Luftschiffe

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Durch die Erfindung von Charles 1783 hatte man ein Mittel bekommen, um in der Luft zu schweben. Schon 1784 berichtete in der Kommission der Französischen Akademie der Offizier Meusnier eingehend über die Frage der Lenkbarkeit der Luftballone und legte in diesem Bericht die Grundlage des Luftschiffbaues nieder. In diesem Bericht war enthalten, daß der Tragkörper, um dem Ballon in Vortrieb und Lenkbarkeit einen praktischen Wert zu geben, eine längliche Gestalt haben müsse, und zwar mit der Längsachse in horizontaler Richtung; erst dann könne ihm eine genügend große Eigengeschwindigkeit erteilt werden, weil durch diese Form der Gesamtwiderstand klein gehalten werde. Solle der Tragkörper unabhängig von eintretenden Gasverlusten seine Form bewahren, so müsse ihm ein Luftsack eingebaut sein, dessen gepreßte Luft dafür sorge, daß das Gas sich stets unter einem bestimmten [495] Druck befinde. Diese Grundlagen waren schon 1784 festgelegt; trotzdem ist es erst der neueren Zeit vorbehalten geblieben, wirkliche Erfolge auf diesem Gebiete zu erzielen. Es sind zu erwähnen die Versuche von Santos Dumont, Major v. Parseval, Lebaudy und Graf v. Zeppelin.

Ausführungsarten. Man unterscheidet Gerüst- und Pralluftschiffe. Die Hülle eines Luftschiffes wird beansprucht durch den Winddruck und das Gewicht der angehängten Last; sollen diese Kräfte in kontrollierbarer Weise von der Hülle aufgenommen werden, so muß sie eine hinreichende Starrheit besitzen; entweder stellt man sie daher aus starrem Material her oder man verleiht einer losen Hülle diese Eigenschaft, indem der Gasinhalt mittels des Luftsacks unter einem geringen Ueberdruck gehalten wird. Von unserm Gesichtspunkt aus ist es im ersteren Fall gleichgültig, ob die starre Hülle selbst das Gas abschließt oder in ihr noch besondere Gaszellen angebracht sind. Als Kennzeichen ist jedenfalls das starre Gerüst (vgl. Fig. 1 und 2) anzusehen, welches alle äußeren Beanspruchungen aufnimmt, so daß der Gasinhalt unter keinem nennenswerten Drucke steht; Kennzeichen für die zweite Art ist der Ventilator zur Erzeugung des Ueberdrucks (Fig. 4). Einige Schiffe der letzten Art werden häufig mit einem starren Kielträger (Fig. 3) ausgerüstet bezw. ihre Gondel wird möglichst langgestreckt gebaut, um eine günstigere Verteilung der Last auf die Hülle zu erreichen (vgl. Tabelle auf S. 496). Prinzipiell unterscheiden sich diese halbstarren jedoch nicht von den Prallschiffen.

Gerüstluftschiffe (s.d., S. 312) sind nicht so abhängig von ihrer maschinellen Einrichtung, können leichtere Hüllen verwenden, sind sicherer gegen örtliche Verletzungen, haben größere Stabilität und geringere Bauhöhe; dagegen fällt beim Prallschiff das hohe Gerüstgewicht fort, wofür größere Motorkräfte, Geschwindigkeiten und Aktionsradien frei werden, während durch die Möglichkeit, den Ballon genau wie einen Freiballon mittels der Reißbahn zu entleeren, leichteres Bergen beim Sturm sowie Transport mit Wagen gewährleistet wird. Gerüstschiffe der ersten Art, bei denen also die starre Hülle gleichzeitig dem Gasinhalt als Abschluß dient, sind praktisch noch nicht erprobt. Ein eigentliches Gerüstschiff mit besonderen Gaszellen im Innern ist der Zeppelinballon (vgl. Fig. 1). Das Gerüst besteht aus Längsträgern und Querringen aus Aluminiumprofilen und -röhren; durch die Querringe werden Unterabteilungen gebildet, die jede ihren Tragkörper für sich besitzen; die einzelnen Gashüllen stehen lediglich unter dem Druck eines Ventils, um unnötige Gasverluste zu vermeiden. Durch diese Unterteilung ergibt sich ein großer Schutz gegen alle Verletzungen, die[497] sich stets auf die einzelne Gaszelle beschränken; anderseits können aber auch ungleiche Erwärmungen des Gases vorkommen, die eine ungewollte Schräglage des ganzen Systems herbeiführen. Zwischen der äußeren Hülle dieser Schiffe und den eigentlichen Gaszellen wird stets ein Luftraum zum Isolieren gebildet, der Temperatureinflüsse von diesen möglichst fernhält, zuweilen auch als Gasbehälter vorgesehen ist, falls ein Gasaustritt aus den Tragkörpern erfolgt.


