- Wetterwirtschaft
Wetterwirtschaft (Ventilation, Lüftung der Gruben) umfaßt alle Vorkehrungen, welche sich zur Beschaffung der nötigen Luftmenge (Wetterversorgung oder Wetterlosung) und für deren zweckentsprechende Verteilung in den Grubenräumen (Wetterführung) nötig machen, damit jedem Arbeitspunkte frische Wetter zugeführt werden und dadurch der notwendige Wetterwechsel eintritt (s.a. Wetter).
In jeder Grube, welche durch zwei Tageausgänge mit der Oberfläche verbunden ist, tritt ein natürlicher Wetterwechsel ein, veranlaßt durch die Temperaturunterschiede der Luft in der Grube und über Tage. Im Frühjahr und Herbst kann bei kalten Nächten und warmen Tagen die Aenderung der Richtung des natürlichen Wetterzuges, das Umsetzen der Wetter, an jedem Tage zweimal beobachtet werden; es hört der Wetterzug ganz auf (Wetterstockung) und erst allmählich stellt sich (und zwar in der andern Richtung) die mittlere Wettergeschwindigkeit wieder ein. In Schlagwettergruben können sich während der Wetterstockung verhängnisvolle Ansammlungen böser Wetter bilden. Zur Verstärkung des natürlichen Wetterwechsels stehen nur Mittel von geringer Wirkung zur Verfügung. Zuweilen wird die Höhe der Luftsäule in einem der beiden vorhandenen Schächte durch Aufsetzen einer Wetterlutte vergrößert, die wohl mit einem saugenden oder blasenden Wetterhute (vgl. Bd. 6, S. 235, Fig. 11 and 12), den der Wind selbsttätig einstellt, versehen wird. Die Wetterlutte muß in gleicher Weise wie der Sang- oder Blasekanal eines über Tage aufgestellten Ventilators (s. unten) durch einen Schachtverschluß mit dem Schachtraume luftdicht verbunden werden. Damit Wetterstockungen vermieden werden, die Weiterbewegung vielmehr eine bestimmte Richtung beibehält, auch um die Menge der Wetter, die eine Grube durchzieht, zu vermehren, ist es nötig, Ventilatoren (s. Bd. 6, S. 236) oder Wetterösen anzuwenden (künstliche Wetterversorgung). Für Gruben mit schädlicher Gasentwicklung, namentlich Schlagwettergruben, sind die Wettermengen entweder in bezug auf den Kopf der Belegschaft oder die geförderte Menge Kohlen oder aber den Prozentgehalt der ausziehenden Wetter an schädlichen Gasen bergpolizeilich vorgeschrieben; es finden daher an besonderen Wetterstationen in der Grube regelmäßige Wettermessungen, Messungen der Geschwindigkeit des Wetterzuges mittels Anemometern (s. Bd. 1, S. 189) statt. Während die Ventilatoren eine Luftbewegung durch Depression oder Kompression (saugende, blasende Wirkung) erzeugen, wird durch einen Wetterofen die Luft im Wetterschachte (Schacht, in dem die Wetter ausziehen) erwärmt und somit das Gewicht der ausziehenden Wetter erniedrigt. Ueber die Wahl der Ventilatorsysteme und die Aufstellung über oder unter Tage, desgleichen über die Entscheidung wegen saugender oder blasender Wirkung vgl. [1]. Ein Wetterofen besteht aus einer Rostfeuerung, welche in einen besonderen Raum unter Tage eingebaut ist; die heißen Abgase werden dem Wetterschächte zugeführt. Kleinere Wirkungen gleicher Art erreicht man durch Einhängen eines Feuerkorbes (Eisenblechkorb mit einer Koksfeuerung) in den Wetterschacht. Das letztere Verfahren heißt auch kesseln. Die Anwendung von Feuerungsanlagen zur künstlichen Wetterversorgung ist wegen der damit verbundenen Gefahr eines Grubenbrandes und wegen der Beschränkung in der Benutzung des ausziehenden Schachtes in stetem Abnehmen begriffen. Je ausgedehnter und je gefährlicher eine Grube durch Entwicklung schädlicher Gase ist, desto größere Aufmerksamkeit ist der Wetterführung zuzuwenden. Besonders zweckmäßig ist die Teilung der ganzen Wettermenge in eine Anzahl von Weiterströmen, entsprechend den Bauabteilungen; dabei soll jeder Wetterstrom am tiefsten Punkte in die Bauabteilung eintreten, in derselben steigend geführt werden und durch eine Wetterstrecke zum Wetterschächte gelangen. Der Weg ist dem Wetterströme durch Absperrung aller Baue, in die er nicht eintreten soll, vorzuschreiben; völliger Abschluß wird durch gemauerte Wetterdämme oder aus Hölzern und Brettern bestehende Wetterverschläge erreicht. Wettertüren (auch Wetterblenden, Blenden genannt) sperren eine Strecke für die Wetter, gestatten jedoch Fahrung und Förderung; zum sicheren Wetterabschluß wendet man zwei Wettertüren in einigem Abstande an, damit immer eine geschlossen bleibt. Die Verzweigung eines Wetterstromes in zwei Teilströme wird erreicht durch eine Wettertür mit Durchströmungsöffnung oder einen Wettervorhang, welcher nur den oberen Teil des Streckenquerschnittes abschließt. An denjenigen Betriebspunkten, welche seitlich vom Wetterströme liegen, findet nur ein geringfügiger Wetterwechsel durch Diffusion (s. Bd. 2, S. 768) statt. Das Hervorbringen einer Weiterbewegung durch Schlagen mit Reisig (Buschen) oder mit dem Leder (Wedeln) ist nur ein Notbehelf. Entlegene Betriebspunkte, z.B. Aufschlußarbeiten, werden daher entweder als Parallelstrecken aufgefahren oder mit Wetterscheider versehen. Letzteres ist eine Scheidewand aus Segeltuch oder einem Bretterverschlage in der Längsrichtung der Strecke, so daß die Wetter auf der einen Seite dem Arbeitsorte zuströmen und auf der andern Seite wieder abströmen. Ist eine weitgehende Verzweigung des Wetterweges, z.B. in einem Abbaufelde, erforderlich, so wird die Sonderwetterführung (Separatventilation) zu Hilfe genommen, indem kleinere Wettermengen in Röhren (Lutten, Luttenventilation) den Betriebspunkten zugeführt werden. Um dem Wetterströme nicht zu bedeutende Hindernisse in den Weg zu legen, wird bei ausgedehnter Luttenventilation entweder ausblasende Preßluft oder auch ein kleiner, z, B. elektrisch angetriebener Ventilator zur Erzeugung der Luftbewegung in den Lutten zu Hilfe genommen. Kreuzungen von Weiterströmen (Wetterkreuzungen) sind tunlichst zu vermeiden; wo sie nicht zu umgehen sind, werden Wetterbrücken (die Strecken weichen im Liegenden oder Hangenden der Lagerstätte[921] gegenseitig aus) oder weite Lutten in Verbindung mit zwei Wettertüren angewendet (vgl. die Figur).
Literatur: Vgl. die Bd. 1, S. 696, unter Bergbaukunde genannten allgemeinen Lehrbücher. [1] Ihering, A. v., Die Gebläse, 2. Aufl., Berlin 1903.
Treptow.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.