Siedethermometer

Siedethermometer

Siedethermometer (Kochthermometer, Thermobarometer, Thermohypsometer), ein Apparat zur Bestimmung des Luftdrucks aus der Siedetemperatur des Wassers.

Die Siedetemperatur des Wassers ist abhängig von der Größe des Luftdrucks, wie die Zahlen der nachstehenden Tabelle veranschaulichen.


Siedethermometer

Die Angaben der beiden ersten Spalten sind einer in [1] enthaltenen, nach Beobachtungen von Regnault durch Broch [2] berechneten und nach Wiebe [3] verbesserten Tabelle entnommen. Eine Tabelle nach [2] findet sich auch in [4]. In neuester Zeit sind nach Untersuchungen und Berechnungen von Ekholm Tabellen aufgestellt, deren Angaben in vielen Fällen mehr als 0,5 mm höher sind als die der zuerst genannten [5]. Da die Beziehungen zwischen der Siedetemperatur des Wassers und dem Luftdruck bekannt sind, kann dieser mit Hilfe eines Siedethermometers bestimmt werden. Die Siedetemperatur wird im Dampfraum und nicht unmittelbar im siedenden Wasser gemessen, weil dessen Temperatur die Siedetemperatur, welche durch den äußeren Luftdruck bedingt wird, in der Regel etwas übersteigt.

Die Figur im Maßstab von etwa 1 : 6 zeigt ein kleines, für Reisezwecke geeignetes Siedethermometer von v. Danckelmann-Fueß. Es besteht aus dem Siedeapparat und dem Thermometer. Zubehörstücke sind ein Doppelbehälter B für Wasser und Spiritus sowie hier nicht dargestellte Verpackungs- und Schutzvorrichtungen. Das im Boden und im Deckel mit Zu- und Abluftlöchern versehene Kochgefäß K trägt unten die Spirituslampe L und darüber den Siedekessel S mit der Dampfröhre R, die von dem Mantel M umgeben ist. In der Dampfröhre hängt das Thermometer T; es ist in der Figur nochmals besonders dargestellt. Das Thermometer wird durch einen Gummiring G gehalten. Zur Vermeidung einer Korrektion für die Temperatur des Quecksilberfadens läßt man das Thermometer nur so weit aus der Röhre herausragen, daß man genau ablesen kann. Vgl. hierzu [6] und [1], S. 195. Das Wasser wird durch eine mäßig hohe, die unbenetzten Teile des Siedekessels nicht berührende Flamme zum Sieden gebracht. Bei sehr großen Flammen hat man als Folge eines Ueberdrucks im Kessel oder auch einer Ueberhitzung des Wasserdampfes unrichtige Thermometerangaben beobachtet. Der Dampf steigt dem Thermometer entlang in die Röhre R, dringt durch Oeffnungen in den Raum zwischen der Röhre und dem Mantel M und entweicht durch Oeffnungen im unteren Teile des Mantels. Die Ablesung wird genommen, wenn das Quecksilber seinen Stand nicht mehr ändert und nachdem durch leichtes Klopfen an dem Thermometer eine sichere Einteilung erreicht wurde. Um Quecksilberteilchen, welche beim Sieden etwa abdestilliert und im oberen Teile der Glasröhre zurückgeblieben sein sollten, wieder mit dem Faden zu vereinigen, kehrt man das Thermometer nach Beendigung der Beobachtungen rasch um. Die Thermometer sind derart geteilt und beziffert, daß sie entweder die Siedetemperatur oder unmittelbar die Größe des Luftdrucks anzeigen. Die Anordnung der Reifeinstrumente läßt meistens eine Verwendung für Temperaturen von 85° bis 101° oder für Luftdrucke von etwa 400 mm bis 800 mm zu. In diesem Umfange entfallen nach vorstehender Tabelle Luftdruckunterschiede von rund 17 mm bis 28 mm auf 1° Temperaturunterschied. Zur Bestimmung des Luftdrucks auf 0,2 mm bis 0,1 mm sind deshalb sehr seine und sorgfältig geprüfte Thermometer erforderlich. Die Angabe des abgebildeten Thermometers ist 2 mm; 0,2 mm kann man schätzen. Eine Angabe von 1 mm ist für die Ablesung bequemer. Wenn bei dem abgebildeten Instrumente[108] Gradteilung vorhanden wäre, würde die Gradlänge etwa 8,5 mm sein. Die Thermometer müssen frei sein von thermischen Nachwirkungen (s.d.). Diese sind abhängig von der Glasart und werden fast vollständig vermieden durch Verwendung des Jenenser Borosilikatglases. Vgl. hierzu die Art. Glas, Bd. 4, S. 547, und Thermometer, sowie die dort angegebene Literatur. Ferner s. [7], wo über Versuche berichtet wird, die eine außerordentlich große Konstanz der aus Jenenser Glas 59 III hergestellten Thermometer ergeben haben. – Die zweckmäßige Anordnung der Siedethermometer ist in [8] untersucht. Das nach den Ergebnissen der Untersuchungen angefertigte Instrument hat Doppelsiedekessel, Ausziehdampfrohr und im unteren Ende des inneren Rohres ein kleines Drahtnetz, damit kein Spritzwasser an das Quecksilbergefäß gelangen kann. Der Kessel kann auch über gewöhnlichem Feuer angeheizt werden, nachdem er am oberen Ende mit einem Asbestring versehen ist.

