Lokomotive

Lokomotive

Lokomotive, Fahrzeug mit Motor, also ortsverändernde Maschine zur Beförderung von Wagen. Fahrzeuge, die mit einem sie fortbewegenden Motor ausgerüstet sind und selbst Personen oder Güter aufnehmen können – Motorwagen –, zählen nicht zu den Lokomotiven. Läuft die Lokomotive auf Gleisen, so heißt sie Eisenbahnlokomotive oder kurzweg Lokomotive; Lokomotiven, die auf den Straßen ohne Gleise fahren, werden als Straßenlokomotiven bezeichnet. Je nach der Art der Betriebskraft des Motors unterscheidet man Dampflokomotiven, elektrische Lokomotiven, Druckluftlokomotiven und Lokomotiven mit Verbrennungsmotoren. Bei den hier hauptsächlich in Betracht kommenden Eisenbahndampflokomotiven erfolgt die Einteilung: a) nach Maßgabe des Betriebszweckes: Lokomotiven für Schnellzüge, Personenzüge, gemischte Züge, Güterzüge und Verschiebdienst der Hauptbahnen; für Personenzüge, gemischte Züge und Güterzüge der Nebenbahnen; für Klein-, Straßen-, Zahnstangen-, Förder-, Feldbahnen; weiter unterscheidet man nach der Bahn: Flachland-, Hügelland- und Gebirgslokomotiven (s. Gebirgsbahnen, Bd. 4, S. 319); b) nach den äußeren Verschiedenheiten der Bauart, und zwar 1. nach der Gesamtzahl der Achsen und der Anzahl der gekuppelten Achsen (»3/5 gekuppelt« besagt: Lokomotive mit[204] fünf Achsen, von denen drei gekuppelt sind); 2. nach Stellung und Anordnung der Achsen; 3. nach der Lage der Dampfzylinder inner- oder außerhalb der Rahmen; 4. nach der Lage der Hauptrahmen inner- oder außerhalb der Räder; 5. nach der Unterbringung des Brennstoffes und des Wassers auf besonderem Fahrzeuge, dem Tender, oder auf der Lokomotive selbst: Lokomotiven mit Tender und Tenderlokomotiven; c) nach der Art der Dampfwirkung: 1. Zwillingslokomotiven mit einfacher Dampfdehnung; 2. Verbundlokomotiven mit zweistufiger Dampfdehnung (Compoundlokomotiven); 3. Lokomotiven mit gesättigtem Dampfe, Naßdampflokomotiven und 4. solche mit überhitztem Dampfe, Heißdampflokomotiven. Im Laufe der Zeit haben sich für die einzelnen Betriebszwecke bestimmte Bauarten eingeführt, deren Verschiedenheiten hauptsächlich in den Maßverhältnissen und der Ausführung einzelner Teile liegt. Fig. 1 zeigt eine Schnellzuglokomotive mit Tender, Fig. 2 eine Tenderlokomotive für gemischten Dienst heutiger Bauart in Preußen.

I. Die gewöhnlichen Eisenbahnlokomotiven.

Jede Lokomotive besteht aus dem Wagen (Laufwerk), dem Dampfkessel und der Dampfmaschine (Triebwerk). Der Wagen wird aus dem Rahmen gebildet, dessen Langträger vorne durch die Pufferbohlen, hinten durch den Zuglasten verbunden sind. Der Rahmen ruht mittels Tragfedern auf den Lagerkasten, die in besondere Einschnitte der Langträger – Achsgabeln (s. Bd. 1, S. 72) – eingefügt sind und in deren Lager sich die Radachsen drehen. Die Räder sind entweder Laufräder, die nur zur Unterstützung der Lokomotive dienen, oder Treibräder, die von der Dampfmaschine unmittelbar, oder Kuppelräder, die von den Treibrädern aus bewegt werden.

Der Dampfkessel gliedert sich in die Feuerkiste, den Langkessel und die Rauchkammer,: Feuerkiste und Rauchkammer sind mit den Langträgern des Rahmens verbunden; der Langkessel wird von Querträgern, die am Rahmen befestigt sind, gestützt. Man unterscheidet die innere Feuerkiste, die aus der Decke und vier Seitenwänden besteht und unten durch den Rost abgeschlossen ist, unter dem sich der Aschenkasten befindet, und die äußere Feuerkiste, welche die innere mantelförmig umgibt; der Zwischenraum zwischen den Seitenwänden beider Kisten beträgt 70–100 mm, die flachen Seitenwände sind gegeneinander durch sogenannte Stehbolzen, die Decken gewöhnlich ebenso abgesteift; an der rückwärtigen Seitenwand befindet sich die Feuertüre. Durch den Langkessel laufen in der Längsrichtung eiserne Rohre: Feuer-, Siede- oder Heizrohre, die in der rückwärtigen Rauchkammerwand und in der vorderen Wand der inneren Feuerkiste befestigt sind. Die Kesselausrüstung (vgl. Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 4. November 1904, § 36) besteht aus 1 Speiseventil, 2 Speisevorrichtungen, 2 Vorrichtungen zur Erkennung des Wasserstandes, 2 Sicherheitsventilen, 1 Manometer, 1 Vorrichtung zum Anschluß des Prüfungsmanometers, Marken des niedersten Wasserstands am Wasserstandsglas und an der Kesselwand, 1 Fabrikschild, 1 Dampfpfeife oder einer andern Vorrichtung zur Erteilung hörbarer Signale. Die Rauchkammer ist durch eine Türe zugänglich und trägt den Schornstein.

Die Dampfmaschine umfaßt als wesentliche Bestandteile die Dampfzylinder mit Schiebergehäuse, denen der Dampf durch das Reglerrohr und die Einströmungsrohre aus dem Kessel zugeführt wird und aus welchen er nach geleisteter Arbeit durch die Ausströmungsrohre in den Schornstein entweicht, sodann die Steuerung, die das abwechselnde Ein- und Ausströmen[205] des Dampfes zu beiden Seiten des Dampfkolbens bewirkt, und endlich das Kurbeltriebwerk, das die hin und her gehende Bewegung des Dampfkolbens in die drehende Bewegung der Treibräder verwandelt. Die Steuerung ermöglicht den Wechsel in der Fahrtrichtung und die Veränderlichkeit der Dampfmenge, die in den Zylindern bei jedem Kolbenlauf zur Wirkung kommen soll. Die Steuerungsteile liegen entweder unter dem Kessel und der Schieberkasten innen seitwärts vom Dampfzylinder (Innensteuerung) oder außerhalb der Räder und der Schieberkasten auf dem Zylinder (Außensteuerung). Zum Kurbelmechanismus (Triebwerke) gehört zunächst die den Dampf Kolben tragende Kolbenstange, die in der Geradführung den Kreuzkopf hin und her schiebt; in diesem ist die Pleuelstange (Trieb- oder Kurbelstange) gelenkig eingehängt; sie greift mit ihrem andern Ende die auf der Triebachse befestigte Kurbel am Kurbelzapfen an. Die Bewegung und Wirkung der einzelnen Teile beim Hin- und Herlauf des Kolbens ist bekannt. Zur Verbindung der Kuppelräder untereinander mit den Treibrädern dienen die Kuppelstangen (Bd. 5, S. 791).

Arbeit der Lokomotive, Dampf- und Kohlenverbrauch. Die Arbeit einer Lokomotive besteht aus dem Produkt der zur Ueberwindung der Zugwiderstände erforderlichen, an den Umfangen der Triebräder wirkenden Zugkraft Z mit einer bestimmten mittleren Fahrgeschwindigkeit V km in der Stunde. Sie ist hiernach A = Z · V km/kg in der Stunde oder N = Z · V/270 PS. Maschinenarbeit, Dampf- und Kohlenverbrauch berechnen sich wie folgt: Bezeichnet D den Durchmesser der Triebräder in Zentimetern, d den Durchmesser der Dampfzylinder in Zentimetern, l den Kolbenhub der Dampfzylinder in Zentimetern, pi den mittleren Dampfüberdruck in den Dampfzylindern und p den Dampfüberdruck in dem Dampfkessel auf 1 qcm in Kilogramm, γ das Güteverhältnis oder den Wirkungsgrad, so ist die Dampfzugkraft in Kilogramm bei zwei Dampfzylindern


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pi kann bei Personen- und Schnellzuglokomotiven (Zwillingslokomotiven) zu 0,55, bei Güterzug- und sonstigen Lokomotiven zu 0,62 des Kesseldruckes p angenommen werden; diesen Werten entsprechen Füllungsgrade von 0,30 bezw. 0,40. Der Wirkungsgrad beträgt 0,74–0,77. Schnellzuglokomotiven erhalten größere Treibräder als Güterzuglokomotiven, bei welchen es mehr auf große Zugkraft ankommt. Für 1 PS. sind bei Zwillingsmaschinen 10–12, bei Verbundmaschinen 9–10, bei Heißdampfmaschinen 8–9 kg Dampf stündlich erforderlich. 1 qm feuerberührte Heizfläche verdampft um so mehr Wasser, je lebhafter das Feuer brennt, bei Schnellzügen 45–60, bei Personenzügen 40–50, bei Güterzügen 30–40 kg stündlich. 1 qm Heizfläche leistet daher bei Schnellzügen 6–7, bei Personenzügen 5–6, bei Güterzügen 3,5–4 PS. In England werden durch günstige Eigenschaften der dortigen Kohle, in Amerika durch stärkere Blasrohrwirkung noch höhere Leistungen erzielt. Auf 1 qm Rostfläche werden in der Stunde je nach der Stärke und Gleichmäßigkeit der Blasrohrwirkung 200–500 kg Kohle verbrannt und damit je nach der Güte der Kohle das 4–8fache Wassergewicht verdampft. Der Kohleverbrauch für die Pferdestärke kann hiernach aus dem Heizwert der Kohle berechnet werden; in der Regel beträgt er 1,2–1,5 kg stündlich. Bei Schnellzügen beträgt er meistens 10–12, bei Güterzügen 15–25 kg auf 1 km Fahrt. In der Praxis empfiehlt es sich, den Brennstoffverbrauch von Fall zu Fall durch Beobachtungen und Messungen zu bestimmen. Für das Anheizen sind für je 1 cbm Kesselinhalt rund 50 kg gute Kohle erforderlich.