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Prallschiffe. Bei den Prallschiffen wird die Hülle wie bei den Freiballonen aus Ballonstoff gebildet, der lediglich größere Festigkeiten aufweisen muß. Stets muß ein Luftsack (Ballonet) vorhanden sein, der die pralle Form bewahrt. Die Größe desselben hängt ab von der gewünschten Leistungsfähigkeit des Schiffes, sowohl in bezug auf den Gasausgleich bei Erreichung großer Höhen als auch für die Diffusion bei langen Fahrten.

Für seine Anordnung sind Stabilitäts- und Gewichtsverhältnisse maßgebend, besonders wenn der Luftsack noch zu Höhensteuerzwecken herangezogen werden soll (s. Steuerung für Luftschiffe).

Die Steuer- und Vortriebsorgane können natürlich bei den Gerüstschiffen an geeigneten Stellen des Gerüstes angebracht werden, bei Prallschiffen hat man bisher nur die Steuer an der Hülle montiert, die Propeller dagegen an den Gondeln beteiligt. Diese Gondeln dienen gleichzeitig als Maschinen- und Aufenthaltsraum für die Leitung des Schiffes. Bei Gerüstschiffen schließen sie sich meist der Gerüstform nach unten an, wodurch eine geringe Bauhöhe möglich wird. Bei Prallschiffen müssen sie für sich gebaut und durch geeignete Takelage (s. Trajektoren) unter der Hülle aufgehängt werden; in diesem Fall wird häufig eine Gitterträgerkonstruktion gewählt. Für die Bemessung des Ventilators ist der gewünschte Druck zusätzlich der Leitungslänge und der Krümmungen sowie die Fördermenge maßgebend; für letztere ist wiederum die Geschwindigkeit bestimmend, mit der das Schiff abwärts fahren soll, denn das Luftvolumen V ändert sich bei v m Sinkgeschwindigkeit in der Sekunde um v · V/8000 cbm/Sek.; das wäre z.B. bei V = 6000 cbm und v = 2 m/Sek. bereits 1,5 cbm/Sek.

Bei den Gerüstschiffen ist eine gleichmäßige Verteilung der Last ohne weiteres durch das Gerüst gegeben, bei den Prallschiffen muß diese durch die Takelung oder durch einen langgestreckten Gondelbau oder durch mehrere Gondeln angestrebt werden. Die Aufhängung selbst geschieht durch einen mit der Hülle vernähten und verklebten Gurt, der mit vielen Löchern versehen ist, durch die eine endlose Schnur zur Bildung der einzelnen Schlaufen hindurchgezogen wird. Beim Siemens-Schuckert-Schiff (Fig. 5), dem größten Prallballon, ist die ganze Takelung dadurch vermieden, daß die Hülle durch Stoffbahnen direkt mit den Gondeln verbunden wird und so gleichzeitig als Kiel wirkt. An weiteren Gerüstluftschiffen sind noch in Deutschland das Schütte-Lanz-Luftschiff und das Projekt des Unger-Luftschiffes, in Frankreich das Spieß-Luftschiff besonders hervorgetreten, während die andern Staaten keine erfolgreichen Konstruktionen zu verzeichnen haben.


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[498] Das Schütte-Lanz-Luftschiff (Fig. 2) verwendet im Gegensatz zum Zeppelin-Schiff als Material gut verleimte Holzfourniere, die, zu geeigneten Gitterträgern zusammengesetzt, bei geringem Gewicht große Festigkeit besitzen und ferner große Arbeit aufnehmen können, was natürlich bei schwierigen Landungen und den unvermeidlichen Stößen sehr vorteilhaft ist. Auch laufen die zur Verbindung der vertikalen Versteifungsringe dienenden Längsträger nicht horizontal, sondern in zwei sich kreuzenden Spiralen um das Schiff herum. Hierdurch wird nicht nur eine große Elastizität erzielt, sondern es besteht weiter die Möglichkeit, das Schiff nicht zylindrisch, sondern mehr torpedoförmig nach den Formen geringsten Luftwiderstandes zu bauen. Größe: 19500 und 23000 cbm.

Das Unger-Luftschiff ist über seine ersten Projekte noch nicht hinausgekommen, es soll lediglich aus Stahlrohr hergestellt werden, und zwar aus festen Längsträgern in Gitterträgerkonstruktion, die horizontal und vertikal innerhalb des Schiffsschnittes angeordnet sind. Infolgedessen müssen die Gaszellen eine lange, schlauchförmige Gestalt erhalten, um die zwischen den Längsträgern freibleibenden Quadranten gut auszufüllen. Dies bringt den Nachteil mit sich, verhältnismäßig viel Hüllenstoff zur Unterbringung derselben Gasmengen zu verwenden.

Das Spieß-Luftschiff besitzt ein Traggerüst aus Holzträgern, die aus viereckigen Streben bestehen, die wiederum aus leichten Holzbrettern stumpf zusammengefügt sind und mit doppelten Leinwandstreifen umwickelt werden. Die Bretter besitzen eine Dicke von 6–12 mm, wiegen bei 8 m Länge 19 kg und tragen eine Belastung von 7 t. Das Schiff besitzt 17 Gaszellen und faßt 16400 cbm Gas.