Die Tabellen in [1] bis [4] geben den Luftdruck in Millimeter Quecksilber von 0° und normaler, auf 45° Breite und das Meeresniveau bezogener Schwere an. Diesen Tabellen entsprechen auch die Teilungen und Bezifferungen derjenigen Thermometer, die den Luftdruck unmittelbar anzeigen. Die Angaben des richtig funktionierenden Siedethermometers können also ohne weiteres zu Höhenbestimmungen verwendet werden; s. Barometrische Höhenmessung unter Höhenmessungen. Insbesondere benutzt man das Siedethermometer auf Reisen zur Prüfung der Angaben der Federbarometer (s.d.). Durch Gebrauch mehrerer sich kontrollierender Thermometer unter genügender Vorsicht bei der Beobachtung läßt sich der für die Prüfung erforderliche Barometerstand bis auf einige Zehntelmillimeter ermitteln. Daher wird das Siedethermometer neuerdings für Reisezwecke mehr empfohlen als das schwieriger zu transportierende Quecksilberbarometer. Vgl. [9]; wertvolle Erfahrungen in [10].

In neuerer Zeit hat das Siedethermometer, dessen Angaben von der Schwerkraft unabhängig sind, noch an Bedeutung gewonnen. Von Mohn wurde gezeigt, daß schon durch Vergleichung: einer mäßigen Anzahl Beobachtungen an empfindlichen Thermometern (30 mm Gradlänge und 0,02° Angabe) und an Quecksilberbarometern (s.d.) die Schwereverbesserung der letzteren mit einer Genauigkeit von einigen Hundertstelmillimetern ermittelt werden kann. Er wies ferner auf die Möglichkeit hin, aus den Unterschieden der Siedethermometer- und Quecksilberbarometerbeobachtungen die Intensität der Schwerkraft (s. Schwere) da zu bestimmen, wo Pendel nicht benutzt werden können, wie zu Schiffe auf dem Meere [11]. Es sind dann solche Bestimmungen, relative Schweremessungen, durch Hecker auf dem Atlantischen, Stillen und Indischen Ozean mit Erfolg ausgeführt worden. Die Thermometer waren aus Jenenser Glas 59 III gefertigt und in 0,01° geteilt. Die Gradlängen betrugen 41–46 mm. Die Ablesung erfolgte mit einem Fernrohr von zwanzigfacher Vergrößerung. Vor Beginn der Reise wurden die Thermometer sorgfältig geprüft durch Vergleichungen mit Normalthermometern, durch Bestimmung der Kaliberkorrektionen, Untersuchung der Konstanz der Thermometer und durch Ermittlung der Fehlerquellen beim Sieden. Die letzte Untersuchung erstreckte sich auf den Einfluß des herausragenden Fadens, der Flammenhöhe, des Abstandes von Drahtnetz und Thermometergefäß und der Abnahme des Wassers im Kochgefäß. Näheres s. [12]–[14]. Vgl. a. Schwere.


Literatur: [1] Landolt-Börnstein, Physikalisch-chemische Tabellen, 3. Aufl., Berlin 1905. – [2] Travaux et mémoires du bureau international des poids et mesures 1, A, Paris 1881. – [3] Wiebe, Tafeln über die Spannkraft des Wasserdampfes zwischen 76° und 101,5°, bezogen auf das Luftthermometer, 2. Ausg., Braunschweig 1903; vgl. a. Zeitschr. f. Instrumentenkunde 1893, S. 329. – [4] Jordan, Handbuch der Vermessungskunde u.s.w., Bd. 2, 6. Aufl., Stuttgart 1904. – [5] Arkiv för Matematik, Astronomi och Fysik, utgifvet af K. Svenska Vetenskapsakademien i Stockholm, Upsala und Stockholm 1908, Bd. 4, Nr. 15; Ekholm, Ueber das Psychrometer, I, und Nr. 29; Ders., Spannkraft des gesättigten Wasserdampfes und Eisdampfes (hiervon auch Sonderabdruck), Berlin. – [6] Rimbach, Zur Korrektion der Thermometerablesungen für den herausragenden Faden, Zeitschr. f. Instr. 1890, S. 153. – [7] Hecker, Unters. der Konstanz von Siedethermometern aus dem Glase 59 III, ebend. 1901, S. 133. – [8] Grützmacher, Unters. und Verbesserungen Fueßscher Siedeapparate zum Höhenmessen, ebend. 1897, S. 193. – [9] Jordan, Vergleichung zweier Siedethermometer mit Quecksilberbarometern, ebend. 1890, S. 341. – [10] Hartl, Vergleichung von Quecksilberbarometern mit Siedethermometern, Mitt. d, k. k. mil.-geogr. Inst. 1892, oder desgl., Sonderabdruck, Wien 1893. – [11] Mohn, Das Hypsometer als Luftdruckmesser und seine Anwendung zur Bestimmung der Schwerekorrektion, Christiania 1899. – [12] Bericht über die Tätigkeit des Zentralbureaus der internationalen Erdmessung im Jahre 1901, Berlin 1902. – [13] Veröffentlichung des kgl. preuß. geod. Inst., Hecker, Bestimmung der Schwerkraft auf dem Atlantischen Ozean u.s.w., Berlin 1903. – [14] Verhandlungen u.s.w. der internationalen Erdmessung in Budapest 1906, 2. Teil, S. 242, Berlin 1908; Hecker, Bericht über die Schwerkraftmessungen auf dem Meere.

Hillmer.

Siedethermometer

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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