Grenzen der Zugkraft. Die Zugkraft kann niemals größer sein als die Reibung der Treibräder auf den Schienen; ist der von der Zugkraft zu überwindende Widerstand größer, so bewegt sich die Lokomotive nicht fort, sondern die Treibräder drehen sich auf der Stelle, die Lokomotive schleudert. Ist G in Kilogramm das auf den Treibrädern ruhende Gewicht der Lokomotive und die Reibung der Räder auf der Schiene, so ist Z ≤ f G. Der Wert von f hängt von dem Zustand der Räder und Schienen und von der Witterung ab. Er schwankt zwischen 1/4 und 1/10; für mittlere Verhältnisse ist f = 1/6 bis 1/7 zu setzen und sonach Z 0,15 G. Die Reibung kann durch Bestreuung der Schienen mit Sand erhöht werden. Die Widerstände des Zuges bestehen aus dem Laufwiderstand (Reibung der Achsschenkel in den Lagern, rollende Reibung der Räder auf den Schienen), dem zumeist vom Luftwiderstand herrührenden Geschwindigkeitswiderstand, dem Steigungswiderstand und dem Krümmungswiderstand. Der Gesamtwiderstand für jede Tonne Zuggewicht (Wagen und Lokomotive) in Kilogramm pro Tonne Zuggewicht (w kg/t) ist annähernd


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worin V die Geschwindigkeit in Kilometern und Stunden, s die Steigung in Millimetern auf 1 m Länge, R den Bogenhalbmesser in Metern bezeichnen. Bei der Talfahrt ist 5 negativ einzusetzen. Wiegen die Lokomotive Lt und die Wagen Qt, so ist der Gesamtwiderstand des Zuges in Kilogramm W = (L + Q) w. Beim Anfahren kommt der Beschleunigungswiderstand hinzu. Von den Einzelteilen der Lokomotiven kommen in Betracht:

a) Der Wagen. Der Rahmen (frame) besteht aus den Langträgern, den Pufferbohlen mit Puffern (s.d.) und dem Zugkästen. Die Langträger liegen entweder innerhalb der Räder (Lokomotive mit Innenrahmen) oder außerhalb (Lokomotiven mit Außenrahmen); vereinzelt werden auch Lokomotiven mit Innen- und Außenrahmen gebaut oder es ist bei Tenderlokomotiven der Rahmen zu einem als Wasserbehälter dienenden Kasten ausgebildet (Bauart Krauß). Gegenwärtig werden fast ausschließlich Innenrahmen verwendet. Lokomotiven mit Außenrahmen bedingen besondere Kurbeln und büßen daher an Einfachheit ein; sie haben nur bei schmalspurigen Bahnen Berechtigung. Die Blechplatten für Langträger sind 25–35 mm, für die Querverbindungen 8–15 mm stark. Besitzen die Lokomotiven Drehgestelle (s. weiter unten), so unterscheidet[206] man Haupt- und Drehgestellrahmen. Die Lagergehäuse (vgl. Achslager und Achsbüchsen, Bd. 1, S. 63) bestehen auf dem europäischen Festlande gewöhnlich aus Schweißeisen mit Metallbacken, in England aus Rotguß, in Amerika aus Gußeisen; die Lagerschalen sind aus Rotguß mit Weißmetallausguß oder nur aus Weißmetall, die Achsen aus Martin- oder Tiegelgußstahl; die Tragfedern sollen sehr nachgiebig hergestellt werden. Die erste und zweite Achse werden vorteilhaft durch Seitenhebel (Ausgleichhebel, Balanciers) verbunden. Bei Lokomotiven für mäßige Fahrgeschwindigkeiten werden öfters querliegende Ausgleichhebel derart angebracht, daß die Lokomotive in drei Punkten unterstützt erscheint und ein statischer Ausgleich der Radbelastungen eintritt. Die Räder sind mit der Achse fest verbunden, die Achsschenkel laufen in den Lagern; der Radreifen hat an der Innenseite einen vorspringenden Teil, den Spurkranz, der bei den nicht führenden Mittelrädern amerikanischer Lokomotiven häufig weggelassen wird, um Klemmen der Räder in Krümmungen zu verhindern. Die technischen Vereinbarungen des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen (§ 71) und die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung für die deutschen Bahnen (§ 31, 4.) gestatten die Weglassung des Spurkranzes bei nicht führenden Mittelrädern, wenn diese unter allen Umständen genügende Auflage finden. Die Radsterne sind aus Schweißeisen oder Stahlguß, die Reifen aus Martin- oder Tiegelgußstahl. Die Befestigung der Reifen auf den Radsternen erfolgt gegenwärtig entweder mit Sprengringen (Fig. 3), die zur Hälfte in den Reifen eingreifen, zur Hälfte den Radstern umfassen (deutsche Ausführung), oder mit Klammerringen (Fig. 4, in England, Frankreich und Amerika üblich). Weiteres s.a. Räder für Eisenbahnfahrzeuge. Die Sprengringe bieten genügende Sicherheit gegen das Abfliegen der Radreifen. Nur für den Fall, daß ein solcher gleichzeitig mehrfach springt, was selten vorkommt, bietet die Befestigung mit Klemmringen größere Sicherheit. Wegen Berechnung der Achsen s. Achsen für Eisenbahnfahrzeuge, Bd. 1, S. 67. Das für die Achsen verwendete Material soll – wenn Martinstahl zur Verwendung kommt – 50 kg/qmm Fertigkeit, 25% Dehnung und 35% Querschnittsverminderung, bei Tiegelgußstahl 55–60 kg/qmm Fertigkeit, 25% Dehnung, 35–40% Querschnittsverminderung zeigen. Der Flußstahl der Radsterne soll 42–45 kg/qmm Fertigkeit, 25% Dehnung, 45–55% Querschnittsverminderung und höchstens 0,04% Phosphorgehalt besitzen. Die Entfernung der äußersten Achsen einer Lokomotive heißt Achs- oder auch Radstand. Je größer dieser ist, um so ruhiger läuft die Lokomotive. Eine im Lauf befindliche Lokomotive macht neben der Fortbewegung noch drei verschiedenartige Bewegungen, eine hin und her gehende (schlingernde), eine nickende und eine wankende. Die Ursachen dieser Bewegungen sind äußere und innere. Läuft der Spurkranz eines Vorderrads gegen eine Schiene an, so erfährt er eine Abweisung, die um so stärker ist, je größer der Anlaufwinkel und die Anlaufkraft ist. Durch den Druck gegen den Spurkranz wird das Fahrzeug in eine Drehung um einen hinter seiner Mitte liegenden Punkt versetzt, die durch die Schienen und Achsführungen begrenzt wird. Die drehende lebendige Kraft des Fahrzeugs bewirkt dann ein Zurückschwingen des Fahrzeugs, bis der Spurkranz des andern Vorderrads an der zweiten Schiene anstoßt bezw. bis die Reibung auf den Schienen bei der seitlichen Verschiebung der Achse die lebendige Kraft der Schwingung aufgezehrt hat, worauf wieder eine Schwingung nach entgegengesetzter Seite eintritt. Dieses Hin- und Herschleudern der Lokomotive nennt man Schlingern. Es kann, namentlich wenn eine Schwingung durch andre Einflüsse verstärkt wird und eine sehr schlechte Stelle im Gleise damit zusammentrifft, Entgleisungen der Lokomotive bewirken. Um das Schlingern zu vermindern, ist der Achsstand der Lokomotive im Vergleich zu ihrer Länge um so größer zu gestalten, je größer die beabsichtigte Fahrgeschwindigkeit ist. Seitlich bewegliche Drehgestelle besitzen ihres geringen Gewichtes und[207] ihres kleineren Trägheitsmomentes wegen keine Neigung zum Schlingern. An gleicher Stelle in beiden Schienensträngen auftretende Unebenheiten bewirken das Nicken, an ungleicher Stelle auftretende Unebenheiten das Wanken der Lokomotive. Innere Ursachen dieser Bewegungen sind, die ungleiche Höhenlage des Angriffpunkts der Zugkraft und des Zugwiderstands, die hin und her gehende Bewegung der Kolbenstangen, Kreuzköpfe, Kurbelstangen u.s.w., die abwechselnde Lage der Kurbeln im toten Punkt sowie der abwechselnde Druck auf die Geradführung. Auf die Größe der Bewegungen m die Anordnung der Federn und Ausgleichshebel von erheblichem Einfluß (s.a. S. 212).

