfläche und gleichen die Neigungsänderungen derselben den Schwingungen eines Pendels, dessen Periode gleich der halben Wellenperiode ist. Infolge der Stabilitätskraft hat nun das Schiff das Bestreben, sich nach der jeweiligen Richtungslinie des Auftriebs einzustellen. Bei Schiffen mit großer metazentrischer Höhe und kleinem Trägheitsmoment, d.h. mit kleiner Schwingungsperiode, wird dieses Einstellen um so schneller erfolgen, je größer die Schwingungsdauer der Richtungslinie des Auftriebs, d.h. der halben Wellenperiode ist, d.h. auf sehr langen Wellen. Das Deck des Schiffes wird dann parallel zur Wellenkontur nahezu liegen bleiben, ähnlich einem Floß (Fall A in der Figur). Als Beispiel für diesen Fall können die amerikanischen Monitors gelten, welche eine sehr große metazentrische Höhe und eine sehr kleine Schlingerperiode – etwa 23/4 Sekunden – besitzen und welche bei der Fahrt über den Atlantischen Ozean beim Schlingern quersees kaum Wasser auf das sehr niedrig über Wasser liegende Deck bekommen haben. Da das Deck sich mit den Wellen bewegt, bieten sie für die Geschütze jedoch keine stetige Plattform. Dieses erreicht man mit verhältnismäßig schmalen und raschen Schiffen von großer Stillwasserperiode, da die Bewegung zum Einstellen in die Richtungslinie des Auftriebs eine langsame ist. Das Schiff hat dann die Schwingung noch nicht beendet, wenn die halbe Wellenlänge vorüber ist und demnach die Richtungslinie des Auftriebs ihre Schwingung beendet hat. Eine Welle, deren Periode demnach kleiner ist als die Stillwasserperiode des Schiffes für eine volle Schwingung, wird daher dasselbe nur wenig in seiner aufrechten Lage stören; das Deck bleibt fast horizontal liegen und bildet eine stetige Plattform (Fall D in der Figur). Diese Eigenschaft,[689] die man Stetigkeit nennt, wird man vornehmlich bei großen Schiffen von geringer Stabilität finden, da geringe Stabilität, d.h. hohe Schwerpunktslage, und großes Trägheitsmoment, d.h. großer Abstand schwerer Gewichte vom Systemschwerpunkt, sich bei kleinen Schiffen nicht vereinigen lassen, so daß kleine Schiffe im Seegang stets stärker rollen werden wie große. Ist die Stillwasserperiode eines Schiffes gleich der Wellenperiode, so wird jeder Wellenzug, da Schiff und Richtungslinie des Auftriebs gleichmäßig schwingen, den Neigungswinkel vergrößern, und das Schiff müßte nach dem Passieren einiger Wellenzüge überrollen und kentern, wenn nicht der Seitenwiderstand des Schiffes im Wasser die Bewegung des Schiffes bremst. Bei derartig großen Ausschlägen ist freilich die Annahme der unveränderlichen Lage des Metazentrums nicht mehr zutreffend, so daß auch die Schiffsschwingungen nicht mehr isochron bleiben. Wenngleich ein Kentern von Schiffen wegen der beim Rollen auftretenden Widerstände nicht immer eintritt, so wurden doch Neigungen bis zu 50° beobachtet, wenn das sonst ruhig rollende Schiff in einem Wellenzuge quersees zu liegen kommt, deren Periode so groß ist als die Schiffsperiode. Man muß dann bestrebt sein, dem Schiff beim Entwurf eine Stillwasserperiode zu geben, welche größer ist als die Wellenperiode der Ozeanwellen, d.h. T < 11 Sekunden. Sobald die Lage des Schiffes zur Welle nicht mehr quersees ist, wenn also der Schiffskurs den Wellenzug unter einem Winkel schneidet, so ändert sich die relative Wellenperiode. Man muß daher mit Bezug auf die Gefahr des Kenterns den Schiffskurs so wählen, daß eine Uebereinstimmung zwischen Schiffsperiode und Wellenperiode vermieden wird. Nach dem Verhältnis der Schiffsperiode T für eine Doppelschwingung zur Wellenperiode T w ergeben sich nun nach Rankine die in der Figur auf S. 688 gezeichneten Lagen des Schiffes auf der Welle.

