Parabelträger [1]

Parabelträger [1]

Parabelträger heißen Fachwerke (s.d., Bd. 3, S. 533), deren Gurtungsachsen Parabeln mit vertikaler Achse durch die Trägermitte eingeschrieben sind und sich an beiden Enden treffen (vgl. Halbparabelträger). Da sich auch eine Gerade als Parabel ansehen läßt, so können parabolische Segmentträger (Fig. 1, 4, 5), Linsenträger (Fig. 2) und Sichelträger (Fig. 3) entstehen. Wird der Parabelträger, wie gewöhnlich, mit Vertikalen angeordnet (als Ständerfachwerk, z.B. Fig. 25) und bezeichnen n die Anzahl der gleichlangen Felder, h die größte Trägerhöhe (größte Vertikalenlänge), so hat man die Länge der m-ten Vertikale von einem Trägerende an [2], S. 63:

hm = m(nm)4f/n2,

1.


worin bei gerademnf = h
bei ungerademnf = h n2/(n2 – 1)

2.


Parabelträger kommen bei Brücken und Dächern vor, meist als Balkenfachwerke (s.d.), in der Form von Sichelträgern aber auch als Bogenfachwerke (s.d.). Die Stützpunkte liegen stets an den Enden. Der bei Bogenträgern auftretende Horizontalschub hat keinen Einfluß auf die Beanspruchung der Diagonalen, so daß diese Glieder für parabolische Balkenträger und Bogenträger von gleicher Anordnung und Belastung gleich beansprucht sind und auch ihre Grenzbeanspruchungen bei bewegter Last sich nach den gleichen Formeln ergeben [3], S. 104.

Der gewöhnlichste Fall eines Parabelträgers ist in Fig. 4 und 5 angedeutet. Spannweite l = n λ bei gerader oder ungerader Felderzahl. Im folgenden genügt der Symmetrie halber die Berechnung der ersten Trägerhälfte, xm, dm mögen die Längen des Obergurtstabs und der Diagonalen im m-ten Felde bedeuten. Wirkt auf die ganze Spannweite eine gleichmäßig verteilte Last von g pro Längeneinheit (z.B. das Eigengewicht), wovon gz auf die Knotenpunkte des Untergurts zu rechnen sei, so hat man die Beanspruchungen der Stäbe von den Längen xm, λ, dm, hm des Feldes m:


Parabelträger [1]

3.


[22] Kann außer der auf die ganze Spannweite gleichmäßig verteilten Last von g pro Längeneinheit (Eigengewicht) auf beliebige Strecken derselben eine gleichmäßig verteilte Last von p pro Längeneinheit dieser Strecken wirken (Verkehrslast), so drücken vorstehende Xm, Zm die unteren Grenzbeanspruchungen der Gurtungsstäbe aus, während man mit q = g + p für die oberen Grenzbeanspruchungen derselben hat:


Parabelträger [1]

Die Grenzbeanspruchungen der Diagonalen sind:


Parabelträger [1]

und diejenigen der Vertikalen:


Parabelträger [1]

Eine Ausnahme macht bei gerader Felderzahl die mittlere Vertikale, für welche die Grenzbeanspruchungen:


Parabelträger [1]

Anstatt 5., 6. kann man etwas zu ungünstig setzen:


Parabelträger [1]

Ableitung der gegebenen Formeln und der entsprechenden für andre Stellung der Diagonalen in ihren Feldern, für Segmentträger mit horizontalem Obergurt, Linsenträger und Sichelträger [2], §§ 41, 42, Beispiele der Anwendung [3] B 54, 57. Berechnung für bewegte Radlastzüge [3], B 55, mit Lastäquivalenten p anstatt Radlastzügen [3], B 56, für schiefen Winddruck [3], B 57. Die Gleichungen 5., 8., wie die entsprechenden für andre Fälle, zeigen, daß sämtliche Diagonalen des Parabelträgers einfachen Systems sowohl Zug als Druck erleiden können. Sollen sie nur für Zug widerstandsfähig hergestellt werden, so sind in allen Feldern Gegendiagonalen nötig (s.d. und Fig. 2). Wenn bei ungerader Felderzahl keine Gegendiagonalen angewendet werden, muß die eine der im mittleren Felde von Fig. 5 zur Herstellung der Symmetrie angedeuteten zwei Diagonalen wirkungslos bleiben, was sich durch Verbindung mit Schrauben in länglichen Löchern erreichen läßt (vgl. Parallelträger). Werden jedoch in jedem Felde zwei auf Zug und Druck widerstandsfähige Diagonalen angeordnet, so entsteht ein Parabelträger doppelten Systems (s. z.B. Fig. 3), für welchen auf Grund der Zerlegung in einfache Systeme (s. hierüber Bd. 3, S. 543) analoge Formeln wie die obigen abgeleitet wurden [2], §§ 96, 97, Beispiele der Berechnung [3], B 122–124.