Je größer der Radstand, desto größer m der Widerstand in den Krümmungen und die Abnutzung von Rad- und Schiene. Um diese zu verringern, wendet man verschiedene Anordnungen an: seitlich verschiebbare Trieb- und Laufachsen,

Lenkachsen, d.h. frei und zwangsläufig einstellbare Laufachsen, einachsige Drehgestelle mit Drehpunkt über der Achte, zweiachsige (amerikanische) Drehgestelle mit Drehpunkt zwischen den Achsen, ein- und zweiachsige Drehgestelle mit Drehpunkt außerhalb, das Drehgestell von Krauß, bei welchem die Laufachse und die erste Triebachse zu einem Gestell vereinigt lind, sowie Konstruktionen, bei welchen Lenkachsen oder Drehgestelle in Verbindung mit seitlich verschiebbaren Achsen angewendet werden.

Seitlich verschiebbare Achsen und Lenkachsen sowie zweiachsige Drehgestelle mit Drehpunkten zwischen den Achsen werden auch bei den Personen- und Güterwagen angewendet, die übrigen Konstruktionen dagegen nur bei Lokomotiven. Bei seitlich verschiebbarer vorderer Achse erhalten in Krümmungen die übrigen Achsen günstigere Stellungen, während bei frei drehbarer vorderer Achse der Seitendruck auf die äußere Schiene verringert und die kippende Wirkung auf die innere Schiene beseitigt wird. Bei zweiachsigen Drehgestellen mit Drehpunkt zwischen den Achsen führt in Krümmungen nur die Vorderachse, die Hinterachse m nach dem Mittelpunkt der Krümmungsachse gerichtet. Damit in der Geraden die Rückstellung der Achsen in die Mittelstellung erfolgt, werden Rückstellfedern, Pendelgehänge oder Keilflächen angewendet, bei den beiden letzteren erfolgt die Rückstellung durch das auf den Achsen ruhende Lokomotivgewicht. – Die seitliche Verschiebbarkeit wird bei Laufachsen dadurch erreicht, daß man entweder den Achsschenkeln in ihren Lagerschalen oder den Achsbüchsen in ihren Führungen Spielraum gibt; hierdurch wird bei Vorderachsen das Schlingern begünstigt. Bei Triebachsen m eine seitliche Verschiebung nicht zweckmäßig, weil Kurbelstange und Zylinderachse nicht mehr in einer Ebene liegen. Man wendet deshalb bei diesen gewöhnlich schwächere Spurkränze an oder man läßt die Spurkränze bei mittleren Triebachsen ganz weg.

Lenkachsen sind solche Achsen, die ein wenig seitlich beweglich, also um ihre Mitte etwas wagerecht drehbar sind. Die erforderliche, lehr geringe Drehbarkeit erreicht man dadurch, daß man den Achslagern in ihren Führungen einen kleinen Spielraum gibt. Die Erfahrung zeigt, daß sich die Hinterachsen viel energischer radial zu stellen suchen als die vorderen. Man hat deshalb die Vorder- und Hinterachsen durch Gestänge miteinander verbunden, so daß, wenn eine Achse sich radial stellt, die andre Achse zwangsläufig radial gestellt wird. Die ersteren Lenkachsen (s.d.) heißen freie, die letzteren zwangsläufige oder gekuppelte Lenkachsen. Gekuppelte Lenkachsen werden besonders bei Wagen, seltener bei Lokomotiven angewendet, da hierdurch das Triebwerk sehr verwickelt wird. Fig. 5 und 6 zeigen die Konstruktion der als freie Lenkachse konstruierten rückwärtigen Laufachse der 2/5 gekuppelten Schnellzugslokomotive der Pfälzischen Bahnen, welche bei Geschwindigkeiten bis 120 km pro Stunde vollkommen ruhig laufen. Die Rückstellung in die Mittelstellung erfolgt durch ein Pendelgehänge. – Das Beispiel eines einachsigen Drehgestells zeigt das in den Fig. 79 dargestellte Drehgestell der 2/3 gekuppelten Personenzugstenderlokomotive der dänischen Staatsbahnen. Die Führung des Drehgestells erfolgt durch ein Gelenk; die Achslager sind verbunden und mit Pendeln an Querfedern aufgehängt, welche in Pfannzapfen drehbar gelagert sind. Die Pendel sind verhältnismäßig lang, die Rückstellkraft daher gering. – Die zweiachsigen Drehgestelle mit Drehpunkt zwischen den Achsen werden mit und ohne seitliche Verschiebbarkeit ausgeführt.[208] Bei Lokomotiven mit großem Radstand ist, um zwanglosen Gang zu sichern, seitliche Verschiebbarkeit erforderlich. Die Konstruktion eines zweiachsigen amerikanischen Drehgestells mit seitlicher Verschiebbarkeit ist aus den Fig. 10 und 11 zu ersehen. Die seitliche Verschiebbarkeit wird durch ein Wiegengehänge erzielt, welches die Last derart auf den Rahmen überträgt, daß infolge der schrägen Stellung der Gelenke jede seitliche Verschiebung nach der Innenseite der Bahnkrümmung eine Mehrbelastung des äußeren Rads bewirkt und dadurch die erforderliche Rückstellkraft erzeugt. – Bei den Drehgestellen mit Drehzapfen zwischen Drehgestell und Triebachsen ist die Lage des Drehzapfens zwischen den beiden nächstliegenden Achsen eine ganz bestimmte, wenn man annimmt, daß sich die Mitten der Achsen genau in die Gleisachsen einstellen. Bezeichnet in Fig. 12 o den Drehpunkt, AB = a die Entfernung der Achsen des Drehgestells, CD = c die Entfernung der Triebachsen und ist die Entfernung der zweiten Achse des Drehgestells von der ersten Triebachse = b, so ist x (x + a) = x1 (x1 + c) und x + x1 = b; hieraus erhält man


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hat das Drehgestell nur eine Achse, so ist a = 0, also x = (b + c) · b/(2b + c), x1 = b2/2b + c, Da x und x1 unabhängig von dem Halbmesser der Krümmung sind, so gelten sie für jede beliebige noch befahrbare Krümmung; die erhaltenen Zahlen geben aber nur Näherungswerte, da die beiden Fuhrwerke in der Krümmung die vorausgesetzte Stellung nicht genau annehmen. Vielfach wird x1 auf Kosten von x etwas größer gemacht, wodurch das äußere Vorderrad des Drehgestells das Bestreben erhält, von dem äußeren Schienenstrang abgelenkt zu werden. Die Drehgestelle werden bei diesen Konstruktionen in einem besonderen Rahmengestell gelagert, das um einen Zapfen drehbar mit dem Hauptrahmen verbunden ist, wie dies im Prinzip die Fig. 13 und 14 darstellen (Bisselsches Drehgestell). Zweiachsige Drehgestelle nach Bissel sind, da sie einen wenig gezwungenen und bei großer Geschwindigkeit unruhigen Gang haben, nur noch wenig im Gebrauch. Die Konstruktion eines einachsigen Bissel-Gestells nach Stambke ist in den Fig. 15, 16 und 17 dargestellt. Die Rückstellvorrichtung besteht hier aus Gleitstücken mit schiefen [209] Ebenen, die unteren Gleitstücke sind in einem eisernen Karten gelagert, dessen Enden mit den Tragfedern verbunden sind, die sich auf einen um einen Bolzen drehbaren Doppelhebel stützen. Ein zweiter um diesen Bolzen drehbarer Doppelhebel überträgt das auf die Achse entfallende Lokomotivgewicht auf die Achsbüchsen.

