- Parallelkräfte [2]
Parallelkräfte, Bestimmung von deren Mittelkräften und statischen Momenten auf graphischem Wege.
Sollen die Kräfte P1 bis P5 zu einer Mittelkraft zusammengesetzt werden (vgl. Fig. 1), so bildet man aus ihnen ein Kräftepolygon (s.d.), indem man sie der Reihe nach aneinander fügt, wählt einen beliebigen Punkt O als »Pol«, zieht aus ihm »Strahlen« nach den Endpunkten der Kräfte und zeichnet hierauf das »Seilpolygon« S S', dessen Ecken auf den Richtungslinien der gegebenen Kräfte liegen und dessen Seiten zu den Strahlen parallel laufen, wobei jede Seilseite die beiden Kräfte verbindet, die im Krafteck durch den dazu parallelen Strahl getrennt werden. Dann geht nach der Theorie des Seilpolygons (s.d.) die Mittelkraft einer Reihe aufeinander folgender Kräfte durch den Schnittpunkt der einschließenden Seilseiten. Demnach geht die Mittelkraft aller fünf Kräfte durch A, die Mittelkraft von P1 bis P3 durch B, die Mittelkraft von [32] P2 und P3 durch C u.s.w. Die Größen dieser Mittelkräfte ergeben sich einfach durch Abgreifen im Kräftepolygon.
Das statische Moment von parallelen Kräften in bezug auf einen Punkt D ist gleich dem zwischen die einschließenden Seilpolygonseiten fallenden Stück der durch den Momentenpunkt parallel zu den Kräften gezogenen Geraden, multipliziert mit der »Polweite« H. Beispielsweise ist das statische Moment der Kräfte P1 bis P3 in bezug auf den Punkt D = H · y. Denn das von P1 bis P3 und O gebildete Dreieck ist dem von y und B gebildeten Dreiecke ähnlich; folglich verhält sich (P1 + P2 + P3) : H = y : p, woraus folgt: (P1 + P2 + P3) · p = H · y. Das Produkt links ist aber, da die Mittelkraft von P1 + P2 + P3 durch B geht, nichts andres als das gesuchte statische Moment.
Das beschriebene Verfahren bleibt unverändert, wenn einzelne der gegebenen Kräfte entgegengesetzt (aufwärts) gerichtet sind; nur müssen die betreffenden Kräfte im Krafteck in entgegengesetztem Sinne aufgetragen werden (Fig. 2). Die Mittelkraft sämtlicher Kräfte geht auch hier durch den Schnittpunkt A der äußersten Seilseiten. Auch die Momente werden in gleicher Weise bestimmt.
Sind bloß zwei parallele Kräfte zusammenzusetzen, so läßt sich das Verfahren vereinfachen: Man vertauscht in diesem Falle die beiden Kräfte in ihrer Lage und verbindet ihre Endpunkte kreuzweise (Fig. 3), so geht die Mittelkraft durch den Schnittpunkt A der Verbindungslinien. Denn die Entfernungen der beiden Kräfte vom Punkte A verhalten sich umgekehrt wie die Kräfte; folglich heben sich ihre statischen Momente in bezug auf A auf.
Sind die beiden Kräfte entgegengesetzt gerichtet, so vertauscht man sie wieder in ihrer Lage, verbindet jedoch ihre Endpunkte derart, daß sich die Verbindungslinien außerhalb schneiden (Fig. 4).
Literatur: Culmann, Graphische Statik, 2. Aufl., Zürich 1875; Bauschinger, Elemente der graphischen Statik, München 1871; zahlreiche andre Werke über graphische Statik.
Mörsch.
http://www.zeno.org/Lueger-1904.