Bei den Prallschiffen sei noch auf das Siemens-Schuckert-Luftschiff (Fig. 5) hingewiesen, das als größtes bisher ausgeführtes Prallschiff als Besonderheit die Eigenschaft besaß, mit einem ganz geringen Ueberdruck in den Gaszellen fahren zu können, weil die Lallen des Schiffes (Gondeln, Motoren u.s.w.) an den verlängerten Stoffbahnen der Hülle aufgehängt waren und sich der Querschnitt des Schiffes je nach dem Verhältnis zwischen Gasauftrieb und Belastung automatisch vom kreisförmigen bis zum birnenförmigen veränderte, welch letzterer bei der gleichen Oberfläche einen geringeren Inhalt besitzt, so daß die Hülle auch bei Gasverlusten prall blieb. Größe: 15000 cbm (s. Fig. 2 im Art. Hallenbau, S. 361).

Material: Im Luftfahrzeugbau war zunächst Holz und Stoff das einzige Baumaterial. Langsam, aber stetig verdrängt wie überall in der Technik Metall das Holz. Die Gerüstkonstruktionen im Luftschiffbau wie auch in der Flugtechnik werden mehr und mehr in Stahl ausgeführt. In absehbarer Zeit wird auch statt des Bespannungsstoffes irgendein gewalztes Blech Verwendung finden. Anders dagegen bei den Hüllen der Luftschiffe und Ballone. Für alle diese Hüllen kommen in neuerer Zeit nur noch Baumwollgewebe in Frage, nachdem die zuerst verwendeten Seidenstoffe wegen ihrer Empfindlichkeit für den angestrengten Dienst sich als ungeeignet erwiesen haben.

Die Pralluftschiffe, bei denen aus Festigkeitsrücksichten für den Tragkörper die Hülle unter einem bestimmten Ueberdruck steht, verwenden ein sehr dichtes, allerdings auch verhältnismäßig schweres Gewebe, das eine große Gasundurchlässigkeit besitzt. Die Starrluftschiffe, bei welchen die eigentliche Gaszelle unter gar keinem Ueberdruck steht, verwenden als Hüllenstoff ein möglichst dünnes Gewebe, in letzter Zeit fast ausschließlich Goldschlägerhaut. Dies sind die gegerbten und besonders präparierten tierischen Därme, die gegen die sonst üblichen Gewichte von 195–275 g/qm nur ein äußerst geringes Eigengewicht von 12,5 g/qm besitzen, die aber außerordentlich empfindlich sind und namentlich von kleinen Infusorien stark angegriffen werden. In neuerer Zeit hat die Zeppelingesellschaft größere Einrichtungen getroffen, um in Verbindung mit größeren Schlachthäusern die Därme frisch verarbeiten zu können; es lassen sich bei Gerüstschiffen durch Verwendung der Goldschlägerhaut zu den Hüllen der Gaszellen Gewichtsersparnisse von etwa 600 kg erzielen.

Grundbedingung für Baumwollgespinste ist ein leichtes, dichtes leinwandbindiges oder diagonales Gewebe mit gleich starkem Faden und etwa gleicher Fadenzahl in Schuß und Kette. Die Undurchlässigkeit gegen Gas wird durch Tränken mit einem Dichtungsmittel (Leinölfirnis oder in Benzin getränktem Paragummi) erzeugt; bei einfachem Stoff wird die Innenseite mit der Lösung behandelt, bei doubliertem Stoff befindet sie sich dazwischen. Bei doppelten Stofflagen[499] werden die Gewebefäden diagonal gegeneinander verlegt; als Farbe dient Gelb, weil dieses die Strahlen zurückhält, welche die Gummierung chemisch zersetzen und dadurch die Dichtigkeit gefährden. In neuerer Zeit werden die Hüllen häufig noch mit einer seinen Metall-(meist Aluminium-) Folie bewalzt. Endlich sind noch die dünnen Patentgummihüllen der kleinen Pilotballone zu erwähnen.


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Literatur: [1] Wegner von Dallwitz, Hilfsbuch für Luftschiff- und Flugmaschinenbau, Rostock 1910. – [2] Moedebeck, Taschenbuch s. Flugtechniker und Luftschiff er, Berlin 1911. – [3] Eberhard:, Theorie u. Berechnung von Motorluftschiffen, Berlin 1912. – [4] Neumann, Die internationalen Luftschiffe, Oldenburg 1912. – [5] Motorluftschiff-Studiengesellsch., Jahrbücher 1910–1913. – [6] Vorreiter u. Boykow, Jahrbuch der Luftfahrt, München 1912. – [7] Rasch u. Hormel, Taschenbuch der Luftflotten, mit besonderer Berücksichtigung der Kriegsluftflotte, München 1914. – [8] Hübener, Zeitschr. »Kunststoffe«, Berlin 1913. – [9] Béjeuhr, Ila-Denkschr., 2. Bd., Berlin 1912.

Béjeuhr.

Fig. 1.
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Fig. 2.
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Fig. 3.
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Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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