Das Prinzip des Kraußschen Drehgestells ist aus Fig. 18 ersichtlich. Die vordere Laufachse ist mit der seitlich verschiebbaren ersten Kuppelachse zu einem Drehgestell mit festem mittleren Zapfen verbunden. Die am Drehzapfen wirkende Kraft verteilt sich hier auf zwei Spurkränze, wodurch der zwanglose Gang dieser Drehgestelle sich erklärt. Sollen die Seitendrücke proportional den Achslasten sein, so ist der Drehpunkt so zu wählen, daß sich die Entfernungen desselben von den beiden Achsen umgekehrt wie die Achslasten verhalten. Da jedoch der Anlaufwinkel des Spurkranzes gegen die Schiene bei der Laufachse kleiner ist als bei der Triebachse, so gibt man der Laufachse etwas mehr Seitendruck. – Die Konstruktion des Kraußschen Drehgestells geht aus Fig. 19 und 20 hervor. Die beiden Achsen werden durch eine am Laufachsrahmen angebrachte Deichsel, deren Drehpunkt zwischen Laufachse und Kuppelachse liegt, zu einem Drehgestell vereinigt, das beinahe alle Vorteile des gewöhnlichen zweiachsigen Drehgestells hat, dabei aber ermöglicht, einen größeren Teil des Gesamtgewichts als Triebachsbelastung nutzbar zu machen.

b) Der Kessel wird gegenwärtig fast nur mit kistenförmiger Innenfeuerung ausgeführt. Die innere Feuerkiste (Feuerbüchse) wird in Europa aus Kupfer, in Amerika aus weichem Flußeisen hergestellt. Die Decke wird durch eiserne und die Seiten werden gewöhnlich durch eiserne oder kupferne Stehbolzen versteift. Stehbolzen, die von außen unzugänglich sind, werden angebohrt, um Brüche zu erkennen. Seltener werden die Feuerkisten mit flachen Decken mit Quer- und Langbarrenversteifung hergestellt. Behufs Erzielung einer vollständigen Verbrennung wird häufig ein Feuergewölbe eingesetzt oder eine Luftzuführung über dem Roste angebracht. Aehnliche Zwecke verfolgen in mehr oder minder wirksamer Weise die sogenannten Rauchverzehreinrichtungen von Langer (Mischung der Feuergase durch Dampfstrahlen) u.a.m. Die Feuerung mit Petroleumrückständen wird in Rußland, auf der Arlbergbahn und auf westamerikanischen Bahnen verwendet. Die äußere Decke schließt meist glatt an den Kessel an; in Frankreich und Amerika wird sie häufig überhöht gebaut. Der Rost enthält entweder gußeiserne oder Stahlflachstäbe in rechenförmigen Lagern oder auch seitlich gezahnte Roststäbe. Kipproste, die aus einem mittels Schraube oder Kurbel um wagerechten Zapfen drehbaren Rahmen bestehen, in dem ein Teil der Roststäbe liegt, sind zum Reinigen des Feuers sehr bequem; gleichen Zwecken dienen die in Amerika üblichen Schüttelroste. Der Aschenkasten sichert die Bahnstrecke gegen die aus dem Roste fallenden glühenden Brennstoffteile. Er besitzt vorn und hinten je eine Luftklappe, gut anschließende Funkensiebe, im Boden ein Loch mit Deckel, häufig auch Wassereinspritzrohre (Aschenkastenspritzvorrichtung) und seitliche Türen. Die Feuertüren werden als Schiebe- oder Klapptüren, ihre Oeffnungen meistens mit nach außen geflanschter Naht ausgeführt.

Die Langkessel werden in neuerer Zeit fast ausschließlich aus Flußeisen, seltener aus Schweißeisen hergestellt. Die einzelnen Platten werden miteinander vernietet, und zwar mit Ueberlappungsnaht oder mit ein- oder doppelseitig angebrachten Laschen. Die Verbindung der Rohrwand mit dem Langkessel geschieht durch Bördelung nach außen oder durch Winkelringe. Schutzbeläge aus Eisenblech im Kesselinnern als Mittel gegen Rostbildungen werden bei österreichischen Lokomotiven mit Erfolg angewendet. Ein dauerhafter Anstrich wird mit Steinkohlenteer erreicht.

Die Feuer- oder Siederohre werden aus Schweiß- oder Flußeisen, in England aus Messing oder Kupfer erzeugt; ihre Länge liegt vorteilhaft zwischen 4 und 5 m; äußere Durchmesser von 45–52 mm sind vorwiegend üblich. Enge Rohre ergeben mehr Heizfläche als weite, erfordern aber stärkere Blasrohrwirkung. In der Feuerkistenrohrwand werden die Rohre um 3–6 mm eingezogen, um starke Stege zu erhalten. Bei reinem Wasser werden sie ohne Schuhe[210] eingesteckt und aufgewalzt; bei schlechtem Wasser sind Kupferstutzen zweckmäßig; bei schwefelhaltiger Kohle werden eiserne Stutzen angeschweißt oder Brandringe benutzt. Auf französischen Bahnen haben innen gerippte Rohre (Fig. 21) mit Vorteil Anwendung gefunden. Da sie für gleiche Verdampfungsfähigkeit kürzer als gewöhnliche Rohre ausfallen (L = 3–3,5 m), so bewirken sie eine Verringerung des Kesselgewichts. Der Abstand der Feuerrohre voneinander soll mindestens gleich einem Drittel ihres äußeren Durchmessers sein; die unteren Röhren müssen in der Mitte mindestens 50, an den Seiten mindestens 70 mm von der Langkesselwand abstehen.

In den Dampfdom werden entweder Sprühbleche oder Hauben eingesetzt, an welche die Wasserteilchen anprallen, so daß sie zurückgeworfen werden; oft wird auch der Dom nach unten durch ein gelochtes Bodenblech abgeschlossen, wobei der Dampf durch ein oder zwei Sammelrohre in den oberen Domraum geleitet wird. Das Sammelrohr erstreckt sich zuweilen bis über die Feuerkiste. Auf manchen Bahnen erhalten die Lokomotiven zwei durch ein äußeres Rohr verbundene Dome.

Zum Speisen der Lokomotivkessel werden Strahlpumpen (Injektoren) verwendet: saugende oder nichtsaugende und selbsttätig anziehende. Das Anlassen der Strahlpumpe erfolgt durch ein Ventil, das zur Sicherung seiner Wirksamkeit aus zwei Teilen besteht und das mittels Hebel oder Schraubenspindel betätigt wird. Die Speiseventile, durch die das Wasser in den Kessel tritt, enthalten stets ein Rückschlagventil und eine Absperrvorrichtung gegen den Kessel, um Störungen auch unter Dampf beseitigen zu können. Die außenliegenden Druckleitungen müssen mit Hähnen zum Ablassen des Wassers bei Frost versehen sein; andre Ablaßhähne dienen zum Bespritzen der Kohlen, zum Löschen des Feuers im Aschenkasten u.s.w. Zur Erkennung des Wasserstandes im Kessel dienen zwei oder drei Probehähne und ein Wasserstandsglas, in Deutschland und England vielfach auch zwei voneinander unabhängige Wasserstandsgläser, zur Erkennung des Dampfdruckes Feder- oder Röhrenfedermanometer gewöhnlicher Bauart. Die Sicherheitsventile werden in Europa nach Ramsbottoms Bauart (beide Ventile durch einen gemeinsamen Hebel belastet) ausgeführt; in Amerika werden Ventile angewendet, die so lange abblasen, als der Ueberdruck besteht. Die Dampfpfeifen zur Abgabe von Signalen bestehen aus einer Glocke mit scharfem Rand, in der die Luft durch den aus einer ringförmigen Spalte austretenden Dampf in Schwingungen versetzt wird; kleine und niedrige Glocken (Fig. 22) geben einen hellen, schrillen, lange Glocken einen tiefen Ton, kugelförmige Glocken reine, für das Ohr weniger unangenehme Töne; die Dampfpfeife wird entweder unmittelbar mit Zugstange und Handgriff gezogen oder mittels eines Winkelhebels durch die Zugleine betätigt.

Die Rauchkammer soll groß genug (ca. 1,5 m lang) ausgeführt werden, um Raum für die Ablagerung der Flugasche und die nötige Flächenausdehnung für die Funkensiebe zu gewinnen; die Rauchkammertüre muß mit kräftigen Anschlagringen und Riegeln oder mittleren Zugschrauben mit Handrädern dicht verschließbar sein. Die Schornsteine sind meistens aus Gußeisen von 8–10 mm Stärke. In der Rauchkammer befindet sich das Blasrohr, ein -förmiges Rohrstück, durch das der Dampf aus den Zylindern in den Schornstein geleitet wird. Infolge der Ausdehnung des Dampfes nimmt der Dampfstrahl nach seinem Austritt aus der Mündung eine kegelförmige Gestalt an, vermischt sich an seinem Umfange mit den ihn umgebenden Heizgasen und treibt sie ins Freie; dies bewirkt eine Luftverdünnung in der Rauchkammer und ein Nachströmen der äußeren Luft durch den Rost (s. Strahlapparate). In der Rauchkammer oder im Schornstein befinden sich weiter die Funkenfänger zur Verhütung des Auswerfens glühender Kohlenteilchen; sie sollen so angeordnet sein, daß sie den Luftzug nicht schädlich beeinflussen. Die Funkenfänger in der Rauchkammer bestehen zumeist aus einem über den obersten Reihen der Feuerröhre eingesetzten, aus runden oder rechteckigen Stäben hergestellten und in der Rauchkammer verschiebbaren Gitter von 4–10 mm Spaltenweite oder einem kegelförmigen Drahtsieb, das auf dem Blasrohre steht und bis an den Schornstein reicht. In Amerika werden vielfach mehrere schräggestellte Siebrahmen angewendet, um die Fläche zu vergrößern. Die im Schornstein angebrachten Funkenfänger, ursprünglich amerikanischer Bauart, haben über dem Schornstein eine Lenkplatte, an der die Kohlenstücke abprallen und in einen weiten ringförmigen Behälter abgeworfen werden. Fig. 23 zeigt einen solchen Schornstein, bei dem die Lenkplatte mit Leitschaufeln versehen ist, um die Funken durch drehende Bewegung sicher abzuschleudern. Funkenfänger dieser Art sind vorwiegend bei weichen Brennstoffen (leichte Steinkohle, Braunkohle, Holz) in Gebrauch.

