Torsionsschwingungen

Torsionsschwingungen

Torsionsschwingungen sind elastische Schwingungen (s.d.), welche durch Torsion (s.d.) entstehen.

Es handelt sich meist um folgendes Problem (vgl. Drehwage unter Wage): Ein Stab (Draht u.s.w.) mit gerader Achse ist am oberen Ende derart festgespannt, daß eine Drehung daselbst nicht möglich ist. Mit dem unteren Ende steht in fester Verbindung eine Masse, deren [581] Schwerpunkt um l vom Einspannungsquerschnitt in der Stabachse liegt, während ihr Trägheitsmoment (s.d.) hinsichtlich der letzteren K sein mag. Die Masse wird durch Drehung um die Stabachse aus der Gleichgewichtslage gebracht und nach Eintritt der Ruhe sich selbst überlassen. Es entstehen Schwingungen um die Gleichgewichtslage, deren Dauer t für einen Hingang oder Hergang und deren Anzahl n (von dieser Dauer) in der Zeiteinheit bestimmt sind durch


Torsionsschwingungen

wenn M = φ D das der Verdrehung entgegenwirkende Moment (Torsionsmoment, s. Torsionselastizität) bei Verdrehung des unteren Endes um einen Winkel φ = ϑ l bedeutet ([7], S. 282), wobei ϑ der Torsionswinkel heißt. Auf Grund der Beziehungen für die Torsionselastizität lassen sich in dem gewöhnlichen Falle eines kreiszylindrischen Stabes vom Radius R ausdrücken:


Torsionsschwingungen

unter G den Schubelastizitätsmodul verstanden (Bd. 3, S. 393, 395), der hiernach durch Beobachtung der Zeit für eine Anzahl Schwingungen bestimmt werden kann. Werte von D für andre Stabquerschnitte s. Torsionselastizität.

Die Schwingungen sind zufolge 1., 2. bei konstantem D oder G von gleicher Dauer (isochron) und t, n unabhängig von der Größe der anfänglichen Verdrehung, was zahlreiche Versuche von Coulomb bis zur Gegenwart mit gewissen Beschränkungen betätigen. Die Abweichungen erklären sich daraus, daß bei Ableitung obiger Gleichungen isotropes Material von vollkommener Elastizität (s.d.) vorausgesetzt und die Masse des Stabs, Längenänderungen desselben durch Gewichte und Temperaturänderungen sowie Widerstände der Luft u.s.w., vernachlässigt wurden. Zufolge äußerer und innerer Widerstände nehmen die Ausschläge fortwährend ab, und es tritt schließlich Ruhe ein (vgl. Elastische Schwingungen, Bd. 3, S. 380). Bezüglich der Berücksichtigung der erwähnten Einflüsse s. die angeführte Literatur, z.B. über Schwingungen mit Widerständen [7], S. 282, [8], [13], S. 312, Berücksichtigung der Längenänderung [4], [6], elastische Nachwirkung (s.d.) und Ueberschreitung der Elastizitätsgrenze [3], [5]. Torsionsschwingungen von Stäben ohne angehängte Masse [2], S. 634, [7], S. 326, [13], S. 814, Torsionsschwingungen in Wellenleitungen von Schiffsmaschinen [12].


Literatur: [1] Coulomb, Recherches théoriques et expérimentales sur la force de torsion etc., Histoire de l'Académie des sciences, 1784, Mémoires, S. 229. – [2] Navier, Résumé des leçons sur l'application de la mécanique, avec des notes et des appendices de Saint-Venant, Paris 1864, S. 631, 686. – [3] Kohlrausch, Ueber die elastische Nachwirkung bei der Torsion, Poggendorffs Ann., 1863, CXIX, S. 337. – [4] Kohlrausch und Loomis, Ueber die Elastizität des Eisens, Kupfers und Messings, insbesondere ihre Abhängigkeit von der Temperatur, Poggend. Ann., 1870, CXLI, S. 481. – [5] Wiedemann, Ueber die Torsion, Wiedemanns Ann., 1879, VI, S. 485. – [6] Baumeister, Experimentelle Untersuchung über Torsionselastizität, Wied. Ann., 1883, XVIII, S. 578. – [7] Weyrauch, Aufgaben zur Theorie elastischer Körper, Leipzig 1885, S. 282, 326. – [8] Koch, Ueber die Dämpfung der Torsionsschwingungen von verschiedenen Metalldrähten, Wied. Ann., 1889, XXXVI, S. 122. – [9] Violle, Lehrbuch der Physik, I, Mechanik, Berlin 1892, S. 416. – [10] Peddie, On torsion oscillations of wires, Phil. Mag. 1894 (5), XXXVIII, S. 36. – [11] Berson et Bonasse, Sur l'élasticité d'un fil osculam, Comptes rendus 1894, CXIX, S. 48 (plötzliche Entfernung aus der Gleichgewichtslage). – [12] Frahm, Neue Untersuchungen über die dynamischen Vorgänge in den Wellenleitungen von Schiffsmaschinen, mit besonderer Berücksichtigung der Resonanzschwingungen, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1902, S. 797, 880. – [13] Wüllner, Lehrbuch der Experimentalphysik, I, Allgem. Physik und Akustik, Leipzig 1907 S. 251, 259, 296, 312, 814.

Weyrauch.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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