Selbstverständlich gelten die unter Fachwerke, statisch bestimmte (Bd. 3, S. 548) und statisch unbestimmte (Bd. 3, S. 551), Fachwerke mehrfachen Systems (Bd. 3, S. 543), Balkenfachwerke (Bd. 1, S. 526) und Bogenfachwerke (Bd. 2, S. 161), Grenzwerte (Bd. 4, S. 626) angeführten Formeln und Berechnungsmethoden in den betreffenden Fällen auch für Parabelträger. Für parabolische Balkenfachwerke einfachen Systems mit Vertikalen läßt sich auf Grund obiger und analoger Formeln aussprechen [2], S. 133, 134: Ist ein Parabelträger auf der ganzen Spannweite gleichmäßig belastet, dann sind die Beanspruchungen aller Diagonalen gleich Null und die Beanspruchungen der Gurtungsstäbe proportional ihren Längen; die Beanspruchungen der Vertikalen haben gleichen Wert, falls wie gewöhnlich das Verhältnis der Knotenpunktlasten im Obergurt und Untergurt für alle als gleich gilt. Wenn bei gleichmäßig auf die Spannweite verteiltem Eigengewicht die Verkehrslast mit p pro Längeneinheit auf die ergriffene Strecke gleichmäßig verteilt ist, dann sind die Horizontalkomponenten der Grenzbeanspruchungen aller Diagonalen und die beiden Grenzbeanspruchungen jeder bestimmten Diagonale dem Zahlenwerte nach proportional p, also bei gleichem p numerisch gleich. In letzterem Falle sind sowohl die Grenzbeanspruchungen der Diagonalen unter sich, als die oberen Grenzbeanspruchungen und unteren Grenzbeanspruchungen der Gurtungsstäbe je unter sich proportional den Stablängen. Diese Sätze ergeben sich auch für Parabelträger doppelten Systems mit gekreuzten Diagonalen (z.B. Fig. 3), wenn die Berechnung, auf Grund der Zerlegung in einfache Systeme erfolgt [2], §§ 96, 97. – Ueber parabolische Bogenfachwerke s. Bogenfachwerke und [2], §§ 75, 79; [3], B 91, 96, 97; [8], II, S. 199.


Literatur: [1] Winkler, Theorie der Brücken, II Theorie der gegliederten Balkenträger, Wien 1880, S. 127–155. – [2] Weyrauch, Theorie der statisch bestimmten Träger für Brücken und Dächer, Leipzig 1887, S. 63, 131, 133, 334, 336. – [3] Ders., Beispiele und Aufgaben zur Berechnung der statisch bestimmten Träger für Brücken und Dächer, ebend. 1888, S. 104, 239–254, 307, 320, 507–511. – [4] Bittner, Einflußlinien für die Spannungen der Gitterstäbe beim Parabelträger, Zeitschr. d. Oesterr. Ing.- u. Arch.-Vereins 1897, S. 449. – [5] Die kubische Parabel als Trägerform, Centralbl. d. Bauverwaltung 1899, S. 19, 180, 230 (vgl. hiezu Paulische Träger und Ellipsenträger). – [6] Landsberg, Die Statik der Hochbaukonstruktionen (Handb. d. Architektur, 1. Teil, 1. Bd., Heft 2), Stuttgart 1899, S. 190. – [7] Häseler, Der Brückenbau, 1. Teil, 4. Lief.,[23] Braunschweig 1900, S. 459, 464, 539. – [8] Müller-Breslau, Die graphische Statik der Baukonstruktionen, I, Leipzig 1901, S. 291; II, Leipzig 1903, S. 199.

Weyrauch.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 4., Fig. 5.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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