Kessel, Dom, Feuerkiste und Dampfzylinder erhalten zum Schütze gegen Wärmeverlust eine Verkleidung von 1–1,5 mm starkem Eisenblech.

[211] c) Die Dampfmaschine. Die Dampfein- und -ausströmungsrohre werden aus Eisen oder Kupfer hergestellt. Freiliegende Dampfeinströmungsrohre werden zum Schütze gegen Wärmeverlust mit Blechverkleidungen umgeben. Als Regler (Regulator) für die Dampfzuführung dient zumeist ein doppelter Flachschieber, der – besser als die einfachen Flachschieber – leichtes Handhaben und vorsichtiges Anfahren ermöglicht. Diese Regler liegen im Dampfdome und werden durch Hebel und Zugstangen betätigt. In Amerika werden gußeiserne Doppelsitzventile, die wegen nahezu vollständiger Entladung ein leichtes Oeffnen erlauben, angewendet. Die Dampfzylinder liegen entweder außerhalb oder innerhalb der Rahmen Innenlage ist fast nur in England üblich. Die Zylinder liegen meist wagerecht oder wenig geneigt gewöhnlich im Vorderteil der Lokomotive, nahe der Rauchkammer, seltener im Mittelteil. Mit dem Rahmen sind sie fest verbunden. Der hintere Deckel kann als

Boden mit dem Zylinder aus einem Stück hergestellt werden, wodurch eine Dichtungsfläche erspart wird. Die Kolben werden aus mittelhartem Stahl angefertigt, ebenso die Kolbenstangen, die in die Kolben warm eingezogen und vernietet oder mit Muttern versehen sind. Die Dichtung der Kolben erfolgt durch gußeiserne selbstspannende Ringe. In Rücksicht auf den hohen Dampfdruck und die große Wärmeentwicklung wendet man gegenwärtig auch bei Lokomotiven Metallstopfbüchsen für Kolben- und Schieberstangen an; die Dichtungen mit Hanf, Asbest, Gummi u.s.w. erwiesen sich als zu wenig widerstandsfähig. Die Schieber sind einfache Muschelschieber, vielfach mit einem besonderen Kanal, um rascheres Oeffnen und Schließen der Dampfeinströmung zu ermöglichen. Um die Reibungswiderstände zu vermindern, werden – namentlich in Amerika – Entlastungsvorrichtungen[212] in Anwendung gebracht. In Deutschland steht der Entlastungsring von v. Borries in Gebrauch; Kolbenschieber werden neuerdings vielfach angewendet. Bezüglich der Dampfwirkung in den Zylindern sind auf jeder Seite zu unterscheiden: Volldruck, Dampfdehnung und Vorausströmung, dann Verdichtung, Ausströmung und Voreinströmung.

Die Größe der Voröffnung ist von großer Bedeutung für die Nutzwirkung des Dampfes; sie kann aber zuverlässig nur durch praktische Versuche festgelegt werden und richtet sich nach dem Füllungsgrade, der Kolbengeschwindigkeit und der Größe des schädlichen Raumes.

Man unterscheidet verschiedene Steuerungen: 1. Stephensonsche Steuerung (Fig. 24); die Schwinge ist nach einem Kreisbogen gleich der Exzenterstangenlänge gekrümmt; Anordnung sehr einfach, erfordert in der Längsrichtung wenig Raum; vorwiegend in England und Amerika angewendet. 2. Goochsche Steuerung (Fig. 25); die Schwinge ist halbkreisförmig nach dem Schieberkasten und nach dem Halbmesser der Schubstange gekrümmt; sie wird in senkrechter Richtung nicht verstellt; Voröffnung unveränderlich; in Oesterreich und Frankreich üblich. 3. Allansche Steuerung (Fig. 26); die Schwinge ist gerade und wird gleichzeitig mit der Schubstange bewegt; regelmäßige Dampfverteilung; in Deutschland viel ausgeführt. 4. Heusinger-(Walschaert-)Steuerung (Fig. 27); sie besitzt nur ein Exzenter, das um 90° gegen die Treibkurbel versetzt oder auf einer Gegenkurbel aufgekeilt ist; die Exzenterstange greift in dem einen Endpunkte der um ihren Mittelpunkt drehbaren Schwinge an; die Voreilung des Schiebers erfolgt durch einen Hebel, der durch den Kreuzkopf bewegt wird und in die Schieberschubstange eingeschaltet ist. Die Heusinger-Steuerung gibt die regelmäßigste Dampfverteilung und ist in Belgien, Deutschland, Oesterreich und Frankreich viel verbreitet. 5. Joy-Steuerung ist eine sogenannte Ellipsensteuerung; die Schieberbewegung wird durch eine mit der Kurbel-, Kuppel- oder Exzenterstange verbundene Hebelanordnung bewirkt; zu dieser Gattung von Steuerungen gehören auch die von Klose, Brown, Strong. Die Steuerungen von Stephenson, Gooch und Allan werden zwischen und außerhalb der Räder, die Steuerung von Heusinger meist außerhalb angeordnet. Die Steuerungen von Stephenson und Gooch erfordern eine Ausgleichung der einseitig wirkenden Gewichte durch Gegengewichte oder Federn. Die Umsteuerung erfolgt in Europa durch Schrauben, in Amerika durch Hebel.

Die Geradführung wird mit einer, zwei oder vier Gleitschienen (aus Flußeisen mit gehärteter Oberfläche mit Zwischenlagern an den Befestigungsstellen zum Nachstellen) ausgeführt. Die Kreuzköpfe erhalten eiserne Gabel und vielfach besondere gußeiserne Schuhe mit Rotgußeinlagen; sie werden vorteilhaft aus einem Stücke Stahlformguß hergestellt. Die Kurbelstangen, die mindestens sechsmal so lang als die Kurbeln sein sollen, und die Kuppelstangen sind aus zähem Stahl möglichst leicht auszuführen; mit Rücksicht auf ihre Beanspruchung erhalten sie hohe, rechteckige oder besser I-förmige Querschnitte; die Stangenköpfe sind, soweit tunlich, in geschlossener Form auszuführen. Die Lagerschalen erhalten zweckmäßig auf mindestens die Hälfte des Umfanges Weißmetallfutter.

Durch den wechselnden Druck der Kreuzköpfe gegen ihre Führungen und durch die nicht ausgeglichenen wagerecht bewegten Massen des Triebwerks entstehen Eigenschwingungen der Lokomotive, sogenannte »störende Bewegungen«; der Kreuzkopfdruck erzeugt ein Nicken (Drehung um eine wagerechte Querachse), ein Wanken (Drehung um eine wagerechte, durch den Schwerpunkt gehende Längsachse); die wagerecht bewegten Massen bewirken ein Zucken (Verschiebung der Gesamtmasse der Lokomotive nach vor- und rückwärts) und ein Drehen um eine senkrechte Schwerpunktsachse. Bei richtiger Ausgleichung der Triebwerkmassen sind diese Bewegungen gering. Die teilweise Ausgleichung der Triebwerkmassen erfolgt[213] durch die Anbringung von Gegengewichten in den Treibrädern; die drehend bewegten Teile (Kurbeln, Zapfen, Kuppelstangen, halbe Triebstange) werden vollständig, die geradlinig bewegten Teile (halbe Triebstange, Kreuzkopf, Kolbenstange und Kolben) bis zur Hälfte ausgeglichen. Der zum Ausgleich wagerecht bewegter Massen dienende Teil der Gegengewichte erzeugt in senkrechter Richtung Fliehkräfte, welche die Treibradbelastung vermehren und vermindern, je nachdem das Gegengewicht unten oder oben steht. Bei den schweren Gegengewichten und großer Geschwindigkeit fallen diese Fliehkraftwirkungen sehr bedeutend aus. Besondere Anordnungen des Triebwerks werden bei großen Lokomotiven zum zwanglosen Durchfahren enger Krümmungen nötig. Man verteilt dann die Triebkraft auf zwei getrennte, gegeneinander bewegliche Rahmengestelle mit je zwei bis drei gekuppelten Achsen, wobei die Treibkraft entweder durch geeignete Mittel von einem oder unmittelbar an jedem Gestell von zwei Triebwerken geleistet wird. Bauart Meyer (Fig. 28): zwei frei bewegliche Treibgestelle unter einem gewöhnlichen Kessel (sächsische Staatsbahnen). Bauart Fairlie: zwei frei bewegliche Treibgestelle, Doppelkessel mit zwei Feuerkisten in der Mitte und gemeinsamem Wasser- und Dampfraum. Bauart Mallet-Rimrott (Fig. 29): ein hinteres, mit dem Kessel fest verbundenes, die Hochdruckzylinder tragendes und ein vorderes, um den Mittelzapfen drehbares, die Niederdruckzylinder tragendes Treibgestell. Bauart Hagans: eine vordere feste und eine hintere bewegliche Radgruppe, deren Gestell um einen zwischen beiden gelegenen Punkt drehbar ist. Oder man macht die Endachsen nach der Krümmung einstellbar; die Kraftübertragung erfolgt dann durch eine Hebelverbindung. Bauart Klose (Fig. 30): die Endachsen stellen sich in die Richtung des Krümmungshalbmessers ein, indem die Achsbüchsen der Endachsen durch gabelförmig umfassende Lenker und durch Hebel so miteinander verbunden sind, daß sie sich gegen die Mittelachse in entgegengesetzter Richtung verschieben können; diese Verschiebung wird durch einen Umkehrhebel auf die andre Seite der Lokomotive übertragen, so daß sich die Achsbüchsen hier um gleichviel in entgegengesetzter Richtung bewegen; die Kuppelstangen greifen an einer auf dem Triebzapfen drehbaren Scheibe an, die mit den Achsbüchshebeln durch ein schwingendes Viereck verbunden ist. Bauart Klien-Lindner: Kraft und Last werden von der im Hauptrahmen fest gelagerten Achse auf eine mit den Rädern fest verbundene Hohlachse übertragen, in der die erstere dreh- und verschiebbar gelagert ist; die seitliche Rückstellung erfolgt durch Schraubenfedern.

