Malz

Malz

Malz, durch Einweichen in Wasser zur Keimung gebrachtes Getreide. Die Hauptgetreidesorten, die bei der Malzbereitung Verwendung finden, sind die Gerste und der Weizen. Von den verschiedenen Gerstensorten eignet sich besonders die zweizeilige Sommergerste, ferner die gelben und rotgelben, stärkemehlreichen, aber kleberarmen Weizensorten mit mäßig großen Körnern.

Physiologische und chemische Vorgänge bei der Malzbereitung. Die einzelnen Samen bestehen aus der Fruchtschale, der Samenhülle und dem Sameninhalt mit dem kleinen Keim. Sie enthalten neben Salzen stickstofffreie Stoffe, wie Stärke, Dextrin, Zucker, Cellulose, Fette, gummiartige Massen, aber auch stickstoffhaltige Substanzen, die sogenannten Eiweißkörper. Bei der Ausübung der Mälzerei wird den Samen künstlich Wasser zugeführt, dessen Menge nach dem Feuchtigkeitsgehalt der lufttrockenen Samen bemessen wird. Für den Keimungsprozeß ist ferner die Zuführung von Luft (Sauerstoff) notwendig. Bei der Keimung regt in erster Linie das aufgenommene Quellwasser eine Lösung der in den Samen aufgespeicherten Nährstoffe (Reservestoffe) an, wobei gleichzeitig in Wasser lösliche stickstoffhaltige, chemische Verbindungen von nicht genau bekannter Zusammensetzung mitwirken, die größere Mengen andrer organischer Stoffe chemisch zu verändern imstande sind, ohne dabei selbst wesentliche Umwandlungen zu erfahren. Es sind dies die sogenannten Fermente (s.d.) oder Enzyme. Die Gewichtzunahme der quellreifen Gerste durch Wasseraufnahme beträgt durchschnittlich 48–50%, ihr Volumen nimmt um ein Drittel zu. Das Quell- oder Weichwasser färbt sich durch die Aufnahme bitter schmeckender Stoffe bald gelb. Das Gerstenkorn nimmt an Umfang zu, und im Verlauf des Keimprozesses treten bald die Würzelchen zutage. Bei der Ausübung der Mälzerei wird der Keimprozeß unterbrochen, sobald der Wurzelkeim die zweifache Länge des Korns erreicht hat. Während der Keimung tritt eine leichte Erwärmung des Malzhaufens ein. Zuerst beginnt die fermentative Wirkung der Zytase, welche die unlösliche Cellulose der Zellwände in lösliche Stoffe umwandelt. Das Enzym Diastase verwandelt alsdann die Stärke des Mehlkörpers in Zucker, und zwar in Malzzucker (Maltose), auch tritt etwas Rohr- und Invertzucker auf. Ein weiteres Ferment, die Peptase, führt die Eiweißstoffe in lösliche Albumosen, Peptone und Amidokörper über. Das im Getreidekorn enthaltene Fett wird teils bei der Atmung von der jungen Pflanze verbraucht, teils in Glyzerin und Fettsäuren gespalten. Die beschriebenen Lösungsvorgänge spielen sich nebeneinander ab. – 100 kg lufttrockene Gerste geben ca. 140 kg Grünmalz. Dieses letztere Produkt bringt man zur Vertrocknung auf Böden, zu denen bei niedrigen Temperaturen reger Luftzutritt möglich ist (Schwelken). Soll lichtes Bier nach böhmischer Art hergestellt werden, so ist das Wasser schnell aus dem Grünmalz zu entfernen und die Darrtemperatur niedrig zu halten. Bei der Bereitung dunkler Biere dagegen wird das Grünmalz feucht zur Darre gebracht und später höheren Temperaturen ausgesetzt. Aus den Zuckerarten bilden sich hierbei aromatische, färbende Röstprodukte, wobei die enzymatische [289] Kraft, besonders der Diastase, zum Teil zerstört wird. 100 kg trockene Gerste geben ca. 75 kg Darrmalz. Dasselbe wird nun in der Praxis noch von den Keimen befreit und entweder in hohen Haufen oder in sogenannten Getreidetürmen (Silos) gelagert.

