- Teermakadam
Teermakadam, eine durch Innenteerung, im Gegensatz zur Oberflächenteerung (s. Straßenbesprengung), widerstandsfähiger und staubfreier gemachte Schotterstraße, deren Herstellung die verschiedensten Ausführungsweisen erfahren hat.
Alle Verfahren haben das Gemeinsame, daß man die Hohlräume der Steinschlagbahn vor dem Einwalzen oder während desselben möglichst vollständig mit flüssigen Teerpräparaten oder andern bituminösen Stoffen unter Verwendung von Steingrus, Sand, Traß oder Zement als Bindemittel auszufüllen sucht, um dadurch die Schottersteine aneinander zu kitten, also ihre gegenseitige Verschiebung möglichst zu vermindern, das Eindringen von Flüssigkeiten in den Straßenkörper zu verhindern und eine langsamere, gleichmäßigere Abnutzung der Oberfläche, also auch geringere Staubbildung zu erzielen.
Bei den in Amerika [3], [10], [14], [15] und England [1], [2], [3], [6], [14] zuerst ausgebildeten, neuerdings auch in Deutschland [2], [3], [4], [7], [8], [9], [12], [13], [14] [16] angewendeten und weiterentwickelten Verfahren lassen sich im wesentlichen die drei nachstehend kurz besprochenen Gruppen unterscheiden, innerhalb derer sich auch wieder Unterschiede im Steinmaterial und in der Verwendungsweise und Art der bituminösen Bindemittel zeigen.
1. Das Aufgußverfahren (in England: »Tar grouted Macadam«, also »Teeraufgußbeschotterung« [14], in Amerika: »penetration method«, also »Eindringungsverfahren« [15] genannt) besteht darin, daß die fertig eingebrachte, aber noch nicht bezw. nur leicht abgewalzte Deckschicht mit dem flüssigen Teerpräparat kalt oder heiß, häufig auch unter höherem Druck, übergossen und dann eingewalzt wird. Dieses Verfahren ist bei Anwendung von Teer nur bei trockener Witterung möglich, da sonst der Teer fortgeschwemmt wird. Diesem Uebelstande sucht das Kitonverfahren [8], [13], [14], [16] von F. Rasching abzuhelfen, indem es ein patentiertes Gemenge von Ton mit Teer, der in der Destillation seine leichtflüchtigen Bestandteile verloren hat, verwendet. Diesem Gemenge schadet etwaiger Regen nicht, da es in Wasser löslich ist und, mit Wasser kalt angerührt, eine schwarze Flüssigkeit ergibt, die die einzuwalzenden Schottersteine und die Sandkörner des beim Einwalzen zu benutzenden Sandes mit einer zähen Schicht überzieht, die mit der Zeit hart wird und dann nicht mehr vom Wasser aufgelöst werden kann. Das 60 prozentige Kitonwasser wird in einem Rührwagen fertig gemischt herbeigefahren und auf die mit Sand überdeckte, einzuwalzende Strecke ausgegossen, wobei das Abfließen auf beiden Seiten der Straße durch einen kleinen Sandwall verhindert wird, der nach Aufsaugung der Flüssigkeit zu dem übrigen Sand gefegt und mit eingewalzt wird. Nach Beendigung des Walzverfahrens läßt man die Straße einige Stunden liegen, bis die Decke trocken geworden ist. Dann wird eine Schutzschicht aus Sand aufgebracht und die Straße kann dem Verkehr übergeben werden. Nach 810 Tagen soll sie so hart geworden sein, daß die Sandschicht entfernt werden kann.