Zur Ausrüstung der Lokomotiven zählen die Führerstände. Sie werden überdacht, mit Seiten- und zum Teil Rückenwänden versehen, mit fetten oder umlegbaren Sitzen ausgestattet; in den Wänden sind Fenster bezw. Türen angebracht; Trittstufen, Ausblashähne, Sicherheits- und Lufteinlaßventile an den Dampfzylindern; Schmiervorrichtungen für Schieber und Kolben; Vorrichtungen zum Schmieren der Spurkränze (Fettschmierung mittels einer Schmierpatrone oder Einblasung des fetten Niederschlagswassers aus der Abdampfleitung der Luftpumpe in die Hohlkehlen der vorderen Spurkränze); Läutewerke [für Nebenbahnen, Dampfläutewerk (s. Läutewerke), bei dem der Klöppel der festen Glocke durch einen selbststeuernden Kolben bewegt wird]; Sandstreuvorrichtungen (s. Sandstreuen); Bahnräumer (Cowcatcher); Lokomotivbremsen (durchgehende Bremsen und Handbremsen).

II. Verbundlokomotiven.

Verbundlokomotiven, bei welchen der Dampf in zwei Zylindern nacheinander und mit verschiedener Spannung (Hochdruck- und Niederdruckzylinder mit Verbinder) arbeitet, bieten bei richtiger Ausführung im Vergleich mit Zwillingslokomotiven eine Dampfersparnis von 10–20% und entsprechend höhere Dampfleistungen. Besonders wichtig ist die Anfahrvorrichtung, die ermöglicht, daß beim Anfahren frischer Dampf gleichzeitig in beiden Zylindern wirkt; je nachdem hierbei der große Zylinder gar nicht, zeitweilig oder dauernd vom kleinen abgesperrt wird, unterscheidet man drei Arten; die letztere Bauart zerfällt wieder in zwei Unterarten, je nachdem die Zwillingswirkung nur beim Anfahren oder bei sehr geringer Geschwindigkeit oder in jedem gewünschten Falle hergestellt werden soll. Wichtig ist es stets, daß der Arbeitsdruck auf den großen Kolben nicht als Gegendruck auf den kleinen wirken kann.

Die Anfahrvorrichtung von Gölsdorf besteht aus zwei im Schieberspiegel derart angebrachten Bohrungen, daß sie bei mittleren Schieberwegen durch den Schiebersteg geschlossen gehalten, bei größeren Schieberwegen über 50–60% Füllung geöffnet werden, während der Schieber selbst die Einströmung öffnet, so daß frischer Dampf in den Niederdruckzylinder einströmt. Lindner wendet einen Steuerkolben an der Niederdruckschieberstange an, der ebenso wirkt wie die Gölsdorfsche Einrichtung, legt aber außerdem in die Hilfsdampfleitung einen Kreuzhahn, der mit dem Umsteuerhebel der Steuerwelle derart verbunden ist, daß er die Dampfleitung nur bei den zum Anfahren benutzten größten Füllungen Öffnet; ähnlich ist die Vorrichtung von Krauß. v. Borries und Worsdell benutzen ein Tellerventil, das beim Anfahren den Niederdruckzylinder vom Verbinder selbsttätig absperrt und so das Auftreten von Gegendruck im kleinen Zylinder zu Anfang des Anfahrens unmöglich macht; Schichau verwendet einen gleichwirkenden Schieber. Die neuere Wechselvorrichtung von Mallet, der zuerst erfolgreich (1874) für die Verwendung der Verbundwirkung bei Lokomotiven eintrat, besteht aus einem Doppelventil, das den Auspuff des Hochdruckzylinders je nach seiner Stellung mit dem Blasrohr oder mit dem Verbinder in Verbindung setzt; das Umsteuern geschieht durch[214] einen Dreiweghahn. Bei der Wechselvorrichtung von v. Borries ist zwischen Hoch- und Niederdruckzylinder ein Doppelkolben eingeschaltet, dessen Gehäuse sowohl mit der Ausströmung des Hochdruckzylinders als auch mit dem Verbindungsröhre, mit dem Blasrohre und mit dem Haupteinströmungsrohre verbunden ist; mit dem letzteren ist auch der Raum hinter dem kleineren Kolben durch Vermittlung eines vom Führerstande aus bewegten Ventils in Verbindung. Zu dieser Gattung von Anfahr- und Wechselvorrichtungen gehören auch die Konstruktionen von Colvin, Mellin und Batchellor. Die in Deutschland meistangewendete Vorrichtung von Dultz besteht aus einem entlasteten dreifachen Kolben, der mit der Hand bewegt wird und die bezeichneten Verbindungen öffnet und schließt. Die Verbundlokomotiven werden vereinzelt auch mit drei Zylindern, einem inneren Hochdruck- und zwei äußeren Niederdruckzylindern, oder nach Webb umgekehrt mit zwei äußeren Hochdruck- und einem inneren Niederdruckzylinder ausgeführt.

Neuerdings haben die Vierzylinderverbundlokomotiven große Verbreitung erlangt, bei welchen zwei Niederdruckzylinder innen, zwei Hochdruckzylinder außen liegen oder umgekehrt. Die inneren und äußeren Kurbeln jeder Seite sind entgegengesetzt gerichtet, so daß die Kolben in entgegengesetzter Richtung laufen, die Beschleunigungskräfte der Triebwerkmassen sich größtenteils ausgleichen und daher keinen Ausgleich durch Gegengewichte mehr erfordern. Bei der Bauart de Glehn (1890) treibt ein Kolbenpaar die erste, das andre die zweite Triebachse, die Arbeit wird also auf zwei Achsen verteilt. Bei der Bauart v. Borries (1897), Webb, Vauclain (1900) treiben alle vier Kolben die erste Triebachse, die von den Kolbendrücken größtenteils entlastet wird. Bei der Bauart Vauclain (1890) mit Wolffscher Wirkung liegen je ein Hoch- und ein Niederdruckzylinder übereinander; ihre Kolben treiben einen gemeinsamen Kreuzkopf; ein Ausgleich der Kraft- und Massenwirkungen besteht nicht.

Bei Lokomotiven mit zwei Triebgestellen (Bauart Mallet-Rimrott, Meyer, s. S. 213 und Fig. 28, 29) wird die Verbundwirkung mit Vorteil in der Weise angewendet, daß das eine Gestell die Hochdruck-, das andre die Niederdruckzylinder trägt.

Das Querschnittsverhältnis der Hoch- und der Niederdruckkolben beträgt bei zwei Zylindern 1 : 2 bis 1 : 2,2, bei vier Zylindern 1 : 2,4 bis 1 : 2,9. Zur Bestimmung der Zugkraft dient die Gleichung Z = 0,5 · pi d2 l/D, wobei die Buchstaben die auf S. 205 angegebene Bedeutung haben und d den Durchmesser des Niederdruckzylinders bedeutet; pi ist je nach dem Betriebszweck und dem Querschnittsverhältnis der Kolben zu 0,55–0,42 p anzunehmen. Für die Gesamtleistung ist nur die Größe des Niederdruckzylinders maßgebend; die Größe des Hochdruckzylinders beeinflußt vorwiegend die Arbeitsverteilung, die größte Gesamtfüllung und die Größe der Anzugskraft.

