Parabelträger [2]

Parabelträger [2]

Parabelträger, Balkenfachwerkträger, deren Gurte einer Parabel eingeschrieben und über den Auflagern zusammengeführt sind, zum Unterschiede von dem Halbparabelträger (s.d.) oder abgestumpften Parabelträger, wo letzteres nicht der Fall ist.

Sind beide Gurte in entgegengesetztem Sinne gekrümmt, so daß in der Trägermitte die größte Trägerhöhe vorhanden ist, so entsteht ein Linsenträger (s.d.) oder Fischträger, bei gleichsinniger Krümmung ein Sichelträger. Die häufigste Anwendungsform ist aber jene, bei welcher nur ein Gurt parabolisch, der andre hingegen gerade ist. Solcherart waren auch die ersten, insbesondere in England zur Ausführung gebrachten krummgurtigen Fachwerkträger, welche als Bowstringträger bezeichnet wurden. Die deutsche Bezeichnung Bogensehnenträger (s.d.) wird aber jetzt auch auf Bogenträger mit Zugband angewendet. Der gerade Gurt des Parabelträgers erfährt bei gleichmäßig verteilter Vollbelastung durchaus gleiche Spannung, der polygonale Gurt gegen die Trägerenden hin etwas vergrößerte Spannung. Die Ausfachungsstäbe sind nur schwach, am stärksten in den mittleren Feldern beansprucht. Ueber die Vor- und Nachteile der Parabelträger für Brückenüberbauten s. Brücken, eiserne. – Der Parabelträger kann auch als kontinuierlicher Träger über mehrere Oeffnungen ausgeführt werden. Formt man hierbei die Gurtungen nach zwei sich durchschneidenden Parabeln, so läßt sich erreichen, daß an jeder Stelle die Höhe des Trägers dem daselbst herrschenden Momente für Vollbelastung proportional ist, die Horizontalkomponenten der Gurtkräfte sonach durchaus gleich werden. Für teilweise Belastung würde allerdings die Höhe in der Nähe der Durchschneidungspunkte der Gurte nicht genügend sein und müssen an diesen Stellen besondere Verstärkungen angeordnet werden. Der kontinuierliche Parabelträger wurde zuerst von Ruppert 1867 in Vorschlag gebracht und für ein Projekt einer Bosporusbrücke (s. die Literatur) angewendet. Gerber hat die dieser Trägerform zugrunde liegende Idee auch auf den kontinuierlichen Gelenkträger ausgedehnt (Straßenbrücke über den Main bei Haßfurt).


Literatur: Ruppert, v., Neues System s. Eisenbrücken großer Spannweite, Wien 1867.

Melan.

Graphische Berechnung. Parabelträger können nach dem allgemeinen Verfahren wie die Halbparabelträger (s.d.) berechnet werden. Bei gleichlangen Feldern ergeben sich aber, wenn eine Gurtung gerade ist, für das gleichmäßig verteilte Eigengewicht und für eine gleichförmige Verkehrslast (wie bei Straßenbrücken) ziemliche Vereinfachungen. In diesem Falle sind die Grenzwerte der Gurtungskräfte den Längen der Gurtungsstäbe proportional; und zwar ist die kleinste Gurtungskraft gleich g l2 s : 8 f h und die größte gleich g l2 s : 8 f h (g = Eigengewicht, q = volle Belastung pro Längeneinheit, l = Stützweite, h = Höhe des Trägers in der Mitte bezw. Pfeil der Parabel, auf der die Knotenpunkte der gekrümmten Gurtung liegen, f = Feldlänge, s = Stablänge). Das nämliche gilt von den größten Strebenkräften; sie sind gleich p l s : 8 (l + f) h; (p = zufällige Last pro Längeneinheit). Die kleinsten Strebenkräfte sind, wenn Gegenstreben angewendet werden, gleich Null, dagegen wenn diese fehlen, ebensogroß, aber entgegengesetzt wie die größten Kräfte. Für die Pfosten ergeben sich bei geradem Untergurt die größten Zugkräfte konstant gleich q f, und die größten Druckkräfte können genähert nach der für die Streben gültigen Formel berechnet werden; man erhält die Kräfte hierbei stets etwas zu groß. – Besteht die zufällige Last aus einer Reihe von Einzellasten (Eisenbahnbrücke), so berechnet man die Gurtungen aus den Maximalmomenten in bezug auf die Knotenpunkte oder wie oben unter Zugrundelegung des der Stützweite entsprechenden Belastungsgleichwertes. Bei den Streben und Pfosten ist die Kurve der größten Querkräfte zu zeichnen, und daraus sind die größten Stabkräfte abzuleiten (s. Halbparabelträger). Besitzt der Träger Gegenstreben, so sind für die Pfosten überdies die größten Zugkräfte zu ermitteln; sie treten ein, wenn die ganze Spannweite belastet ist, und lassen sich auch hier genau genug gleich q f setzen.