Praktische Ausübung der Mälzerei. Die vom Landwirt gekaufte Gerste passiert zunächst eine Reinigungs- und Sortiermaschine. Diese Arbeit zerfällt in die Befreiung der Körner von Unreinigkeiten, Steinen, Sand u.s.w., in das Absaugen des Staubes, die Entfernung fremder Körner (Wicken, Raden) und in die Sortierung je nach Größe der Körner in zwei bis drei Qualitäten. Für die erwähnten Arbeiten sind teils Einzelmaschinen konstruiert, teils auch solche, in denen sämtliche Manipulationen von einer einzigen Maschine verrichtet werden. Die gereinigte Gerste wird nun am bellen im sogenannten Sackaufzug (mit Keil- oder Reibungsrädern) weiterbefördert. Um genaue Kenntnis über das Gewicht der in Malz überzuführenden Gerste zu haben und den Mälzungsschwand berechnen zu können, pflegt man die Gerste in automatischen Wagen zu verwiegen. Dieselben bestehen in der Hauptsache aus dem Einlauf-, dem Wägemechanismus, dem Zählwerk sowie den Kontroll- und Reguliervorrichtungen. Die gebräuchlichsten Systeme solcher Wagen sind: die Chronoswage, die Pallaswage und die Bolzomo-Riedingerwage. Zur weiteren Reinigung empfiehlt es sich nun, die Gerste in Waschmaschinen 25–30 Stunden nach dem Einweichen zu waschen. Der Weichprozeß selbst geht in prismatischen oder trichterförmigen Quell- oder Weichstöcken vor sich, und zwar bei einer Temperatur zwischen 8 und 12°. Als Material zur Herstellung der Weichstöcke dienen Backsteine, Schiefer, Glas, Eisen und Moniermauerwerk. Um eine Schimmelbildung während des Keimungsprozesses zu vermeiden, pflegt man die Gerste mit klarem Kalkwasser einzuweichen. Mehrmaliges Wechseln des Weichwassers und das zeitweilige Liegenlassen ohne Wasser empfiehlt sich. Die für die Quellung der Gerste erforderliche Zeit schwankt zwischen 50 und 100 Stunden. Die Bestimmung der Quellreife erfolgt häufig durch die Bestimmung der Gewichtszunahme der Quellfrucht mittels besonders konstruierter Wagen; meist wird jedoch eine Prüfung der einzelnen Körner vorgenommen. Das gut gequollene Korn soll sich dabei über den Fingernagel leicht biegen lassen, ohne zu brechen; beim Zusammendrücken der Spitzen soll dasselbe nur geringen Widerstand leisten und beim Reiben auf Holz eine kreideartige Spur erzeugen. Die gequollene Gerste wird nun auf die Malztenne (Malzkeller) gebracht und dort in 30–35 cm hohen sogenannten Naßhaufen ausgebreitet. Alle 10–12 Stunden werden die sich von selbst etwas erwärmenden Haufen umgeschaufelt und nach 24–38 Stunden beginnen die Spitzen des Wurzelkeims hervorzutreten. Die ganze Keimzeit vom Ausweichen an dauert 7–9 Tage. Es gibt auch mechanische Keimapparate, z.B. die nach Geçmen und Böttcher, die einen Ersatz für die Tennen bieten und das Wenden des Keimgutes überflüssig machen sollen. Mehr als diese mechanischen Apparate haben sich die pneumatischen in der Mälzerei Eingang verschafft. Von den pneumatischen unterscheidet man die Trommelmälzerei nach Galland und die Kastenmälzerei nach Saladin. Eine genauere Beschreibung dieser Apparate findet sich in [1] und [4]. Wenn die Keimung der Gerste beendigt ist, so kommt das Grünmalz auf die Darre. Man unterscheidet drei Hauptkonstruktionen: 1. die nicht mehr viel angewendete Rauch-, 2. die Heißluft-, 3. die Dampfdarre. In bezug auf ihre innere Einrichtung ist zu unterscheiden zwischen Horden-, mechanischen und pneumatischen Darren. Je nach der Anzahl der Horden unterscheidet man Ein- und Mehrhordendarren. Die Horden sind entweder aus gelochtem oder geschlitztem Blech (Blechdarre) oder aus Drahtgeflecht (Drahtdarre) hergestellt. Bezüglich der mechanischen Darren sei noch kurz auf den patentierten Malzdarrwender von Rathsmann aufmerksam gemacht, gebaut von der Maschinenbauanstalt Grimma-Golzern [1]. Man pflegt in der Praxis, wenn das Grünmalz den größten Teil seines Wassers verloren hat, lichte und goldfarbige Malze 24 Stunden lang, dunkle Malze aber 48 Stunden lang zu darren. Als Abdarrtemperatur bezeichnet man den höchsten Wärmegrad, den das betreffende Malz beim Darren erreicht. Für böhmisches Malz beträgt er 66–87°, für Wiener Malz 87–100° und für Münchner Malz 94–110°. Nun kommt das Malz in die Malzputzmaschine, in welcher man die Keime abtrennt und den übrigen Unrat entfernt. Hierbei erleidet das Darrmalz einen Gewichtsverlust von ca. 31/2%. Zu erwähnen ist noch die Malzpoliermaschine nach Reinhard [1]. Die Vorteile der Anwendung dieser Maschine sind: besseres Aussehen des Malzes und daher leichtere Verkäuflichkeit sowie reinere Gärung. Die entfernten Malzkeime bilden ein gutes Futtermittel für Milch- und Jungvieh. Beim Weizenmalz geht die Wasseraufnahme in kürzerer Zeit vor sich als bei der Gerste. Man läßt die Keime zur Zerstörung der dem Weizen eigentümlichen Kleberschicht länger wachsen als bei der Gerste. Das Abdarren muß sehr langsam und vorsichtig erfolgen, die Abdarrtemperatur liegt bei ca. 80°. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß in der Gärungstechnik ab und zu auch Hafer-, Mais- und Roggengrünmalz Verwendung finden. Unter Kraftmalz oder Gerstenlangmalz versteht man ein in der Brennerei und Preßhefefabrikation verwendetes Grünmalz, das im Blattkeim die zweifache Länge und im Wurzelkeim die dreifache Länge des Korns erreicht hat. Dieses Malz zeichnet sich durch einen hohen Gehalt an Diastase aus.