2. Das Füllmasseverfahren (in Amerika: »prepared filler method« [15] genannt) verwendet eine vorbereitete Füllmasse, die aus einem Gemenge sehr klein geschlagener Steine nebst Kies oder Sand mit dem bituminösen Bindemittel besteht, in entsprechender Stärke auf die locker eingebrachte Deckschicht der Straße ausgebreitet und so lange mittels eines Rechens oder einer Egge behandelt wird, bis der Schotter der Deckschicht durch die Füllmasse zu erscheinen beginnt. Dann wird die Straße in üblicher Weise abgewalzt. Aehnlich ist der Pitch Macadam [14] der Engländer, sowie das Gladwell- oder Tarviaverfahren [6], [14], bei welchem zuerst eine etwa 5 cm starke Schicht aus geteerten Steinsplittern und darauf die eigentliche Schotterdeckschicht aus ungeteertem Steinschlag aufgebracht wird. Die letztere drückt sich beim Einwalzen in die geteerte Füllmasse ein, wobei sich die Hohlräume mit dem vorquellenden Teer ausfüllen. Dann wird nochmals eine Schicht geteerter Splitter aufgewalzt und zuletzt ein Teerguß ausgebreitet, der mit Steinsplittern bestreut wird. Auch das Verfahren von Oberbaurat Bacher [12], [14] in Wien ist hier zu nennen, bei welchem ein breiartiges Bindemittel aus bituminösen Stoffen und Sand oder seinem Kies in Schichten von 1,5 bis 2,5 cm Stärke zwischen mehrere einzuwalzende Schotterschichten eingebracht wird.
3. Das Teerschotterverfahren (in England: »Tarmac« [1], [14] und »Tar Concretes« [14], in Amerika: »mixing method« [15] genannt) benutzt Steinschlag, der vor dem Einbau in den Straßenkörper mit dem bituminösen Stoff überzogen wird, indem die Schottersteine gereinigt, erhitzt und dann in Mischmaschinen mit der Teermasse gehörig vermengt, meist in mehreren Schichten gesondert eingebracht und abgewalzt werden. Auch hier sind verschiedene Ausführungsweisen zu unterscheiden.
a) Der sogenannte Tarmac [1], [14] wurde zuerst in England aus kleingeschlagener Hochofenschlacke hergestellt. In Sheffield benutzte man Kalkstein mit Hochofenschlacke gemischt, und zwar in drei Lagen, deren Steine mit einer Mischung von 100 l Teer auf 16 kg Pech getränkt waren. Granitschotter bewährte sich nicht so gut, wegen seiner geringen Aufsaugefähigkeit. An andern Orten begnügte man sich mit zwei Lagen.
b) Bei der Quarrite-Abdeckung [1], [2], [3], [6], [14], die auch in Deutschland Verwendung gefunden hat, wird die Beschotterung aus geteertem Hartgestein in mehreren Schichten eingebracht, abgewalzt und mit einer gewalzten Decklage von 1 cm Dicke aus geteertem Sand oder Grus versehen.
[759] c) Die Bithulitic-Abdeckung [3], [6], [11], [14] ist besonders in Amerika verbreitet. Man sucht bei diesem Verfahren die Hohlräume durch Einbringen von Schotter sehr verschiedener Größe möglichst zu vermindern. Die Schottermengen der einzelnen Schichten werden heiß in besonderen Mischvorrichtungen mit den bituminösen Bindemitteln gemengt und nach der Ausbreitung sofort eingewalzt. Die Oberfläche erhält dann noch einen Ueberguß aus einer schnell seit werdenden bituminösen Masse, die, mit Steinsplittern bestreut, nochmals abgewalzt wird.
d) Beim Verfahren von Aeberli [14] in Zürich wird der Steinschlag besonders vorbereitet. Er wird erhitzt mit dem nicht erhitzten Teer gemischt, dann schichtenweise aufgehäuft und mit gleichfalls geteertem Steingrus in Mengen, wie sie zur Ausfüllung der Hohlräume in der Straßendecke erforderlich sind, überdeckt. Dann bleibt das Ganze einige Wochen unter einer Sanddecke liegen, bis es zur Verwendung als reif erachtet wird.