III. Heißdampfmaschinen.

Heißdampflokomotiven nennt man solche, bei welchen der Dampf über die seiner Spannung entsprechende Wärme überhitzt wird, wodurch er aus dem gesättigten in den gasförmigen Zustand übergeht. Durch die Ueberhitzung erlangt der Dampf einen größeren Rauminhalt und größeres Arbeitsvermögen; er wird ein schlechter Wärmeleiter, wodurch die Niederschlagsverluste in den Zylindern sehr vermindert werden. Bei einer Ueberhitzung um 100° ist eine Wärmeersparnis von etwa 22% und entsprechende Mehrleistung zu erwarten.

Die Einführung des Heißdampfes bei Lokomotiven ist durch W. Schmidt in Wilhelmshöhe geschehen und durch Garbe in Berlin gefördert worden. Die ersten Heißdampflokomotiven (Bauart Schmidt) wurden 1898 bei den preußischen Staatsbahnen in Betrieb genommen. Die erste Bauart der Ueberhitzer – ein Rohrbündel in einem Flammrohr im Langkessel – bewährte sich nicht und wurde durch ein Rohrbündel in der Rauchkammer ersetzt, dem ein Teil der Heizgase aus der Feuerkiste durch ein Flammrohr zugeführt wird. Diese Rauchkammerüberhitzer haben eine Heizfläche von 25–30% der Kesselheizfläche und geben eine Ueberhitzung von 100–120°. Der Ueberhitzer von Sielock besteht in einem Kasten, der in der Mitte des Langkessels um die Siederohre gelegt ist und vom Dampf durchstrichen wird, der sich an den Rohren überhitzt. Andre Bauarten, namentlich Rohranordnungen in der Rauchkammer, werden versucht.

Die mit dem Heißdampf in Berührung kommenden Triebwerksteile sind durch Schmidt in besonders geeigneter Weise ausgebildet worden. Die Steuerung geschieht durch entlastete Kolbenschieber mit innerer Einströmung und kurzen Kanälen, so daß nur der abgekühlte austretende Dampf mit den Führungen der Schieberstange in Berührung kommt. Die Schieber, neuerdings ohne Dichtungsringe und mit doppelter Einströmung, laufen in besonders eingesetzten Büchsen. Die Kolben haben drei Dichtungsringe, die Kolbenstangen außenliegende Metalldichtungsringe. Der Einströmungsraum zwischen den Kolbenschiebern ist von der Zylinderwand getrennt. Die Schmierung erfolgt durch Schmierpressen mit sechs Stempeln, einem für jede Schmierstelle. Die Zylinder werden mit etwa 20% größerem Querschnitte ausgeführt als wie bei andern Zwillingslokomotiven gleichen Gewichts, um den größeren Rauminhalt des Heißdampfes entsprechend auszunutzen. Die Heißdampflokomotiven sind vielseitiger verwendbar als andre; sie ersparen gegen gewöhnliche Zwillingslokomotiven für gleiche Leistungen 15–25% an Brennstoff und 20–30% an Wasser oder leisten entsprechend mehr.

IV. Tender.

Uebersteigen die mitzuführenden Vorräte 5–10 cbm Wasser und 2–3 t Kohle, so sind sie auf einem besonderen Wagen (Tender) unterzubringen: Lokomotiven ohne Tender heißen Tenderlokomotiven (s. S. 204). Tender für Hauptbahnen fassen gewöhnlich 12–20 cbm Wasser und 4–7 t Kohle; sie erhalten 2–4 Achsen. Die Wasserbehälter, auf deren Decke der Brennstoff gelagert wird, erhalten nach vorn geneigte flache Decken. Die höchsten Teile dürfen nicht höher als 2,75 m über Schienenoberkante liegen. Wichtig ist die Kupplung des Tenders mit der Lokomotive (s. Kupplungen, S. 2). Die Speisewasserzuführung erfolgt für jede Strahlpumpe durch[215] eine besondere Leitung, die durch Sieb und Ventil gegen den Wasserbehälter abgeschlossen ist. Die Rohrkupplungen werden durch mit Leinwandeinlagen versehene Gummischläuche bewirkt. Die Füllöffnung für den Wasserbehälter befindet sich gewöhnlich hinten, seltener an den Langseiten. Auf einigen Bahnen Englands und Amerikas ist nach Ramsbottoms Anordnung eine Füllvorrichtung in Anwendung, bei der ein Fangrohr mit beweglichem Mundstücke das Wasser während der Fahrt aus Kanälen, die in der Gleisachse liegen, in den Behälter emporhebt. Der Wasserstand im Tender wird durch Probehähne, Wasserstandsglas, Schwimmer oder dergl. angezeigt. Auf dem Tender sind auch Werkzeugkasten angebracht. Die Zahl der in Verwendung stehenden Tender kann wegen ihrer geringeren Reparaturbedürftigkeit kleiner sein als die der Lokomotiven.

V. Feuerlose Lokomotiven.

Das Bestreben, bei Verwendung der Dampflokomotiven auf Straßen- und Stadtbahnen, in Tunnels und Bergwerken die Rauchbelästigung zu beseitigen, führte zum Bau von Lokomotiven ohne Feuerherd. Lamm-Francqs feuerlose Lokomotive (Heißwasserlokomotive) beruht auf der Verwendung heißen Wassers, aus dem sich bei allmählichem Sinken der Wasserwärme Dampf von entsprechender Spannung entwickelt. Auf diese Weise kann trotz der Abnahme der Wasserwärme Dampf von ausreichendem Dampfdruck für die Zylinder erhalten werden. Die Wiedererwärmung des Wassers erfolgt durch in andern Kesseln erzeugten Dampf. Lamm-Francqs Lokomotiven ohne Feuerherd (Sans foyer) haben in Frankreich und überseeischen Ländern erfolgreiche Anwendung gefunden; vgl. a. D.R.P. Nr. 120497, Honigmann.

VI. Lokomotiven für Straßen-, Klein- und Förderbahnen

müssen in allen Teilen kräftig und mit großen Gleitflächen hergestellt werden, weil Staub und häufiges Anhalten und Anfahren nachteilig wirken. In der Regel werden Tenderlokomotiven mit zwei oder drei gekuppelten Achsen verwendet. Um an Gewicht, Beschaffungs- und Erhaltungskosten zu sparen, hat man die Lokomotive mit dem Wagen vereinigt (Dampfwagen). Die Dampfwagen haben sich nur vereinzelt eingeführt, neuerdings für Zwischenverkehr auf Haupt- und Nebenbahnen. In neuerer Zeit sind die Dampf wagen von Serpollet, Stoltz u.a. mit überhitztem Dampf mit Vorteil eingeführt worden. S. Motorwagen.

VII. Lokomotivdienst.

Der Lokomotivdienst umfaßt den Dienst der Lokomotivmannschaft (Führer und Heizer) vor, während und nach der Fahrt und den der Heizhaus-(Lokomotivschuppen-)mannschaft. Im Heizhaus ist die Lokomotive für die Fahrt instand zu setzen (Reinigung, Untersuchung aller einzelnen Teile, Vornahme von erforderlichen Nacharbeiten, Anheizen, Ausrüstung mit Werkzeugen, Signalen u.s.w.). Mit besonderer Sorgfalt ist dem Einfrieren der mit Wasser gefüllten Teile vorzubeugen, welcher Fall eintreten kann, wenn bei Frostwetter Lokomotiven im Freien stehen müssen; es sind dann zu beiden Seiten der Lokomotive oder darunter offene mit glühendem Koks gefüllte eiserne Körbe aufzustellen. Das Ingangsetzen der Lokomotive muß mit Vorsicht geschehen.

Die Lokomotivmannschaft verrichtet den Fahr-, Verschiebe- und Bereitschaftsdienst. Während der Fahrt sind die Feuerung, Kesselspeisung und Schmierung der Lokomotive mit Aufmerksamkeit zu besorgen. Hierfür bestehen besondere Dienstvorschriften; ebenso für die Leerfahrt (Lokomotive ohne Zug), den Vorspanndienst (zwei Lokomotiven an der Spitze des Zuges), den Schiebedienst (Beförderung des Zuges durch eine oder zwei Lokomotiven an der Spitze und eine oder zwei Lokomotiven am Ende des Zuges) und für Schneepflugfahrten. Der Verschiebe- und Bereitschaftsdienst werden auch als Stationsdienst bezeichnet. Der Verschiebedienst (Verschieben von einzelnen Wagen oder Zugteilen, Teilung oder Zusammenstellung von Zügen) wird durch die Lokomotiven der durchfahrenden Züge oder auf großen Stationen durch besondere Verschiebelokomotiven (Tenderlokomotiven) besorgt. Die Bereitschaftslokomotiven sind bestimmt, untauglich gewordene Lokomotiven zu ersetzen; sie müssen daher stets dienstbereit sein (Dampfhalten der Lokomotiven); sie werden in der Regel auf Kreuzungs- und Anschlußstationen aufgestellt. Die Besetzung der Lokomotiven kann einfach oder wechselnd sein. Bei ersterer hat jede Lokomotive immer dieselbe Mannschaft und bleibt so lange in Betrieb, als die Dienstleistung der Mannschaft dauert. Die wechselnde Besetzung kann eine doppelte bezw. mehrfache oder eine Gruppenbesetzung sein, je nachdem zwei bezw. mehrere bestimmte Mannschaften in der Dienstleistung auf einer Lokomotive wechseln oder die Dienstleistung abwechselnd durch eine Anzahl von Mannschaften versehen wird, die größer ist als die Anzahl der von ihnen zu bedienenden Lokomotiven. Die Lokomotive bleibt hierbei so lange im Dienst, als es mit Rücksicht auf Reinigung, Ausbesserung u.s.w. möglich ist. Die Mannschaft der Lokomotive besteht aus Führer und Heizer.