Die Luft in den Mälzereibetrieben und das zur Verwendung gelangende Wasser müssen rein sein; mäßig hartem Wasser ist der Vorzug zu geben. Die Bestimmung der Keimkraft bei den einzelnen zur Verwendung gelangenden Gerstensorten ist unerläßlich. Die Beschaffenheit des Mehlkörpers bei der Gerste wird durch sogenannte Kornprüfer oder Getreideschneider (Farinatome), z.B. den nach Printz & Heinsdorf, ermittelt. Auch mittels des Diaphanoskops [1] kann man sich über die Beschaffenheit des Mehlkörpers orientieren. Mit diesem Apparat wird das Gerstenkorn durchleuchtet; als brauchbares Instrument ist zu erwähnen dasjenige nach Philipp, zu beziehen von Kreutziger & Oeser, Dresden-Plauen. Die Ermittlung des Hektolitergewichtes und des Tausendkorngewichtes vervollständigen die mechanische Prüfung. Die eventuelle chemische Prüfung der Gerste erstreckt sich auf die Bestimmung des Gehaltes an Wasser, Eiweiß, Phosphorsäure, Stärke und Fett. Um sichere Auskunft darüber zu[290] erhalten, wie sich ein Darrmalz in der Praxis verarbeiten läßt, unterwirft man dasselbe einem Maischprozeß nach bestimmten Vereinbarungen. Für die eingehende Malzuntersuchung hat der V. internationale Kongreß für angewandte Chemie im Jahre 1903 genaue Vereinbarungen getroffen [1].

Unter Farbmalz versteht man das zum Färben der dunkeln Biere dienende, nach dem Darren in rotierenden Eisenzylindern gerottete Malz. Karamell- oder Kristallmalz, dessen Inneres braunglasig ist und das ebenfalls zum Färben von Bieren dient, wird durch vorsichtiges Rotten von Grünmalz gewonnen. An physikalischen Hilfsapparaten für die Technik der Mälzerei sind zu erwähnen das Thermometer, das Hygrometer und der elektrische Darrkontrollapparat. Der letztere ermöglicht die Kontrolle der auf den Darrböden jeweils herrschenden Temperaturen.

Eine bewährte Mälzereianlage nach dem System von Beck & Rosenbaum Nachfolger in Darmstadt zeigt die Figur Die rohe Gerste gelangt durch den Aufzug, der in der Mitte des Gebäudes angebracht ist, auf die höheren Stockwerke, passiert von da eine Gerstesortier- und Reinigungsmaschine, um alsdann den Weichen zugeführt zu werden. Derselbe Aufzug bringt die ausgewachsene Gerste aus dem Keimkeller auf den Schwelkboden, der mit der Beladungsöffnung der oberen Darrhorde korrespondiert, so daß die Darre bequem zu beschicken ist. Eine Malzentkeimungs- und Reinigungsmaschine ist auf dem Schwelkboden angebracht. Ist das Malz auf der unteren Horde abgedarrt und in einen auf Höhe der zweiten Malzdarrhorde angebrachten Malzsammelkasten geworfen, so fördert ein Becherwerk das Malz daraus auf die Reinigungsmaschine. Transporteure verteilen das gereinigte fertige Malz dann in die Lagerräume oder in den Malzvorratskasten zum bequemen Fassen in Säcke und zur Abfuhr.


Literatur: [1] Dreverhoff, P., Brauereiwesen, Leipzig 1906. – [2] Faßbender, F., Die mechanische Technologie der Bierbrauerei und Malzfabrikation, Wien 1893. – [3] Thausing, E., Malzbereitung und Bierfabrikation, Leipzig 1907. – [4] Lintner, K., Die Malzbereitung, Freising 1890. – [5] Weber, K., Die Malzfabrikation, Wien 1887.

Mezger.

Malz

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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