Literatur: Culmann, Graphische Statik, Zürich 1866; Ritter, A., Elementare Theorie und Berechnung eiserner Dach- und Brückenkonstruktionen, Hannover 1873; Tetmajer, Aeußere und innere Kräfte, Zürich 1875; Winkler, Theorie der Brücken, Heft 2, Wien 1881; Müller-Breslau, Die graphische Statik der Baukonstruktionen, Bd. 1, Stuttgart 1905; Ritter, W., Anwendungen der graphischen Statik, 2. Teil, Zürich 1890; Keck, Graphische Statik, Hannover 1894.

Mörsch.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Parabelträger [1] — Parabelträger heißen Fachwerke (s.d., Bd. 3, S. 533), deren Gurtungsachsen Parabeln mit vertikaler Achse durch die Trägermitte eingeschrieben sind und sich an beiden Enden treffen (vgl. Halbparabelträger). Da sich auch eine Gerade als Parabel… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Brücken [3] — Brücken , eiserne. Darunter verlieht man alle jene Brückenbauwerke, deren Ueberbau aus Eisen hergestellt ist. Sie bilden vermöge der Häufigkeit ihrer Anwendung, der damit erzielbaren Leistungen, dann vermöge der Ausbildung ihrer Theorie und… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Eiserne Brücken — (iron bridges; ponts en fer; ponti in ferro). Zu den E. werden alle jene Brückenbauwerke gezählt, deren Überbau aus Eisen hergestellt ist; der Unterbau (Pfeiler und Widerlager) kann dabei entweder ebenfalls aus Eisen, aus Holz oder, wie es in der …   Enzyklopädie des Eisenbahnwesens

  • Paulische Träger — sind Balkenfachwerke (s.d.) mit einer Oeffnung, bei welchen alle Stäbe einer Gurtung oder beider Gurtungen gleiche Maximalbeanspruchungen erleiden. Man wollte hierdurch konstante Gurtungsquerschnitte und möglichst vorteilhafte Ausnutzung des… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Fachwerk [1] — Fachwerk (Fachwerkträger) heißen in der Ingenieurmechanik solche Träger (s.d.), die aus lauter an den Enden miteinander verbundenen geraden Stäben bestehen (Fig. 1–32). Man unterscheidet ebene Fachwerke und räumliche Fachwerke. Bei ersteren… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Träger [1] — Träger. Ein Träger ist ein materielles System (s. Bd. 6, S. 333), welches zur Aufnahme und Uebertragung von Lasten und andern äußeren Aktivkräften auf außerhalb desselben gelegene Stützen dient (vgl. Spannweite, Aktivkräfte, Belastung der Träger …   Lexikon der gesamten Technik

  • Frei aufliegende Balken — (Träger). Alle mit voller oder durchbrochener Wandung (Vollwand , Gitter oder Fachwerksträger) ausgeführten Träger, die auf zwei festen Stützen derart gelagert sind, daß zum mindesten der Druck auf eine der beiden Stützen stets lotrecht gerichtet …   Enzyklopädie des Eisenbahnwesens

  • Ellipsenträger — und Halbellipsenträger heißen Balkenfachwerke (s.d.), bei denen eine Gurtung horizontal, die andre einem Ellipsenbogen eingeschrieben ist (Fig. 1 und 3), oder bei welchen beide Gurtungen Ellipsenbogen eingeschrieben sind (Fig. 2 und 4). Bei… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Fachwerk [2] — Fachwerk. (Graphische Berechnung.) Hinsichtlich der Definition von Fachwerk wird auf die Art. Fachwerk, Fachwerkträger u.s.w. verwiesen. In nachfolgendem sind ausschließlich Balkenfachwerke mit einer Oeffnung in Betracht gezogen. Ueber Fachwerke …   Lexikon der gesamten Technik

  • Grenzwerte [2] — Grenzwerte einer Beanspruchung oder sonstigen Größe B (Stabkraft, Spannung, Stützenreaktion u.s.w.) bei veränderlichen Einwirkungen (Belastung u.s.w.) nennt man in der Ingenieurmechanik diejenigen beiden Werte von B, zwischen welchen alle sonst… …   Lexikon der gesamten Technik

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”