- Fallschirm [1]
Fallschirm, wurde von Leonardo da Vinci 1480 [1] erfunden, in späterer Zeit (1784) zunächst von dem Franzosen Sebastien Lenormand in Montpellier der Akademie zu Lyon als Ergebnis seiner Versuche, mit Schirmen ohne Beschädigung von hohen Punkten herabzuspringen, vorgelegt.
Die Anschauung, der Fallschirm vertrete ein Rettungsmittel für Unfälle, die bei Ballonfahrten eintreten können, ist eine irrige, denn einmal kann man der entstehenden Ueberlastung wegen des Ballons nicht für jeden Passagier einen Fallschirm mitnehmen; dann aber spielen sich bei einer Katastrophe die Momente in so unglaublich kurzer Zeit ab, daß eine Benutzung des Fallschirms schon deswegen ausgeschlossen erscheint, abgesehen von der Unmöglichkeit, diesen hierbei von dem in Unordnung geratenen Tauwerk loszunesteln. Fallschirme sind bisher nur für einzelne Personen angefertigt worden. Erfahrungen haben ergeben, daß für ein Gesamtgewicht von 100 kg (Mensch- und Fallschirmgewicht) eine Fläche von 12 m Durchmesser, die bei konkaver Wölbung sich auf 10 m Durchmesser reduziert, also 80 qm gewölbter Fläche erforderlich sind, um einen Fall von 1 m pro Sekunde herbeizuführen. Um für sichere Entfaltung des Fallschirms Gewähr zu bieten, hat Yon in der Mitte desselben einen Gurt angebracht, der bis zum Sitz herabreicht und von dem zunächst das Gewicht des Luftschiffers getragen wird. Hierdurch wird erklärlicherweise die Peripherie des Schirmes entlastet, und ihre Schnüre, die ebenfalls zum Sitz des Luftschiffers hinführen, hängen lose. Erst bei voller Oeffnung des Schirms wird die Last von den Schnüren der Peripherie getragen, während der Gurt nun wegen Verkürzung des Abstandes zwischen Schirmmitte und Last lose hängt. Der Fallschirm hat in seiner Mitte ein kleines Abzugsloch für die Luft, wodurch starke Pendelungen desselben vermieden werden.
Zur Verbesserung des Fallschirms schlug Hengler 1832 vor [3], die Fallfläche anstatt konkav konvex zu gestalten, zur Beseitigung der Pendelungen. Er will auch selbst gelungene Versuche mit solcher Form angestellt haben. Der Engländer Cocking, der 1836 dieselbe Idee zur Ausführung brachte, kam dabei um; der Fallschirm pendelte so stark, daß der Korb abriß und Cocking herabstürzte [4]. Eine neuere Verbesserung hat Popper vorgeschlagen [5]; er teilt die konkave Fläche durch senkrecht darin angebrachte Scheidewände in vier gleiche Teile und versieht jeden Teil am Mittelpunkt des Schirms mit einem Abzugsloch für die Luft. Bei dieser Konstruktion ist ein Pendeln nicht möglich, wie man sich leicht an Modellen überzeugen kann. Es sind fernerhin auch Vorschläge gemacht worden, den Fallschirm lenkbar zu machen,[596] so durch Renard [6], jedoch sind ernsthafte Projekte dieser Art nicht zur Ausführung gelangt. Köppen hat erfolgreiche Versuche mit einem rotierenden Fallschirm angestellt [7].
Literatur: [1] I Manoscritti di Leonardo da Vinci, Codice sul volo degli Uccelli, herausgegeben von T. Sabachnikoff, Paris 1894. [2] Entwicklung der Fallschirmtechnik von Moedebeck, Prometheus, 1. Jahrg., Nr. 9. [3] Zeitschr. des deutschen Vereins zur Förderung der Luftschiffahrt, 5. Jahrg., 1886, und 2, 1887. [4] Astra Castra von Hatton Turnor, London 1865. [5] Popper, Josef, Flugtechnik, Berlin 1889. [6] Revue de l'aéronautique, Paris 1889. [7] Moedebeck, Taschenbuch für Flugtechniker und Luftschiffer, Berlin 1904.
Moedebeck.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.