Der Kohlenverbrauch richtet sich nach der Inanspruchnahme der Lokomotive. Dem Führer werden vielfach die Kohlenmengen nach der Art der Dienstleistung der Lokomotive zugemessen. Wird diese Menge nicht verbraucht, so erhält die Mannschaft einen bestimmten Teil des Geldwerts der ersparten Kohlenmenge (Kohlenprämie), ein Verfahren, das günstigen Einfluß ausgeübt hat. Um die während der Fahrt verbrauchten Kohlen ersetzen zu können, werden auf besonderen Stationen (Kohlenstationen) Kohlen vorrätig gehalten. Auf diesen Stationen ist meistens ein größerer Vorrat an Kohlen, der für 4–6 Wochen den Bedarf deckt, angesammelt, um für unvorhergesehene Fälle den Betrieb aufrechterhalten zu können.

Die Lokomotiven müssen mit den zur Ausübung des Lokomotivdienstes erforderlichen Laternen zur Beleuchtung des Manometers und des Wasserstandanzeigers, mit einer Handlaterne und mit der durch die Signalordnung vorgeschriebenen Zahl helleuchtender Signallaternen ausgerüstet sein. Als Brennstoff dient Rüböl, Petroleum oder Gas; elektrische Beleuchtung wird in Amerika für die großen Kopflaternen verwendet. Um das Licht zusammenzuhalten[217] und weit hinaus auf die Bahnstrecke zu werfen, sind diese Laternen mit parabolischen Spiegeln aus Neusilber versehen. Nach den auf den Bahnen des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen gemachten Erfahrungen ist Petroleum- der Rübölbeleuchtung vorzuziehen. Fettgasbeleuchtung hat sich gut bewährt. Die zylindrischen Fettgasbehälter sind über dem hinteren Teil des Tenderkastens angebracht. Die Fettgasbeleuchtung ist billiger; die Glaszylinder, die häufig brechen, sind entbehrlich, Einrichtungen zum Stellen des Dochtes sind nicht notwendig, die Lichtstärke ist erheblich größer, die Lichtwirkung gleichmäßig. Die elektrischen Lokomotivlaternen werden durch kleine Dampfturbinen mit Dynamos betrieben, deren Dampfverbrauch übrigens groß ist.

Die Abnutzung der im Betriebe stehenden Lokomotiven darf nur bis zu einem gewissen, den Betrieb nicht gefährdenden Maße vorschreiten. In gewissen Zeiträumen oder nach Durchfahrung eines bestimmten Weges muß daher eine Wiederherstellung der Lokomotive stattfinden. Die Höhe der Unterhaltungskosten hängt von der Höhe der Löhne, von der Leitung der Werkstätte, von den Verhältnissen der Strecke, von dem Alter der Lokomotive und wesentlich von der Güte des Speisewassers ab. Man kann die Unterhaltungskosten der Lokomotiven im Mittel zu 12 Lokomotive. für 1 Lokomotivkilometer annehmen. Die Dauer einer Lokomotive liegt zwischen 15 und 30 Jahren. Die allmähliche Entwicklung des Lokomotivbaus ist in der unten angeführten Literatur nebst allen historischen Daten behandelt, worauf wir verweisen. Die in der Uebersicht S. 216 angegebenen Lokomotiven können als Muster für die jeweiligen Lokomotivgattungen der betreffenden Staaten angesehen werden.


Literatur: Zunächst seien die verschiedenen technischen Fachzeitschriften, namentlich Organ f. d. Fortschr. d. Eisenbahnw. in technischer Beziehung, samt Ergänzungsbänden (Nr. 10, 1893; Nr. 11, 1894; Nr. 13, 1903), Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing., Glasers Ann. f. Gewerbe u. Bauwesen, Zentralbl. d. Bauverwaltung, Zeitschr. d. österr. Ing.- u. Arch.-Vereins, Civilingenieur, Zeitschr. des Ing.- u. Arch.-Vereins zu Hannover, Revue générale des chemins de fer, Engineer, Engineering, Railroad Gazette u.a. erwähnt, die in jedem Jahrgang ausführliche Abhandlungen über Lokomotiven bringen. Ein großes Werk, das den Lokomotivbau vollständig behandelt, ist: Die Eisenbahntechnik der Gegenwart, Bd. 1, 1. Teil: Lokomotivbau, 2. Aufl., Wiesbaden 1903. Mehr theoretisch und auch die ältere Geschichte berücksichtigend werden die Lokomotiven im Handbuch für spezielle Eisenbahntechnik, Leipzig 1882, Bd. 3, behandelt. Weitere empfehlenswerte Werke über Lokomotiven im allgemeinen oder über besondere Einzelheiten oder Konstruktionen solcher sowie über die Geschichte der Lokomotiven sind: Pambour-Schnuse, Theoretisch-praktisches Handbuch über Dampfwagen, Braunschweig 1841; Redtenbacher, Die Gesetze des Lokomotivbaues, Mannheim 1855; Clark, Railway machinery, London 1855; Suppl.-Bd. Clark und Colburn 1870; Heusinger v. Waldegg und Clauß, Die Lokomotivmaschine, Wiesbaden 1858; Petzhold, Die Lokomotiven der Gegenwart, Braunschweig 1875; Forney, Catechism of the locomotive, New York 1875; Schaltenbrand, Die Lokomotive, Berlin 1876; v. Pichler, Französische Bahnen, Leipzig 1878; Dempsey, Treatise of the locomotiv-eng., London 1879; Sauer, C., Ueber die günstigsten Steigungsverhältnisse bei Gebirgsbahnen, Wien 1880; Koch, R., Das Eisenbahnmaschinenwesen, Wiesbaden 1880; Birk, Die feuerlose Lokomotive, Wien 1881; Radinger, J., Ueber Dampfmaschinen mit hoher Kolbengeschwindigkeit, Wien 1880; Maey, Betrachtungen über die Lokomotive der Jetztzeit für Eisenbahnen mit normaler Spur, Wiesbaden 1884; Meyer, Grundzüge des Eisenbahnmaschinenbaus, Berlin 1884; Brosius und Koch, Schule des Lokomotivführers, Wiesbaden 1895; Brosius, Erinnerungen an die Eisenbahnen von Nordamerika, Wiesbaden 1885; Svoboda, Th., Praktische Berechnung der Leistungsfähigkeit der Lokomotiven, Wien 1887; Frank, Die Widerstände der Lokomotiven und Bahnzüge, der Wasser- und Kohlenverbrauch sowie der Effekt der Lokomotiven, Wiesbaden 1886; Kosak, Katechismus der Einrichtungen und des Betriebes der Lokomotiven, Wien 1892; Büte und v. Bornes, Die amerikanischen Eisenbahnen in technischer Beziehung, Wiesbaden 1892; Brosius, J., und Koch, Die Eisenbahnbetriebsmittel (Bd. 2 des Aeußeren Eisenbahnbetriebs), Wiesbaden 1893; Roll, Enzyklopädie des gesamten Eisenbahnwesens, Wien 1893, Bd. 5; Woods-Burnes, Compound-Locomotives, Chicago 1893; Mayer, W., Die Lokomotive, Berlin 1895; Berlin und seine Eisenbahnen, Berlin 1896; Die Arlbergbahn, Innsbruck 1897; Barbier und Godfernaux, Les locomotives, Paris 1902; Sauvage, Ed., Les locomotives au debut du XX. siècle, Paris 1903; La machine locomotive, Paris 1904; Locomotive-Breakdowns by Geo. L. Fowler, New York 1903.

(† v. Borries) Kübler.

Lokomotive
Fig. 1.
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Fig. 2.
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Fig. 3.
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Fig. 4., Fig. 5 und 6.
Fig. 4., Fig. 5 und 6.
Fig. 7–9.
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Fig. 10 und 11.
Fig. 10 und 11.
Fig. 12., Fig. 15., Fig. 17.
Fig. 12., Fig. 15., Fig. 17.
Fig. 16.
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Fig. 13., Fig. 14.
Fig. 13., Fig. 14.
Fig. 18.
Fig. 18.
Fig. 19 und 20.
Fig. 19 und 20.
Fig. 21.
Fig. 21.
Fig. 22.
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Fig. 23.
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Fig. 24., Fig. 25.
Fig. 24., Fig. 25.
Fig. 26.
Fig. 26.
Fig. 27.
Fig. 27.
Fig. 28., Fig. 29.
Fig. 28., Fig. 29.
Fig. 30.
Fig. 30.

http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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