Neben den Rollschwingungen des Schiffes spielen nun bei Dampfern diejenigen Schiffsschwingungen eine Rolle, welche von Kräften der Maschinenanlage ausgehen und sich als Kraftschwingungen und Trägheitsschwingungen auf den als einen elastischen Stab gedachten Schiffskörper äußern. Während die Kraftschwingungen ihre Ursache haben in den Massenbeschleunigungskräften der Hauptmaschine, in den Momenten des axialen Propellerschubes sowie in der Wirkung der Propeller auf das Achterschiff, richten sich die Trägheitsschwingungen nach der Verteilung der Massen und der Trägheitsmomente der Querschnitte des Schiffsrumpfes. Ist nun die Anzahl der Kraftschwingungen eines Stabes der Anzahl seiner Trägheitsschwingungen nahezu gleich, so können durch die Summierung der Ursachen erhebliche Wirkungen erzielt werden, welche sich dann als Schiffsvibrationen zu erkennen geben. Hierbei kann man die Schwingungen wie bei einem elastischen Stab gliedern in Longitudinalschwingungen, Transversalschwingungen und Torsionsschwingungen. Während die ersteren beim Schiff verschwindend sind, lassen sich die letzteren mit Hilfe des Pallographen (s.d.) durch Aufzeichnung der wagerechten und senkrechten Komponenten der Schiffsschwingungen näher untersuchen. Sie führen zur Bestimmung der Knotenpunkte sowie der kritischen Umdrehungszahlen der Propellerwellen. Neben der Ausbalancierung der Hauptmaschinen und der gleichmäßigen Ausführung der Schrauben bietet die richtige Wahl des Aufstellungsortes für das Drucklager und die Maschinen ein wichtiges Mittel, die Vibrationen einzuschränken. Bei Aufstellung der Maschine in der Mitte der Schiffslänge, d.h. weit von den Knotenpunkten entfernt, ergeben sich nur geringere Schiffsschwingungen, wie sich dies bei Torpedobooten bereits gut bewährt hat. Auch kann man bei fertigen Schiffen durch Aenderung der Umdrehungszahl der Hauptmaschinen entsprechend dem Einstellen einer zweckentsprechenden Schraubensteigung das Verhältnis der Anzahl der Kraftschwingungen zu der bestimmten Zahl der Trägheitsschwingungen so ändern, daß dieselben durch Gegeneinanderwirken die natürlichen Schwingungen des Schiffskörpers dämpfen.

Daß selbst bei ausbalancierten Maschinen heftige Erschütterungen des Schiffskörpers auftreten können, hat sich bei den Turbinenschiffen »Lusitania« und »Mauretania«, welche in ihren Antriebsmotoren bekanntlich vollkommen ausbalanciert sind, gezeigt und dürften diese Biegeschwingungen in der Hauptsache den Kraftzuckungen des axialen Propellerschubes, welche durch das Drucklager auf den Schiffskörper übertragen werden, neben der Reaktion der Teile des Achterschiffes gegen den Wasserstrom der Propeller zuzuschreiben sein.


Literatur: [1] Krieger-Johows Hilfsbuch für den Schiffbau, Berlin 1902. – [2] Lutschaunig, O., Die Theorie des Schiffes, Triest 1879. – [3] Bertin, E., Les vagues et le roulis, Paris 1880. – [4] White, W.H., A manual of naval architecture, London 1900. – [5] Peabody, Naval architecture, New York 1904. – [6] Welch, A textbook of naval architecture, London 1907. – [7] Taylor, S.D., The causes of the Vibration of screwships, Journal of the American Society of naval engineers, Washington 1891. – [8] Schlick, Ueber den Einfluß des Aufstellungsortes der Dampfmaschine auf die Vibrationserscheinungen der Dampfer, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing., Berlin 1894, S. 1091. – [9] Berling, Schiffsschwingungen, ihre Ursachen und Kritik der Mittel zu ihrer Verminderung, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing., Berlin 1899, S. 981. – [10] Normand, J.A., Des vibrations des navires et des moyens de les attenuer, Paris 1892. – [11] Schlick, Ueber die Mittel zur Beseitigung der Vibrationen von Dampfern, Hamburg 1894. – [12] Pollard und Dudebout, Theorie du navire, Paris 1890/94. – [13] Wilda, H., Der Schiffsmaschinenbau, Hannover 1901. – [14] Gümbel, Ebene Transversalschwingungen freier stabförmiger Körper u.s.w., Jahrbuch der Schiffbautechn. Gesellschaft, Berlin 1901.

T. Schwarz.

Schiffsschwingungen [1]

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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