e) Das Verfahren von Bindewald [4], [14] besteht darin, daß die Hohlräume der aus geteertem Steinschlag in zwei Lagen ausgeführten Beschotterung mit Eisenbeton (1 Teil Zement, 2 Teile Sand und 4 Teile Eisenspäne) ausgefüllt werden, indem er mit Wasser eingespült wird. Dann wird wie üblich gewalzt und die Straße, nachdem sie abgetrocknet ist, dem Verkehr übergeben. Zwei Wochen darauf wird dann noch eine erste und fünf bis sechs Wochen später eine zweite Oberflächenteerung vorgenommen.
f) Das Nassauer Verfahren [9], [14] wurde von Henning ausgebildet. Steinschlag von 4 bis 5,5 cm Korngröße wird vor der Teerung mit 25% Sand von 1 bis 4 mm Korngröße gemengt. Dazu kommen 50% Grobsplitter und 25% Grus. Nachdem jede der Steinsorten für sich in der Maschine gereinigt, entstäubt, getrocknet und mit einer Mischung von Hartpech und Kreosotöl gemengt wurde. Die Einbringung der geteerten Steinmassen erfolgt in zwei Lagen, die gewalzt werden, worauf noch eine Oberflächenteerung ausgeführt wird, die, mit scharfem Sand bestreut, nochmals abzuwälzen ist.
g) Das Pyknoton-Verfahren [14] ist eine Henning und Hambloch patentierte Verbesserung des Nassauer Verfahrens, wobei ein besonderes Dichtungs- und Erhärtungsmittel aus Tuffasche bezw. Traß, Kalkhydrat und Aetzkalk als Pyknoton I der unteren einzuwalzenden Teerschotterschicht durch Aufstreuen beigegeben und als Pyknoton II mit Sand gemengt zur Dichtung der oberen Schicht verwendet wird.
Bezüglich der Bewährung der verschiedenen Ausführungsarten muß auf die angeführte Literatur verwiesen werden.
Literatur: [1] Teermakadam in England, Zeitschr. f. Transportwesen u. Straßenbau 1907, S. 439, 632; 1908, S. 285, 351. [2] W. Schwenke, Quarritepflaster, ebend. 1908, S. 681. [3] Die Zukunftsstraßen der Quarrite- und Bithulitikpflastergesellschaft in Berlin, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Eisenbahnverwalt. 1909, S. 502. [4] E. Bindewald, Die Straßendeckmaterialien der Rheinpfalz, Techn. Gemeindebl. 1909, Heft 24. [5] Moderner Wegebau. Zeitschr. f. Transportwesen u. Straßenbau 1909, S. 592; 1910, S. 8. [6] Walker Smith, Dustless roads Tar Macadam, London 1909; Auszüge daraus von Bernhard, Zeitschr. »Gesundheit« 1909, Nr. 2022. [7] Heß, Die Schutzdecke der Steinschlagstraßen aus Teermakadam, Zeitschr. f. Transportwesen u. Straßenbau 1909, S. 610. [8] Staubfreier »Kiton«-Makadam, Schweiz. Bauztg. 1910, II, S. 158. [9] Henning, Der Teerschotter und seine Anwendung. Zeitschr. f. Transportwesen u. Straßenbau 1910, S. 317, 338, 362, 383, 407, 429 u. 455. [10] Cassinone, Ein Beitrag zur Innenteerung, ebend. 1910, S. 319. [11] Anwendung bituminöser Stoffe für die Herstellung und Unterhaltung von Schotterstraßen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, ebend. 1911, S. 398. [12] J. Bacher, Bericht für den Internationalen Straßenkongreß, Paris 1908. [13] F. Rasching, Die Herstellung von staubfreien Straßen nach dem Kiton-Verfahren, Ludwigshafen a. Rh. 1911. [14] F. Loewe, Die Bekämpfung des Straßenstaubes, Wiesbaden 1910; desgl., Bayer. Industrie- u. Gewerbebl. 1911. [15] Fuchs, Straßenbau und Staubbekämpfung in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Süddeutsche Bauztg. 1913, S. 5,13. [16] Kiton, Zeitschr. d. Verb, deutsch. Arch.- u. Ing.-Ver. 1913, S. 91.
L. v. Willmann.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.